Fish - Noch mehr Fish - Fuer immer Fish
eures erst vier.“
Die Klarinette und der Dirigent
Als Leo Carter, ein Schwesternhelfer, von der neuen Philosophie der neuro-renalen Station erfuhr, musste er unwillkürlich lächeln. „Ich sagte: ,Das ist genau das, was wir brauchen. Wir hatten nur nicht gewusst, wie wir es ausdrücken sollten‘.“
Einige Jahre zuvor, Leo war gerade 22, starb Leos Vater. „Ich habe es zu dem Zeitpunkt nicht verstanden“, fasst er seine damaligen Gefühle zusammen. „Ich wünschte, ich hätte damals halb so viel darüber gewusst wie heute. Aber niemand hatte sich die Mühe gemacht, mir zu erklären, warum er starb, oder versucht, mich zu trösten. Als sich mir die Möglichkeit bot, am Missouri Baptist zu arbeiten, und ich erstmals einen Patienten vor mir hatte, der unter entsetzlichen Schmerzen litt und darauf angewiesen war,dass ich etwas dagegen unternahm, wurde mit klar, dass ich nie mehr eine andere Arbeit machen wollte. Ich habe mit Krebspatienten gearbeitet und gesehen, wie kurz das Leben für einige von ihnen ist. Es darf einfach nicht voller Erinnerungen an Schmerz und Leiden sein, wenn wir doch die Chance haben, ihnen Linderung und ein wenig Freude zu bringen.“
Leo beschloss, den Patienten Freude in Form von Musik zu schenken. „Wenn die Patienten traurig und verzweifelt sind, singe ich ihnen Lieder vor. Manchmal sind es meine Variationen von Elvis-Songs, manchmal andere Lieder – Hauptsache, sie heitern sie auf. Kürzlich hatten wir eine Patientin, die nichts essen wollte. Ihre Tochter kam zu mir, weil sie glaubte, ich könnte ihre Mutter vielleicht überreden, etwas zu essen. Ich setzte mich zu der Patienten und sagte ihr, wenn sie ein paar Happen äße, würde ich ihr vorsingen. Sie aß den halben Teller leer – das fand ich ziemlich gut. Ich genieße es, wenn Patienten mich mögen und ich mich mit ihren Angehörigen verstehe. Für mich gibt es nichts Schöneres, als wenn ein Familienmitglied eines Patienten zu mir sagt: ,Ich bin froh, dass Sie heute Nacht hier sein werden. Dann kann ich wenigstens ruhig schlafen.‘“
Die meisten neuro-renalen Patienten hingegen haben alles andere als einen ruhigen Schlaf. „Wir nennen sie ,unsere Nachtschwärmer‘“, erzählt Leo. „Sobald die Sonne untergeht, werden diese Patienten, die tagsüber verhältnismäßig klar und umgänglich sind, unruhig und verwirrt. Sie verlieren vollkommen die Orientierung, wissen nicht mehr, wo sie sind oder wer wir sind.“ Ab und zu versucht ein „Nachtschwärmer“, aus seinem Bettaufzustehen. „Manchmal setzen wir den Patienten in einen Rollstuhl und nehmen ihn für eine Weile mit zu uns ins Stationszimmer. Wir erzählen ihm dann, dass er uns ein bisschen Gesellschaft leisten solle, aber in Wirklichkeit machen wir es, damit er nicht aus dem Bett stürzt.“
Eines Nachts bemerkte Leo, wie ein neunzigjähriger Patient, der im Sterben lag, plötzlich unruhig wurde. Der Mann war verwirrt und wollte sich seinen Venenzugang herausreißen. Leo versuchte ihn irgendwie zu beruhigen, aber der Mann schien ihn nicht zu verstehen. Er sang ihm etwas vor, doch auch das half nicht. Leo dachte nach, ob er einen der Ärzte rufen sollte, damit dieser dem Mann Beruhigungsmittel verabreicht, aber diese Lösung war ihm immer schon zuwider gewesen.
In diesem Moment kam Olya Senchenkova, eine der Schwestern, ins Zimmer. Während sie gemeinsam überlegten, wie sie dem Patienten helfen sollten, fiel Olya etwas ein: „Wussten Sie schon, dass er früher Dirigent eines Symphonieorchesters war?“
„Tatsächlich?“ fragte Leo staunend. Obwohl in dieser Nacht noch eine Menge Arbeit auf ihn wartete, sagte er: „Ich habe meine Klarinette im Wagen.“
„Dann sollten Sie sie holen. Ich bleibe so lange hier.“
Leo hatte in der Marschkapelle seines Colleges gespielt. Da seine Nichte die Klarinette ausgeliehen und heute zurückgebracht hatte, war sie zufällig im Auto. Er holte das Instrument und übte einige Minuten. „Ich hatte seit einem Jahr nicht mehr gespielt, und wollte nicht, dass mir der Meisterdirigent das Ding direkt aus dem Mund reißt.“
Dann ging er ins Krankenzimmer zurück. Er spielte das erstbeste klassische Stück, das ihm einfiel; es war „Peter und der Wolf“. Anschließend spielte er die Titelmusik aus der Muppet Show.
Sobald der weiche Klang des Instrumentes den Raum erfüllte, geschah etwas mit dem Patienten. Er wurde ruhig und schloss die Augen. Ein Lächeln lag auf seinem Gesicht. Auf dem Rücken liegend hob er die Arme
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