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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Aber weshalb wundere ich mich? Wie Ihr Euch aufführt, kann man nicht erwarten, dass Ihr Rücksicht nehmt auf ei nen alten, kranken Mann, der der Ruhe bedarf.« Wallaces Stimme war erfüllt von sarkastischer Geringschätzung.
    Lass dir das von ihm nicht bieten. Höchste Zeit, ihn in die Schranken zu weisen. Dies war kein Rat von Ve ritas, sondern ein Befehl. Ich stellte das Tablett auf einen kleinen Tisch, holte tief Atem und drehte mich zu Wallace herum. »Hast du vielleicht etwas gegen mich?«, fragte ich ihn geradeheraus.
    Er trat einen Schritt zurück, bemühte sich aber gleichzeitig, den süffisanten Gesichtsausdruck beizubehalten. »Ob ich etwas gegen
Euch habe? Weshalb sollte ich, ein Heiler, etwas dagegen haben, wenn jemand hereinkommt, um ei nen Kranken zu stö ren, der endlich Ruhe gefunden hat?«
    »In diesem Zimmer stinkt es nach Rauchkraut. Warum?«
    Rauchkraut?
    Eine Pflanze, die man in den Bergen gebraucht. Selten zu medizinischen Zwecken, außer bei Schmerzen, die durch nichts sonst zu lindern sind. Gewöhnlich jedoch wird der beim langsamen Verbrennen aufsteigende Qualm als Genussmittel eingeatmet. So wie wir zum Beispiel beim Frühlingsfest Carrissamen essen. Euer Bruder hat eine Schwäche dafür.
    Genau wie seine Mutter. Falls es sich um das gleiche Kraut handelt. Sie nannte es Freudenblatt.
    Es handelt sich um fast das gleiche Kraut, aber die Gebirgsvariante ist höherwüchsig und hat fleischigere Blätter, die stärker wirken.
    Der Gedankenaustausch mit Veritas hatte kaum länger als einen Lidschlag gedauert. Informationen lassen sich mit der Gabe so schnell übermitteln, wie man sie nur den ken kann. Wallace sann noch mit geschürzter Unterlippe über meine Frage nach. »Behauptet Ihr, selbst ein Medikus zu sein?«, fragte er schließlich mit spitzem Ton.
    »Nein. Aber ich kenne mich gut genug mit Kräutern aus, um zu wissen, dass Rauchkraut für einen kranken Menschen schädlich ist.«
    Wallace musste sich erst eine Antwort zurechtlegen. »Nun, die Vergnügungen eines Königs sind nicht die Angelegenheit von seinem Medikus.«
    »Nun, dann sind sie vielleicht meine Angelegenheit.« Ich nahm das Tablett und stieß die Tür zum Schlafgemach des Königs auf.
    Es herrschte darin ein düsteres Halbdunkel, das vom betäubend schweren Aroma des Räucherwerks erfüllt war. Das lodernde Kaminfeuer
verbreitete eine beklemmende Hitze, die Luft roch schal und abgestanden, als hätte seit Wochen kein frischer Luftzug mehr durch das Ge mach geweht. Der König rührte sich nicht. Er lag unter einem Berg von Federbetten begraben und atmete röchelnd. Ich schaute mich nach etwas um, worauf ich das Tablett abstellen konnte. Der kleine Tisch neben dem Bett war schon besetzt. In der Mitte stand ein Räu chergefäß, das mit erloschener weißer Asche gefüllt war, da neben stand ein Pokal mit Rotwein und eine Schale mit irgendeinem scheußlichen grauen Brei. Als ich ans Bett trat, bemerkte ich zudem einen unangenehmen, strengen Geruch, der noch stärker wurde, als ich mich über den König beugte.
    Das alles hier sieht Eurem Vater gar nicht ähnlich.
    Veritas war nicht weniger betroffen als ich. Er hat mich in letzter Zeit nur selten zu sich rufen lassen, und ich war zu beschäftigt, um ihn unaufgefordert aufzusuchen. Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, klagte er über Kopfschmerzen, aber dies …
    Der Gedanke versickerte irgendwo zwischen unser beider Scham und Schuldbewusstsein. Ich hob den Blick und sah Wallace um die Tür herum ins Zimmer spähen. Ich konnte den Ausdruck auf seinem Gesicht nicht deuten - war es Befriedigung oder selbstzufriedene Überlegenheit? Jedenfalls reizte er mich zur Weißglut. Mit zwei Schritten war ich bei der Tür, schlug sie zu und empfand eine schadenfrohe Genugtuung, als ich hörte, wie er mit spitzem Schrei seine gequetschten Fingerspitzen zurückzog. Zur Sicherheit legte ich einen alten Querbalken vor.
    Ich ging zu den hohen Fenstern, riss die geschlossenen Wandteppiche beiseite und stieß die hölzernen Läden auf. Helles Sonnenlicht und frische kalte Luft strömten herein.
    Fitz, du handelst unüberlegt.
    Ich gab keine Antwort, sondern ging durchs Zimmer und leerte ein Räuchergefäß nach dem anderen aus dem Fenster. Die am Boden
haftende Asche wischte ich mit der Hand weg, da mit dieser Geruch nicht weiter das Zimmer verpestete. Anschließend sammelte ich ein halbes Dutzend klebriger Pokale mit abgestandenem Wein auf ein Tablett, dazu Schüsseln und Teller, die mit

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