Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote
Vermittler fungieren sollte. In mir spürte ich seine Bestätigung. Chade sollte wie immer im Hintergrund bleiben.
»Überlegen wir weiter«, meinte sie. »Was wird als Nächstes geschehen?«
Sie hatte Recht. Dies musste ein Nachspiel haben.
»Wir werden sicher Besuch bekommen - mit Herzog von Bearns und seinen Vasallen. Auch Herzog Brawndy ist nicht der Mann, der eine Mission wie diese einfachen Abgesandten überlässt. Er wird persönlich herkommen und nach Erklärungen verlangen, woraufhin sämtliche Küstenprovinzen darauf lauschen werden, was man ihm zu sagen hat. Bearns bietet den Piraten abgesehen von unserer eigenen Provinz die größte Angriffsfläche.«
»Dann müssen wir Antworten bereithaben, die ihn überzeugen«, sagte Kettricken. Sie schloss die Augen, legte die Hände an die Stirn, dann auf ihre Wangen. Ich merkte, wir sehr sie bemüht war, sich zu be herrschen. Schließlich sah sie mich wieder an. »Ich werde König Listenreich aufsuchen und mit ihm über alles sprechen, was geschehen ist. Ich werde ihn fragen, was er zu tun gedenkt. Er ist der König. Man muss es ihm in Erinnerung rufen.«
»Das ist ein weiser Entschluss.«
»Ich muss allein zu ihm gehen. Wenn du mich ständig begleitest, könnten wir den Anschein erwecken, als würdest du nicht von meiner Seite weichen, was mir wiederum als Schwäche und Beeinflussbarkeit ausgelegt werden könnte. Und wie du schon sagtest, dann wird man an fangen, von einem Bruch in der Regierung zu munkeln. Du verstehst, was ich meine?«
»Ich verstehe.« Obwohl ich gerne gehört hätte, was Listenreich zu ihr sagen würde.
Sie deutete auf die Karten und Gegenstände, die ich auf einen Tisch gelegt hatte. »Hast du einen sicheren Aufbewahrungsort dafür?«
Chades Gemächer. »Ja.«
»Gut.« Sie machte eine Handbewegung, und ich merkte, dass ich ihr im mer noch den Weg versperrte. Ich trat zur Seite. Als sie an mir vorbeischritt, hüllte mich ihr süßer Duft aus den Bergen ein. Meine Knie wurden weich, und ich verfluchte das Schicksal, dass Smaragde zum Wiederaufbau von Häusern dienen mussten, statt diesen anmutigen Hals zu schmücken. Doch ich wusste auch, und es erfüllte mich mit heißem Stolz, selbst wenn ich sie ihr in diesem Moment zum Geschenk machte, würde sie doch darauf bestehen, dass sie verwendet wurden, um in Holüber die schlimmste Not zu lindern. Ich ließ das Kollier in die Tasche gleiten. Vielleicht gelang es ihr ja, König Listenreich aufzurütteln, so dass er Edel zwang, den Staatssäckel zu öffnen. Dann würden sich nach meiner Rückkehr die küh len, fun kelnden Stei ne an diese warme Haut schmiegen.
Hätte Kettricken zurückgeschaut, hätte sie gesehen, wie die Gedanken ihres Gemahls dem Fitz die Röte in die Wangen trieben.
Ich ging zu den Ställen hinunter. Sie waren immer ein Ort gewesen, an dem ich Ruhe fand, und seitdem Burrich fort war, fühlte ich mich irgendwie verpflichtet, von Zeit zu Zeit nach dem Rechten zu sehen. Nicht, dass Flink den Ein druck machte, als brauchte er meine Hilfe. Diesmal aber, als ich mich dem Stalltor näherte, stand eine Gruppe von Männern davor und ich vernahm ihre zum Streit erhobenen Stimmen. Ein junger Stallbursche klammerte sich an das Halfter eines gewaltigen Zugpferdes. Ein älterer Knecht zerrte an einer Leine, die am Kopfstück des Hengstes befestigt war, und versuchte, das Pferd von dem Jungen wegzuziehen, während ein Mann in den Farben von Tilth zuschaute. Das
eigentlich sanftmütige Tier wurde allmählich unruhig. Es konnte sich gleich jemand verletzen.
Ich trat verwegen in die Mit te des Kreises, nahm dem frem den Knecht die Leine aus der Hand und spürte nach dem aufgeregten Hengst. Er kannte mich nicht mehr so gut wie früher einmal, aber die Berührung der Macht wirk te beruhigend auf ihn. »Was geht hier vor?«, fragte ich unseren Stallburschen.
»Sie sind gekommen und haben Cliff aus sei ner Box ge führt. Ohne zu fragen. Er gehört zu den Pferden, die ich zu versorgen habe, aber sie wollten mir nicht einmal sagen, was das bedeuten soll.«
»Ich habe Befehle …«, warf der Mann aus Tilth ein.
»Ich spreche gerade mit jemandem«, belehrte ich ihn und wandte mich wieder an den Jungen. »Hat Flink dir dieses Pferd betreffend Anweisungen gegeben?«
»Nur die üblichen.« Der Junge war eben noch den Tränen nahe gewesen, jetzt, da er einen Verbündeten gefunden zu haben glaubte, klang seine Stimme wieder fester. Er richtete sich hoch auf und sah mich an.
»Dann ist es
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