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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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eine Gelegenheit, unter vier Augen mit ihm über mei ne Heiratspläne reden zu können. Im Übrigen war der Narr immer anwesend und hielt sein Wort, nichts von unserer Freundschaft nach außen dringen zu lassen. Sein Spott war scharf und treffend, und obwohl ich seine Gründe kannte, brachte er es mehr als ein mal fertig, mich in Verlegenheit zu bringen oder zu ärgern. Das Einzige, was mich mit Befriedigung erfüllte, waren die Veränderungen in dem Raum. Von irgendwoher war Mistress Hurtig etwas über die Zustände in den königlichen Gemächern zu Ohren gekommen.
    Mitten im Trubel des Winterfestes rückten Mägde und Knechte in sol cher Zahl an, dass mit ih nen ein we nig die Fest tagsstimmung in den königlichen Räumen Einzug hielt. Mistress Hurtig, die Fäuste in die Taille gestemmt, stand in der Mitte des Schlafgemachs und dirigierte ihre Truppen; nebenher hatte sie noch genügend Atem, um Wallace mit Vorwürfen zu überhäufen, dass er die Dinge so weit habe kom men lassen, wofür er sich schä men sollte. Offenbar glaubte sie ihm seine Mär, er selbst habe das Saubermachen und Waschen übernommen, um dem König Störungen zu ersparen. Ich verbrachte einen sehr vergnüglichen Nachmittag inmitten des Großreinemachens, denn die Geschäftigkeit weckte Listenreich aus seinem Dahindämmern, und bald war er fast wieder er selbst. Er besänftigte Mistress Hurtig, als diese die Mägde und Burschen zornig zu mehr Arbeitseifer antrieb, und scherzte stattdessen mit den Bediensteten, während die Fußböden gescheuert,
frische Binsen ausgestreut und die Möbel mit wohlriechendem Öl poliert wurden. Mistress Hurtig packte einen ganzen Berg aus Decken und Federbetten auf den im Bett liegenden König, während sie gleichzeitig be fahl, sämtliche Fenster zu öffnen und das Zimmer gründlich zu lüften. Auch sie rümpfte die Nase über die aschegefüllten Räuchergefäße. Ich machte den Vorschlag, Wallace mit der Rei nigung zu beauftragen, da er am besten wisse, welche Kräuter darin verbrannt worden seien. Er war ein erheblich fügsamerer und umgänglicherer Mann, als er mit den gesäuberten Gefäßen zurückkehrte. Ich fragte mich, ob er überhaupt ahnte, was für eine Wirkung sein Räucherwerk auf Listenreich hatte. Aber wenn er nicht dafür verantwortlich war, wer dann? Der Narr und ich wechselten mehr als einen bedeutungsvollen Blick miteinander.
    Das Gemach wurde nicht nur gesäubert, sondern auch mit festlichen Kerzen und Kränzen geschmückt. Man behängte es mit Immergrün und unbelaubten Zweigen, die vergoldet und mit bemalten Nüssen verziert waren. Dieser Anblick brachte wieder Farbe in des Königs Wangen, und ich spürte Veritas’ wortlose Zustimmung. Als an jenem Abend der König wahrhaftig aus seinen Gemächern hervorkam und sich in der großen Halle von seinen Lieblingsmusikanten aufspielen ließ, betrachtete ich es als einen persönlichen Sieg.
    Einige Momente des zu Ende gehenden Winters gehörten natürlich auch mir allein, und es wa ren nicht nur mei ne Nächte mit Molly. So oft es sich bewerkstelligen ließ, stahl ich mich davon, um mit meinem Wolf zu laufen und zu jagen. Aufgrund unserer Verbrüderung waren wir niemals völlig voneinander getrennt, doch ein einfaches gedankliches Band vermochte nicht die tiefe Befriedigung einer gemeinsamen Jagd zu ersetzen. Es ist schwer, die Vollständigkeit von zwei Wesen zu schildern, die wie eins und
wie einem gemeinsamen Ziel untergeordnet sind. Bei diesen Gelegenheiten erlebten wir die wahre Erfüllung unse res Bundes. Doch selbst wenn Tage vergingen, ohne dass ich ihn sah, war er bei mir. Seine Gegenwart manifestierte sich wie ein Parfum, das man, wenn es einem zum ers ten Mal in die Nase steigt, deut lich wahrnimmt, das dann aber auf Dauer zu einem fast unmerklichen Bestandteil der Luft wird, die man at met. Er machte sich durch Klei nigkeiten bemerkbar. Mein Geruchssinn wurde schärfer. Wie ich vermutete, durch seine Erfahrung darin, zu lesen, was die Luft mir zutrug. Ich entwickelte ein deutlicheres Gefühl für meine Umgebung, als bewachten seine Instinkte meinen Rücken und übermittelten mir feinste Sinneseindrücke, die ich unter normalen Umständen nicht zur Kenntnis genommen hätte. Was ich aß, hatte mehr Geschmack, Düfte waren nuancenreicher. Ich bemühte mich, diese Schlussfolgerungen nicht auf mein Verlangen nach Molly auszudehnen. Zwar wusste ich, dass er auch dann bei mir war, doch wie versprochen, hielt er sich so weit im Hintergrund, so dass

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