Fish vor die Hunde
Lamont-Villa war in dem für Sydney typischen Mischmasch von Architekturstilen gebaut; besonders beeindruckend waren die ionischen Säulen am Eingang und die riesengroßen Flügeltüren, die in den Garten hinausführten. Ein Hausmädchen mit stechendem Blick begrüßte mich an der Tür und führte mich durchs Haus.
Wir durchquerten eine etwa einen dreiviertel Hektar große, schwarz-weiß geflieste Eingangshalle — überall vergoldete Spiegel, schwarzer Marmor und schmiedeeiserne Tischchen mit gigantischen Blumenarrangements in Gelb — , bis wir eine nach hinten gelegene Terrasse erreichten, die den Blick auf einen riesengroßen, türkisfarbenen, an Hockney erinnernden Swimmingpool, auf Rasenflächen und den dahinterliegenden Garten freigab. Wenn Lorraine Lamont knapp bei Kasse war, hatte sich das jedenfalls nicht auf ihren Lifestyle ausgewirkt.
Die Dame des Hauses selbst rekelte sich mit einem Drink in der Hand im Liegestuhl. Sie war relativ klein, kurvenreich und blond. Es war das teure Silberblond, für das man jede Woche stundenlang beim Friseur sitzen muß (bei Lola Mason vielleicht?), und in die Sonnenbräune waren ebenfalls viele Stunden investiert worden. Sie trug einen weißen, hochgeschnittenen Badeanzug, eine Sonnenbrille mit weißem Rand und einen großen schwarzen Hut. Ganz Lana Turner.
Als das Hausmädchen mich meldete, erhob sie sich, warf einen Sarong in leuchtenden Farben über — vielleicht in ihren Augen das passende Outfit für eine geschäftliche Besprechung kam auf mich zu und begrüßte mich. Aus der Nähe sah man, daß sie um die Vierzig war. Das stundenlange Sonnenbaden machte sich am Zustand der Haut allmählich bemerkbar, und die Mundpartie hatte etwas Gestrafftes, als sei das Gesicht bereits zum ersten Mal geliftet worden. Trotzdem war sie eine gutaussehende Frau.
»Mr. Fish«, sagte sie mit einer leisen und wohlklingenden Stimme, aber ich würde wetten, daß sie an diesem Effekt eine ganze Weile gearbeitet hatte.
»Miss Lamont«, entgegnete ich und sah mich nach einem Sitzplatz im Schatten um. Ich habe zu viel irisches Erbgut, um meine Haut in der südlichen Hemisphäre der ultravioletten Strahlung zur Mittagszeit auszusetzen.
Wir nahmen an einem Glastisch unter einem Sonnenschirm Platz, und sie fragte mich, was ich trinken wollte. Ich erwog ein Bier, aber bei dem Gedanken rebellierte mein Magen, und ich bestellte eine Cola. Meine Gastgeberin lächelte wissend und orderte für sich einen Bloody Mary.
Als das Mädchen ging, sagte die Hausherrin: »Sie fragen sich bestimmt, warum ich Sie hergebeten habe?«
Ich nickte.
Das brachte sie für einen Moment aus dem Konzept. »Tut mir leid, das Ganze ist ein bißchen kompliziert, nicht wahr? Ich habe gehört, daß Sie für Paula Prince arbeiten, und da...«
»Wo haben Sie das gehört?« unterbrach ich sie. Es konnte nur die Polizei oder eine von Paulas Freundinnen gewesen sein. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß Paula oder Ray sich ihrer Erzfeindin anvertrauten.
»Ach, das spielt keine Rolle«, sagte sie mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Aber es beunruhigt mich sehr daß gewisse Leute denken könnten, ich hätte etwas mit Paulas Tod zu tun.«
Ich glaube, an diesem Punkt sollte ich ihr versichern, daß ich etwas Derartiges nicht dachte, aber ich blieb stumm, weil Schweigen sie offenbar enervierte, und das konnte mir nur recht sein.
»Und das habe ich natürlich nicht«, versicherte sie ziemlich lahm.
»Wenn dem so ist, Miss Lamont, dann haben Sie doch nichts zu befürchten, oder?«
»Nein, natürlich nicht. Ich meine...« Sie biß sich auf die Lippen, dann stieß sie heftig hervor: »Aber ich habe Angst. Darum wollte ich Sie sprechen.«
»Wovor haben Sie Angst?« Ich hielt sie hin, denn ich wurde den Verdacht nicht los, daß ich für dumm verkauft wurde. Klar, konnte schon sein, daß sie in Gefahr war, aber vielleicht zog sie die ganze Show auch nur ab, um die Bullen im Mordfall Paula auf eine andere Fährte zu bringen.
»Ich bin von jemandem bedroht worden, am Telefon, es war eine männliche Stimme. Er sagte, wenn ich das Bauvorhaben in der Surrey Street nicht fallenlasse, bin ich tot, bevor ich meinen Gewinn verpulvern kann.« Ihre Stimme wurde brüchig. Sie hatte entweder wirklich Angst, oder sie war eine sehr gute Schauspielerin. Natürlich konnte der Grund für ihre Panik auch die Furcht vor dem elektrischen Stuhl sein.
»Und was soll ich da unternehmen? Mit einer unbekannten Stimme am Telefon kann ich nicht viel
Weitere Kostenlose Bücher