Fish vor die Hunde
anfangen.«
»Ich möchte, daß Sie bis zur Sitzung des Council am nächsten Mittwoch für meinen Schutz sorgen. Dann ist alles gelaufen.«
»Sie rechnen also damit, daß Chicka Chandler klein beigibt und auszieht?«
»Ja. Mr. Chandler und ich haben uns ausführlich unterhalten, und ich bin ziemlich sicher, daß er sich meiner Sichtweise anschließen wird.«
»Wieviel hat das gekostet?« fragte ich. Meine Frage verwirrte sie offenbar, was mich ein bißchen beunruhigte.
»Gekostet? Oh, ich hab ein Quartier in einem meiner anderen Häuser für ihn gefunden. Ein direktes Tauschgeschäft, sozusagen.«
Wenn das stimmte, sprach einiges dafür, daß Lorraine Lamont Paula hatte umlegen lassen. Sobald Chicka eine Abfindung akzeptierte, war Paulas Bürgerinitiative das einzige, was der Bauunternehmerin bei der Verwirklichung ihrer Träume im Wege war.
»Und was ist mit den anderen Gegnern des Projekts? Meinen Sie, die werden so schnell aufgeben?«
Sie zuckte die Schultern. »Ich glaub nicht, daß viele von ihnen die Sache so ernst nehmen wie Paula.«
Was sie meinte war, daß ohne Paulas Organisationstalent, ohne ihr Geschick als Lobbyistin und ohne ihre Entschlossenheit, den Antrag zu Fall zu bringen, die anderen den Kampf bald aufgeben würden. Wahrscheinlich hatte sie recht.
Genau in diesem Moment nahm mir ein Schatten das Licht, und als ich aufblickte, sah ich einen Mann, der Bryan Hassall sein mußte. Ich hole meine Manieren nicht gerade oft aus der Mottenkiste, aber ich weiß durchaus, was sich gehört: Ich erhob mich und schüttelte die Hand, die mir entgegengestreckt wurde.
Hassall erinnerte mich an die Schauspieler, denen amerikanische Fernsehproduzenten in Seifenopern eine Rolle als schmückendes Beiwerk für Joan Collins geben — sonnengebräunt und unwiderstehlich, mit leeren Augen, gefärbten Strähnchen im Haar und Krähenfüßen, die Charakterstärke signalisieren sollen. Er sah aus, als ob er Bodybuilding machte, hatte aber nicht die typische keilförmige, hochgepumpte Statur entwickelt — wahrscheinlich, weil man dafür so schwer passende Anzüge findet. Die Hose und der sportliche Blazer waren aus pastellfarbenem, modisch zerknittertem Leinen und wurden durch ein cremefarbenes Seidenhemd geschickt komplettiert.
Beeinträchtigt wurde die rundum perfekte Erscheinung nur durch einen Gipsverband am rechten Bein.
Lorraines Freund sah aus wie ein mittelmäßig intelligenter, drittklassiger Ganove mit dem sozialen Gewissen und dem moralischen Urteilsvermögen eines Haifisches. Und wie bei den Haifischen sah man vermutlich ziemlich alt aus, wenn man zwischen ihn und sein jeweiliges Angriffsziel geriet.
Lorraine setzte ihn kurz ins Bild: »Bryan, ich habe Mr. Fish gerade gebeten, bis nach der Sitzung des Council mein Bodyguard zu sein.«
Er musterte mich scharf, zweifellos um abzuchecken, was meine Klamotten gekostet hatten und ob ich ein harter Bursche war. Ich hätte ihm die Mühe ersparen und ihm sagen können, daß ich überhaupt kein harter Bursche bin. Ich versuche, so gerissen zu sein, daß ich auf Muskelkraft nicht angewiesen bin. Jedenfalls erzähle ich das den Leuten immer.
»Was sagen Sie dazu?« fragte Hassall mit einer Stimme, die für einen so massigen Burschen merkwürdig hoch war.
Ich war nicht gerade scharf darauf, in Lorraine Lamonts Netze zu geraten, aber immerhin bestand die Möglichkeit, auf diese Weise an nützliche Informationen heranzukommen. »Ich übernehme die Sache, aber es wird nicht billig. Wenn ich Miss Lamont vierundzwanzig Stunden am Tag bewachen soll, muß ich einen zweiten Mann engagieren.«
Die Anspannung in Lorraines Schultern löste sich. »Das Geld ist kein Problem.«
Ich konnte mir die Frage nicht verkneifen: »Welche Rolle soll Bryan bei der ganzen Sache spielen?«
»Bryan wird natürlich da sein, aber mit seinem Bein kann er nicht viel machen.«
Ich warf einen vielsagenden Blick auf den Gips, und Lorraine biß an: »Autorennen.«
»Le Mans?« erkundigte ich mich. »Monaco?«
»Amaroo Park.« Bryans Tonfall sagte: Komm mir bloß nicht auf die smarte Tour, Freundchen.
Lorraine lenkte rasch ab: »Und außerdem brauche ich Bryan anderweitig.« Sie warfen sich einen raschen Blick zu, den ich nicht deuten konnte.
Ich konnte mir vorstellen, wofür sie Bryan brauchte. Vermutlich sollte er die Gegner des Bauprojekts drangsalieren und Chicka Chandler aus seinem Haus rausekeln. Ich war ganz und gar nicht davon überzeugt, daß Chicka von dem Deal, den er
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