Fischland-Rache
sicher nicht«, sagte Kassandra lächelnd. »Erinnerst du dich, was du mir an den Kopf geworfen hast, als ich dich bei meiner Kellerüberschwemmung nach einer Wasserpumpe fragte?«
Heinz guckte zweifelnd. »Ich wette, das hast du damals nicht sehr witzig gefunden.«
»Doch. Ich hätte es nur nie zugegeben.« Kassandras Lächeln wurde breiter, bevor sie wieder an Mirko dachte. »Was auch immer Mirkos Motive waren, sich mit dir anzufreunden â es hat ihn ehrlich mitgenommen, dass du im Gefängnis warst. Du bist ihm wichtig. Und falls dir das was bedeutet: Du bist mir wichtig. Also hör auf, dich schlechtzumachen, ja?«
Kurz wandte Heinz den Blick ab. »Wenn wir Inga und Mirko nehmen, ist es wahrscheinlicher, dass er die Pistole gestohlen hat«, sagte er übergangslos. »Er hätte die Zahlenkombination eher erraten können als Inga, und er hatte meinen Schlüssel. Er kann Sascha aber nicht getötet haben, weil er mit mir in Ribnitz war, und sie kann Sascha ebenfalls nicht getötet haben, es sei denn, sie hatte neben Mirko einen weiteren Komplizen, der für sie in Schwerin war. Das gefällt mir nicht, zu viele Köche verderben den Brei.«
Unwillkürlich lachte Kassandra auf. »Und du sagst, du bist humorlos?«
»Wie bitte?« Dann realisierte er, was er gesagt hatte, und verzog die Mundwinkel. »Trotzdem, du weiÃt, was ich meine: Je mehr Leute von einem Verbrechen wissen, desto gröÃer ist das Risiko aufzufliegen. Ich halte Inga Lange weder für dumm noch für leichtsinnig.«
»Vielleicht hatte sie keine andere Wahl.«
Heinz lieà sich das durch den Kopf gehen und nickte schlieÃlich. »Warten wir ab, was Paul von Dietrich erfährt.«
Paul saà mit dem Rücken zu Kassandra am Schreibtisch und starrte auf etwas hinunter. Erst als er sie kommen hörte, drehte er sich um, dabei fiel sein altes Adressbuch zu Boden. Abwesend bückte er sich, um es aufzuheben. »Was hat Heinz gesagt?«
»Im September, genauer wusste er es nicht. Was sagt Dietrich?«
»Er war, wie du befürchtet hattest, etwas skeptischer in Bezug auf Clemens als wir. AuÃerdem wollte er wissen, warum ich mich nach Micha und seiner Frau erkundige. Ich gestehe, ich hab ihn hingehalten. Ich hättâs ihm sagen sollen, aber ich will erst ein paar mehr Fakten sammeln. Er hat mir trotzdem gesagt, wonach ich gefragt habe: Micha und seine Frau Gabriele kamen Ende Februar 1982 in Untersuchungshaft, Gabriele wurde im Juli verurteilt und nach Hoheneck gebracht. Das passt, sie hätte bereits schwanger sein und im September ein Kind zur Welt bringen können.« Paul begann, in seinem Adressbuch zu blättern. »Falls sie schwanger war, werden ihre und Michas Eltern davon gewusst haben. Ich muss also Ernst-Georg Lange noch mal anrufen, egal, was er von mir hält.« Er fand die Telefonnummer und begann zu wählen, hielt aber mitten in der Zahlenreihe inne. »Das ist vielleicht doch keine gute Idee«, sagte er wie zu sich selbst. »Ich reiÃe damit bloà alte Wunden auf â falls ich mich irre, sowieso. Und mehr noch, falls ich mich nicht irre.«
»Wenn sich herausstellt, dass Mirko und Inga als Konsequenz daraus Sascha ermordet haben, wird das ihren GroÃvater nicht froh machen«, pflichtete ihm Kassandra bei. »Wie man es dreht und wendet, alles bringt nur Unglück.«
Paul nickte, und sie dachte schon, er würde das Adressbuch zurück in die Schublade legen. Stattdessen sprang er auf, warf es auf den Schreibtisch und marschierte zur Tür, wo er seine Jacke so heftig von der Garderobe zerrte, dass Kassandra glaubte, der Haken käme gleich mit aus der Wand.
»Wo willst du hin?«, fragte sie alarmiert.
»Zu Ralf. Ich bring ihn zum Reden, und wennâs das Letzte ist, was ich tue.« Paul hatte bereits die Klinke in der Hand.
»Das geht nicht!« Kassandra war ebenfalls aufgesprungen. »Er war doch schon misstrauisch genug. Wir konnten bisher davon ausgehen, dass er Mirko nichts von unserer Aktion bei ihm erzählt hat â sonst wäre Mirkos Verhalten uns gegenüber wahrscheinlich anders ausgefallen. Wenn er ahnt, worum es uns geht, und jetzt so deutlich sieht, dass wir Mirko immer noch verdächtigen, weià Mirko das garantiert auch bald. Glaubst du, Ralf lässt ihn ins offene Messer rennen?«
»Mir gehtâs gerade nicht um den Mord. Mir
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