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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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ließ ihm Zeit, die versteckte Drohung zu verdauen. Hätte ich ihn ausdrücklich des Hochverrats beschuldigt, wäre es sein Todesurteil gewesen, aber nicht einmal ein so aufgeblasener Dummkopf wie Lance verdiente es zu sterben, nur weil er nachplapperte, was am Hof von Tilth wahrscheinlich die gän gige Meinung war. Seine Augen wurden groß.
    »Ich wollte damit nicht sagen …«
    »Und Ihr habt es nicht gesagt«, fiel ich ihm ins Wort. »Alles ist bestens, solange Ihr immer daran denkt, dass man ein Pferd nicht einem Mann abkaufen kann, dem es nicht ge hört. Und dieses sind Bocksburgs Pferde, aus dem Besitz des Königs.«
    »Gewiss doch.« Lance war bemüht, sich einen guten Abgang zu verschaffen. »Vielleicht ist dies das falsche Dokument. Ich bin sicher, es liegt irgendwie ein Missverständnis vor. Ich werde zu meinem Herrn zurückgehen.«
    »Ein weiser Entschluss.« Flink übernahm wieder das Ruder.
    »Nun, dann komm.« Lance gab sei nem Burschen einen heftigen Stoß. Der Junge warf uns über die Schulter einen bitterbösen Blick zu. Man konnte ihm natürlich keinen Vorwurf machen. Doch Lance gehörte zu der Sorte von Menschen, die jeden Tritt von oben nach unten weitergeben müssen.
    »Wird er wiederkommen, was meinst du?«, fragte Flink halblaut.
    »Entweder das, oder Edel muss Ram sein Geld zurückgeben.«
    Stillschweigend überdachten wir die Wahrscheinlichkeit dessen.
    »Nun gut. Was tue ich, wenn er wiederkommt?«

    »Wenn er wiederum nur Edels Zeichen vorweisen kann, gar nichts. Zeigt er dir des Königs Signatur oder die der Thronfolgerin, musst du ihm die Pferde überlassen.«
    »Aber eine der Stuten ist trächtig«, begehrte Flink auf. »Burrich hatte große Pläne mit dem Foh len. Was wird er zu mir sagen, wenn er wiederkommt und die Pferde sind nicht mehr hier?«
    »Wir haben uns stets bemüht, nie zu vergessen, dass diese Tiere Eigentum des Königs sind. Er wird dir keinen Vorwurf machen, wenn du einem ordnungsgemäßen Befehl gehorcht hast.«
    »Mir ge fällt das nicht.« Flink sah mich beklommen an. »Wenn Burrich hier wäre, würden solche Dinge nicht geschehen.«
    »Ich glaube doch, Flink. Gib dir keine Schuld. Wenn du mich fragst, wir werden noch Schlimmeres erleben, bis der Winter vorbei ist. Aber gib mir Bescheid, wenn unser Freund sich wieder blicken lässt.«
    Er nickte, und ich ging. Der Besuch in den Ställen war mir vergällt. Ich hatte keine Lust, an den Boxen und Ständen entlangzugehen und mich zu fragen, wie viele davon noch besetzt sein mochten, wenn es Frühling wurde.
    Mit schweren Schritten überquerte ich den Hof, betrat den Palas und stieg die Treppe hinauf zu meinem Zimmer. Auf dem Treppenabsatz blieb ich stehen. Veritas? Doch es war nichts. Ich fühlte zwar sei ne Anwesenheit in mei nem Kopf, er konn te mir seine Wünsche übermitteln, manchmal seine Gedanken, aber wann immer ich versuchte, zu ihm hinauszugreifen - war da nichts. Das brachte mich zur Verzweiflung. Wäre ich in der Lage, verlässlich zu ›denken‹, könnte ich in seinem Sinne handeln. Galen. Verflucht sollte er sein und was er mir angetan hatte. Ich war im Besitz der Gabe gewesen, doch er hatte sie aus mir herausgebrannt und mir nichts gelassen als diesen Funken in der Asche.
    Aber was war mit Serene? Was mit Justin und den anderen Mitgliedern
des Zirkels? Weshalb bediente sich Veritas nicht ihrer Fähigkeiten, um mit Bocksburg verbunden zu bleiben und aus der Ferne seine Anweisungen zu geben?
    Mich überkam eine schleichende Angst. Die Alarmvögel aus Bearns. Die Signalfeuer, die Gabenkundigen in den Türmen. Sämtliche Wege der Kom munikation, auf die wir vertrauten, schienen sich als unzulänglich zu erweisen. Sie waren es, die die Sechs Provinzen zu einer Einheit verknüpften und aus einer Allianz von Herzögen ein Königreich schufen. Warum erfüllten sie ihren Zweck nicht?
    Ich sparte mir die Frage für Chade auf und hoffte, dass er mich bald wieder zu sich rufen würde. Die Tür zu seinen Gemächern öffnete sich seltener als früher, und ich hatte das Gefühl, dass ich nicht mehr sein uneingeschränktes Vertrauen genoss. Und? Hatte ich ihn nicht eben falls von ei nem großen Teil mei nes Lebens ausgeschlossen? Was ich fühlte, war vielleicht nur eine Reflexion all der Geheimnisse, die ich von ihm hatte. Oder die natürliche Distanz, die sich zwischen Meuchelmördern einstellte.
    Ich bog um die Ecke, als Rosemarie es gerade aufgeben wollte, weiter an meine Zimmertür zu klopfen.
    »Solltest du mir etwas

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