Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fischland-Rache

Fischland-Rache

Titel: Fischland-Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Kastner
Vom Netzwerk:
hatte, doch eher aus der Luft gegriffen. Niemand aus Ingas näherem Umfeld kam in Frage, zumindest niemand, der ihnen bekannt war. Besonders Dietrich und Kassandra gaben sich nur widerwillig geschlagen, aber beide wussten, dass sehr viel mehr für Ingas Anwesenheit in Schwerin sprach als für ein abenteuerliches Ablenkungsmanöver. Dietrich wollte trotzdem ein paar vorsichtige Erkundigungen über ihr Privatleben und ihre Freunde anstellen, und Kassandra wollte versuchen, dasselbe bei Mona zu tun. Vorerst jedenfalls blieb nur noch ein Hauptverdächtiger übrig: Clemens Meisner. All die Hinweise auf ihn konnte Dietrich allerdings nicht nutzen. Er und Paul hatten sich deswegen geeinigt, dass sie Saschas Notizbuch zurück in den Spiegelrahmen in dessen Wohnung bringen, Dietrich es dort »finden« und an Spezialisten weitergeben würde, die es früher oder später dechiffrieren würden. Für Clemens Meisner galt selbstverständlich derselbe Prominenten-Bonus wie für Inga, außerdem mochten die Anmerkungen über ihn in dem Buch alt sein. Aber die Mordkommission musste schließlich wieder bei null beginnen. Dietrichs Vorgesetzte durften danach kaum ignorieren, dass Meisners Name im polizeilichen Informationssystem auftauchte – und das aus nicht offengelegten Gründen. Obwohl Paul der Gedanke nicht behagte, dass mit der Herausgabe des Buches die Namen all der Menschen, mit denen Sascha zu tun gehabt hatte, Allgemeingut der Polizei wurden, hatte auf diese Weise hoffentlich das bayerische Landeskriminalamt weniger Anlass, die Auskunft zu verweigern.
    Bei allem, was sie bisher erreicht hatten, gab es immer noch eine ungeklärte und sehr wesentliche Frage: Wen wollte Heinz schützen? Natürlich hatte Dietrich ihn gefragt, aber Heinz schwieg weiterhin hartnäckig.
    Vor ihnen öffnete sich das Tor, Heinz trat heraus. Er blieb stehen, während das Tor sich wieder schloss, legte den Kopf in den Nacken und sah in den Himmel. Kassandra wollte auf ihn zugehen, doch Paul hielt sie zurück. »Lass ihm einen Moment.«
    Selbst aus der Entfernung konnte Kassandra Heinz’ zugeschwollenes Auge erkennen. Er setzte sich etwas schwerfällig in Bewegung und bemerkte erst nach ein paar Metern sein Empfangskomitee. Abwartend, fast unsicher blieb er wieder stehen und sah Kassandra entgegen. Sie konnte nur mit Mühe ihre Tränen zurückhalten, wobei sie nicht wusste, ob es Tränen der Wut über Heinz’ Zustand oder der Erleichterung darüber waren, dass er endlich frei war. Als sie vor ihm stand, fehlten ihr die Worte.
    Heinz ging extrem sparsam mit überschwänglichen Sympathiebekundungen um, ein Händedruck war das Äußerste, was man von ihm erwarten konnte – und was er von anderen erwartete. Kassandra trat noch einen Schritt näher und umarmte ihn vorsichtig, um ihm keine zusätzlichen Schmerzen zuzufügen. Sie spürte ihn kurz erstarren, bevor er zögernd seinen freien Arm um sie legte, und nun konnte sie ihre Tränen nicht mehr zurückhalten.
    Â»Nicht heulen, Kassandra«, sagte er. »Gegen Tränen ist mein Mantel nicht imprägniert.«
    Sie löste sich von ihm und lachte heiser. »Entschuldige. Lass uns nach Hause fahren.« Sie nahm ihm seine kleine Tasche ab und ging an seiner Seite zum Wagen.
    Dort blieb er erneut stehen. Paul beachtete er kaum, nickte ihm bloß zu und wandte sich an Mirko: »Kannst du nicht tun, was man dir sagt?«
    Mirko musste sich offenbar erst von dem Schock erholen, Heinz mit weißen Haaren und so zugerichtet zu sehen. Schließlich sagte er entschieden: »Nicht in diesem Fall. Alles hat seine Grenzen, die ja wohl inzwischen eindeutig überschritten wurden. Wenn du den Märtyrer spielen willst, dann nicht mit meiner Hilfe – ich kann mir nicht mal vorstellen, wer das wert sein sollte. Um Kassandra wird’s dir ja kaum gehen.«
    Heinz’ linke Braue zuckte in die Höhe, was über dem zugeschwollenen Auge seltsam wirkte und ihm sichtlich Schmerzen bereitete, aber diese typische Reaktion konnte er nicht unterdrücken. »Netter Versuch«, sagte er lapidar. »Dir werde ich das allerdings genauso wenig auf die Nase binden wie dem Herrn Kriminaloberkommissar.«
    Paul hatte Heinz’ Tasche in den Kofferraum verfrachtet und hielt ihm die Beifahrertür auf. Doch der schüttelte den Kopf. »Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich lieber

Weitere Kostenlose Bücher