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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Zeit davor in banger Erwartung. Während eines besonders ausschweifenden
Gelages geriet eine der Spelunken am Hafen in Brand. Das Feuer breitete sich aus und nur der sturzbachartige Regen im Gefolge der Sturmböen hinderte die Flammen daran, auf die Vorratsspeicher überzugreifen. Das wäre in mehr als einer Hinsicht eine Katastrophe gewesen, denn trotz der sich rapide leerenden Scheunen und Vorratslager oben in der Burg, sahen die Bürger der Stadt keinen Grund, sparsam mit dem umzugehen, was noch übrig war. Selbst wenn Bocksburg von den Piraten verschont blieb, war mir klar, dass wir für den Rest des Winters den Gürtel würden enger schnallen müssen.
    Eines Nachts erwachte ich, weil es so still war. Das Heu len des Sturms und das Prasseln des Regens waren verstummt. Mir wurde ganz beklommen zumute. Eine schreckliche Vorahnung erfüllte mich, und als ich mor gens aus dem Fenster den kla ren Himmel sah, wurde meine Angst noch größer. Wie dem sonnigen Tag zum Hohn, war die Stim mung in der Burg be klemmend. Etliche Male fühlte ich eine schmetterlingsleichte Berührung der Gabe. Es trieb mich zum Wahnsinn, denn ich konnte nicht unterscheiden, ob es Veritas war, der sich in mir reg te, oder ob nicht Serene und Justin versuchten, mich zu bespitzeln. Ein Besuch bei König Listenreich und dem Narren am späten Nachmittag entmutigte mich vollends. Der König war fast bis auf die Kno chen abgemagert, saß in seinem Bett und lächelte völlig geistesabwesend. Als ich mich ihm näherte, lächelte er mir dann kraft los entgegen und begrüßte mich mit den Worten: »Ah, Ve ritas, mein Jun ge. Wie ist heute deine Fechtstunde verlaufen?« Der Rest der Unterhaltung bewegte sich in ähnlichen Bahnen. Edel erschien kurz nach mir. Er saß auf einem betont unbequemen Stuhl mit strenger hoher Lehne, hatte die Arme vor der Brust verschränkt und wandte den Blick nicht von mir ab. Zwischen uns wurde nicht ein einziges Wort gewechselt. Ich wusste nicht mehr, ob mein Schweigen reine Feigheit oder
umgekehrt eher tapfere Selbstbeherrschung war. Wie auch immer, so bald es sich mit Anstand bewerkstelligen ließ, ergriff ich die Flucht, auch wenn ich da für mit ei nem vorwurfsvollen Blick des Narren gestraft wurde.
    Der Narr selbst übrigens sah kaum besser aus als der König. In einem farblosen Gesicht wie dem seinen wirkten die dunklen Ringe unter den Augen wie aufgemalt. Sein Mundwerk war so still geworden wie die Schellen an seiner Kappe. Wenn König Listenreich sterben sollte, stand niemand mehr zwischen dem Narren und Edel. Ich fragte mich, ob es eine Möglichkeit gab, ihm zu helfen.
    Ha! - Als ob ich mir denn selber helfen könnte.
    In der Einsamkeit meines Zimmers ertränkte ich an diesem Abend meinen Kummer in jenem billigen Branntwein, den Burrich so verabscheute. Ich wusste, am nächsten Morgen würde ich mit einem scheußlichen Kater aufwachen, aber das war mir einerlei. Dann lag ich in mei nem Bett und lausch te dem Lärmen der Feiernden in der Großen Halle. Wenn doch Molly hier wäre, um mich für meine Betrunkenheit auszuschimpfen. Das Bett war zu groß, die Laken gletscherweiß und kalt. Ich schloss die Augen und suchte Trost bei mei nem Wolf. Eingesperrt in der Burg, hat te ich mir angewöhnt, nachts im Traum seine Gesellschaft zu suchen - was wenigstens eine Illusion von Freiheit darstellte.
    Ich erwachte einen Wimpernschlag, bevor Chade mich packte und schüttelte. Ein Glück, dass ich ihn erkannte, sonst wäre ich ihm an die Keh le gegangen. »Auf!«, zischte er drängend. »Hoch mit dir, du betrunkener Nichtsnutz, du Idiot! Guthaven wird belagert. Fünf Rote Schiffe. Sie werden keinen Stein auf dem anderen lassen, wenn wir uns nicht beeilen. Steh auf, verdammt!«
    Ich war mit einem Satz aus dem Bett. Der Branntweinnebel verflog unter dem Schock dieser Neuigkeit.

    »Was sollen wir tun?«, fragte ich einfältig.
    »Es dem König mitteilen. Es Kettricken sagen und Edel. Nicht einmal Edel kann jetzt noch den Ernst der Lage verkennen, der Feind steht schon so gut wie auf un serer Türschwelle. Wenn die Korsaren Guthaven einnehmen und besetzen, haben sie uns in der Zange. Kein Schiff wird mehr ohne Ge fahr aus unserem Hafen auslaufen können. Selbst Edel muss das begreifen. Nun geh, Junge! Geh!«
    Ich streifte mir zusammen mit einem Waffenrock irgendeine Hose über und lief ungekämmt und barfuß zur Tür, als mir plötzlich etwas einfiel. »Und was sage ich, woher ich das weiß?«
    Chade warf in hilfloser Verzweiflung

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