Fischland-Rache
ob«, gab sie zurück. »Ich hoffe, die Zeit hier drin geht schnell vorbei für dich.«
»Wie rührend â besonders wenn man bedenkt, dass du mich erst reingebracht hast.« Das klang verbittert.
»Du hast dich selbst hier reingebracht, Sven«, korrigierte sie ihn. »Machâs gut. Und danke für deine Informationen.« Sie drehte sich um und war schon fast an der Tür, als ihr aufging, was er ihr da eigentlich erzählt hatte. Sie fuhr herum.
Offenbar hatte Sven nicht damit gerechnet, dass sie noch mal zurückkam. Er saà auf seinem Stuhl und starrte blicklos auf den Tisch, bis er registrierte, dass sie wieder vor ihm stand. »Was vergessen?«
»Die Frau, die du mit Sascha Freese in diesem Hotel gesehen hast â kannst du sie beschreiben?«
»Ist das wichtig?« Er setzte sich wieder aufrecht hin.
»Alles ist wichtig, was mit Freese zu tun hat.«
»Ich sagâs dir, wenn du das nächste Mal kommst.«
Es kostete Kassandra einiges, sich erneut umzudrehen und »So wichtig nun auch wieder nicht« zu sagen, aber sie gedachte nicht, Sven ein zweites Mal zu besuchen, wenn es sich vermeiden lieÃ, und hoffte, dass sie mit ihrem Trick durchkam. Sie machte drei Schritte auf den Beamten zu, da hörte sie ihren Namen und blieb stehen.
»Das ist lange her, sieben, acht Jahre bestimmt, und wäre sie nicht in Begleitung von Freese gewesen, hätte ich sie überhaupt nicht wahrgenommen. Das Einzige, woran ich mich deutlich erinnere, ist ihre rote Brille, die war zu auffällig für die graue Maus.«
Kassandra blinzelte. »Kinnlange Haare, Ponyfransen?«
Einen Augenblick dachte Sven nach, dann zuckte er mit den Schultern. »Kann sein, kann nicht sein. Tut mir leid.«
Soweit sie das beurteilen konnte, sagte er die Wahrheit. »Danke«, wiederholte sie, ehe sie endgültig ging.
DrauÃen vor den Mauern der JVA saugte Kassandra gierig frische Luft in ihre Lungen. Der Himmel war noch immer wolkenverhangen und grau, aber er kam ihr nicht mehr düster, sondern sehr weit vor.
Obwohl ihr bewusst gewesen war, dass sie jederzeit gehen konnte, hatte sie sich eben über die MaÃen unwohl gefühlt. Wenn es noch einer zusätzlichen Motivation bedurft hätte, Heinz da rauszuholen, war es dieser kurze Aufenthalt hinter Gittern gewesen.
Reglos blieb sie im Wagen sitzen und dachte nach. Was Sven gesagt hatte, war ein deutlicher Hinweis darauf, dass Dietrich sich nicht irrte. Die unscheinbare graue Maus mit der roten Brille â das passte so haargenau zu der Frau auf dem Foto, die einmal Inga gewesen war, dass kaum mehr Zweifel an einer Verbindung zwischen ihr und Sascha bestehen dürften. Ganz unabhängig davon, ob auch Michael Lange und die viel weiter zurückliegende Vergangenheit da hineinspielten.
Kassandra startete den Motor, als ihr einfiel, dass sie noch gar nicht wegen der Kaffeetafel bei Inga angerufen hatte. Sie schaltete den Motor wieder aus und wählte ihre Nummer. Ein Kellner verband sie etwas murrend mit dem Anschluss in der Küche. Kassandra entschuldigte sich bei Inga, dass sie sie bei der Arbeit störte, schilderte, worum es ging, und wartete auf Ingas Antwort, die relativ prompt kam.
»Ich bin mir nicht sicher, ob das âºFischLänderâ¹ das richtige Umfeld für so was ist. Es ehrt mich natürlich, dass ihr an mich gedacht habt, aber ehrlich gesagt frage ich mich, ob Pauls Mutter das überhaupt möchte. Ihr Sohn wurde ermordet, das ist schon genug Aufregung, da braucht sie nicht noch die Aufmerksamkeit der Presse, falls die mal wieder vor meinem Restaurant rumlungert.«
Das konnte eine geschickte Ausrede sein oder auch nicht, denn natürlich hatte sie recht. Kassandra versuchte trotzdem, Inga umzustimmen. »Es wäre am frühen Nachmittag, mitten in der Woche, zu diesen Zeiten gibt es ja selten ein Medienaufgebot. Wir hatten an den Wintergarten gedacht, das wäre bestimmt hübsch und auch schön ruhig.«
Inga schwieg eine Sekunde. »Wenn ihr meint.«
»Es ist deine Entscheidung. Wir würden uns auf jeden Fall freuen.«
»Dann geht das klar. Wie viele Leute erwartet ihr? Im Wintergarten kann ich höchstens fünfzehn platzieren.«
»Das ist in Ordnung. Danke, Inga.« Kassandra bezweifelte, dass überhaupt so viele kommen würden â zur Beerdigung ja, da hatten Paul und Thomas bestimmt recht. Aber zum Kaffeetrinken
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