Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote
von Tee. »Branntwein?« »Doch wohl nicht diesen billigen Fusel, mit dem du dich vergiftest? Dann trinke ich lieber Pferdesalbe.«
Ich versuchte einen Scherz: »Fordere es nicht heraus - damit kann ich dir vielleicht wirklich dienen.«
Er reagierte nicht. Als hätte er mich gar nicht gehört.
Ich legte frisches Holz aufs Feuer und dachte stirnrunzelnd an meinen kaum noch nennenswerten Bestand an Kräutern. Das meiste hatte ich dem Narren mit gegeben. »Bur rich, ich gehe hinunter, um dir etwas zu essen zu ho len und noch ein paar andere Dinge. In Ordnung?«
Keine Antwort. Er war im Sitzen eingeschlafen. Ich trat zu ihm hin. Man brauchte nicht erst seine Stirn zu berühren, um sein hohes Fieber zu bemerken. Ich fragte mich, was dieses Mal mit seinem Bein passiert sein mochte. Eine frische Wunde genau an der
Stelle einer alten und nie richtig auskurierten Verletzung. Daran würde er geraume Zeit laborieren, das stand fest. Ich beeilte mich, meine Besorgungen zu erledigen.
In der Küche unterbrach ich Sarah beim Puddingkochen und erzählte ihr von dem verletzten und kranken Burrich auf meinem Zimmer. Ich log und behauptete, er wäre völlig ausgehungert, und ob ein Junge nicht etwas zu essen und zwei Ei mer sauberes, heißes Wasser nach oben bringen könne. Sofort gab sie den Rührlöffel an eine Magd weiter und begann, mit Tabletts, Tee kannen und Besteck zu klappern. Sehr bald würde ich genug zu essen haben, um in meinem Zimmer ein kleines Bankett zu veranstalten.
Anschließend lief ich zum Stall hi nüber, um Flink Bescheid zu geben, dass Burrich oben in meinem Zimmer war und vorläufig auch dort bleiben würde. Dann erklomm ich die Stiege zu Burrichs Kammer, weil ich dort die Kräuter und Wurzeln holen wollte, die ich brauchte. Als ich die Tür aufmachte, schlug mir Eiseskälte entgegen. Feuchtigkeit war in die Kam mer gezogen, weshalb die Luft schal und abgestanden roch. Ich nahm mir vor, je manden danach zu schicken, hier ein Feuer zu machen und einen Vorrat an Holz, Wasser und Kerzen heraufzubringen. Burrich hatte damit gerechnet, den ganzen Winter fort zu sein, und wie es für ihn typisch war, hat te er sei ne Unterkunft peinlichst sauber und aufgeräumt hinterlassen. Ich fand ei nige Töpfe mit Salbe, aber kei ne getrockneten Kräuter. Entweder hatte er sie mitgenommen oder vor seiner Abreise weggegeben.
Ich stand in der Mitte des Raums und schaute mich um. Seit Monaten war ich nicht mehr hier gewesen. Kindheitserinnerungen wurden wach: die vielen Stunden vor diesem Kamin, als ich mit dem Ausbessern oder Einfetten von Zaumzeug beschäftigt war. Dann der Schlafplatz mit einer Matte hier vor dem Kaminfeuer. Nosy, der erste Hund, dem ich mich je verschwistert hatte.
Burrich hatte ihn spä ter weggeschafft, damit ich nicht in Versuchung geriet, von der alten Macht Gebrauch zu machen. Ich schüttelte den Kopf bei der Flut der widerstreitenden Gefühle, drehte mich um und ging.
Die nächste Tür, an die ich klopfte, war die von Phi lia. Lacey öffnete, und ein Blick in mein Gesicht genügte ihr, um zu fragen: »Was ist geschehen?«
»Burrich ist wieder da. Er ist oben in mei nem Zimmer. Verletzt. Ich habe nicht mehr viel an Heilkräutern …«
»Hast du nach dem Medikus geschickt?«
Ich zögerte. »Burrich will immer, dass alles nach seinem Kopf geht.«
»Das kann man wohl sagen.« Es war Philia, die das Wohngemach betrat. »Was hat der Verrückte sich nun wieder angetan? Ist Prinz Veritas wohlauf?«
»Der Prinz und sein Gefolge wurden angegriffen. Er selbst blieb unverletzt und hat seine Reise fortgesetzt. Die Verwundeten wurden mit zwei gesunden Männern als Es korte zurückgeschickt. Doch nur Burrich hat als Einziger überlebt und Bocksburg erreicht.«
»War die Rückreise so schwierig?«, fragte Philia. Lacey war bereits damit beschäftigt, Kräuter, Wurzeln und Verbandmaterial zusammenzusuchen.
»Kalt und anstrengend und ungastlich. Aber die Männer starben bei einem Angriff von Bogenschützen, die ihnen an der Heimatgrenzen auflauerten. Burrichs Pferd sprang mit ihm in den Fluss. Sie wurden von der Strömung ein gutes Stück mitgerissen. Das hat ihnen wahrscheinlich das Leben gerettet.«
»Wo und wie ist er verletzt?« Nun trieb es auchPhilia um. Sie öffnete einen kleinen Schrank und entnahm ihm fertige Salben und Tinkturen.
»Sein Bein. Dasselbe wie schon einmal. Genaues weiß ich nicht, ich habe mir die Wunde noch nicht angesehen. Doch er kann ohne Hilfe nicht gehen. Außerdem hat er
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