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Fischland-Rache

Fischland-Rache

Titel: Fischland-Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Kastner
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Ausdruck in Pauls Gesicht veränderte sich, er wirkte plötzlich befangen. »Was? Oh. Nein. Ich … Das war eine rein theoretische Frage.«
    Kassandra entspannte sich etwas und lehnte sich ans Brückengeländer. »Verstehe, du meinst, wenn ein Paar auf natürlichem Weg keine Kinder bekommen kann? Diverse Formen der künstlichen Befruchtung dürften der gängigste Weg sein, sogar Leihmütter sind erlaubt. Und schließlich Adoption, allerdings ist das nicht leicht und dauert lange.«
    Â»Würdest du ein Kind adoptieren?«
    Â»Wenn ich unbedingt eins wollte und keine andere Möglichkeit besteht – warum nicht? Wieso fragst du?« Paul antwortete nicht gleich, und Kassandra sah wieder vor sich, wie er gerade auf Ralfs Namen reagiert hatte. Es musste was mit Ralf Peters zu tun haben, und wenn es den betraf, betraf es wohl auch Mirko. »Glaubst du, Ralf ist gar nicht Mirkos leiblicher Vater, sondern hat ihn adoptiert?«
    Paul nickte. »Als wir gestern überlegt haben, wen Mirko schützt, und du zuerst nur Ralf erwähnt hast, fiel mir sofort auch Inga ein. Es gibt da ein paar Dinge, die mir zu denken geben. Unmittelbar bevor Clemens klingelte, war ich auf der Suche nach meinem alten Adressbuch, weil ich überlegt hatte, doch noch mal bei Ernst-Georg Lange in Berlin anzurufen.«
    Â»Was hat der mit Mirko und Ralf zu tun? Du hast …« Mitten im Satz hielt Kassandra inne, weil sie schlagartig begriff, was Paul da andeutete. »Mirko und Inga – du hältst sie für Geschwister?«
    Â»Pauls Phantasie geht mit ihm durch«, mischte sich Bruno nun wieder ein.
    Kassandras Gedanken überschlugen sich, sie konnte sie kaum schnell genug in eine Reihenfolge bringen, sondern schaffte es nur, den Kopf zu schütteln und »Da bin ich mir nicht so sicher« zu sagen.
    Paul übernahm selbst den Versuch, Bruno von seinen Überlegungen zu überzeugen. »Sei weniger vorschnell, alter Freund, lass uns sehen, was wir wissen. Erstens: Mona glaubt, Mirko und Inga hätten was miteinander, sie hat sie aber nie in einer wirklich eindeutigen Situation erwischt, das Äußerste war eine Umarmung. Geschwister tun das manchmal, und ich könnte mir vorstellen, dass sie unter diesen ganz besonderen Umständen ein noch stärkeres Bedürfnis hätten, einander nahe zu sein. Zweitens: Sie sind sich ähnlich. In etwa dieselbe Größe, dieselbe Statur, sie schlängeln sich auf dieselbe Weise durch das überfüllte Restaurant, beide haben grüne Augen wie Micha, sind kurzsichtig, wenn ich das Foto von Dietrich richtig interpretiere – und beide sind von einer inneren Unruhe erfüllt. Von Mirko wissen wir das definitiv. Was Inga betrifft, kann ich hier zugegebenermaßen nur spekulieren, aber jemand, der ein rundum stabiles Leben führt, gerät selten auf die schiefe Bahn.« Ein leichtes Zittern lief durch Pauls Körper. Er stand auf und rieb sich die Arme. »Drittens – und das sind wieder Tatsachen: Als Ralf etwa zwanzig war, hatte er Mumps. Das muss nicht, kann aber bei Männern für Probleme hinsichtlich der Zeugungsfähigkeit sorgen. Anfang der achtziger Jahre war er eine Zeit lang nicht hier. Wo, weiß ich nicht, ich kann nicht sagen, dass ich ihn vermisst hätte. Aber als er zurückkam, war er verheiratet und hatte einen Sohn.«
    Nur am Rande hörte Kassandra das Rauschen der Wellen, spürte die Gischt ganz fein auf ihrem Gesicht. »Es würde auch erklären, weshalb er so entsetzt reagierte, als ich andeutete, Mirko und Inga hätten ein Verhältnis«, fügte sie hinzu. Sie rechnete und fühlte sich unversehens elend. »Mirko ist neunundzwanzig, das heißt, er wurde Anfang der Achtziger geboren, 1981 oder 1982. Hat Dietrich nicht gesagt, dass Micha und seine Frau 1982 ins Gefängnis kamen?«
    Paul sah sie wortlos an.
    Â»Mein Gott. Wenn du recht hättest … Was muss Michas Frau durchgemacht haben«, flüsterte Kassandra.
    Â»Selbst wenn er recht hätte«, sagte Bruno rau, »und ihr wurde im Gefängnis ihr Kind genommen – was heißt das dann für den Mord an Sascha? Gar nichts.«
    Â»Doch«, widersprach Kassandra. »Wenn Mirko davon wusste, heißt es das, dass er selbst ein weitaus stärkeres Motiv hätte, als wenn er nur Ingas Liebhaber wäre. Ein Motiv, die Pistole aus Heinz’ Waffenschrank zu nehmen und

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