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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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sie mit Dank zurück und ritt im Sattel von Federleicht nach Hause.
    Am zweiten Abend kam Fuchsrot an unser Feuer und sagte Burrich, sie hätte mehrmals an diesem Tag ei nen Wolf gesehen, der uns folgte. Burrich zuckte gleichmütig die Schultern und meinte, das Tier wäre vermutlich bloß neugierig und keine Gefahr für uns. Nachdem sie gegangen war, sagte er zu mir gewandt: »Das wird irgendwann ein Mal zu oft passieren.«
    »Was?«
    »Ein Wolf, den man in dei ner Nähe sieht. Fitz, sei vorsichtig. Schon seinerzeit wurde geredet, als du diese Entfremdeten getötet hattest. Auf dem Boden fand man eindeutige Spuren, und die Wunden an jenen Männern stammten nicht von einer Klinge. Vor ein paar Tagen war unter den Soldaten die Rede davon, man habe in der Nacht des Kampfes einen Wolf durch die Straßen von Guthaven streifen sehen. Ich hörte sogar eine phantastische Geschichte von ei nem Wolf, der sich nach dem Ende der Schlacht in einen Mann verwandelt haben soll. Im Morast vor dem Zelt der Königin gab es Pfotenabdrücke, und du kannst froh sein, dass alle so erschöpft waren und es eilig hatten, die Leichen wegzuschaffen. Es waren einige darunter, die nicht durch die Hand ei nes Menschen gestorben sind.«
    Einige? Pah!
    Burrichs Gesicht verzerrte sich vor Zorn. »Das hört auf. Ab sofort.«
    Du bist stark, Rudelherz, aber …
    Der Gedanke riss ab, und irgendwo weit draußen aus dem Buschwerk war ein lautes, überraschtes Aufjaulen zu hö ren. Einige der Pferde erschraken und schauten in diese Richtung.
    Ich starrte Burrich an. Er hatte sich aus größerer Entfernung und mit aller Härte gedanklich gegen Nachtauge gestemmt .

    Zu deinem Glück aus einiger Entfernung, denn so ein Stoß … wollte ich ihn zur Vorsicht mahnen.
    Burrichs Blick strafte mich. »Ich sagte, das hört auf! Sofort!« Er schaute angewidert zur Seite. »Mir wäre lieber, du würdest mit der Hand in der Hose neben mir reiten, als ständig das in meiner Gegenwart zu tun. Ich empfinde es als Zumutung.«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Das lange Zusammenleben mit ihm hatte mich gelehrt, dass er bezüglich der alten Macht keinen Argumenten zugänglich war. Dass er von meinem Bund mit Nachtauge wusste und trotzdem meine Gegenwart duldete, war das Äußerste, was ich von ihm als Zugeständnis erwarten konnte. Dafür erwartete er von mir, dass ich die Din ge nicht auf die Spitze trieb und ihn ständig an meine Gemeinschaft mit dem Wolf erinnerte. Ich neigte zustimmend den Kopf. Dafür gehörten in dieser Nacht zum ersten Mal seit langem meine Träume nur mir.
    Ich träumte von Molly. Sie trug wieder ihren roten Rock und saß am Strand, schälte mit dem Gürtelmesser Muscheln von den Steinen und aß sie roh. Sie schaute mir entgegen und lächelte. Ich ging auf sie zu. Sie sprang auf und lief barfuß am Strand entlang vor mir her. Ich folgte ihr, aber sie war so leichtfüßig wie nur je. Ihr Haar flog wild um her, und sie lach te nur, als ich ihr zu rief, sie solle warten. Ich erwachte mit ei nem seltsamen Gefühl der Freude darüber, dass es ihr gelungen war, mir zu entkommen, und meine Sinne waren erfüllt von dem Duft nach Lavendel.
    Wir rechneten damit, in Bocksburg angemessen empfangen zu werden. Bei günstigem Wind sollten die Schiffe vor uns eingetroffen sein und die Nachricht von unserem Sieg verbreitet haben, deshalb waren wir nicht überrascht, als wir eine Abordnung von Edels Leibgarde uns auf der Straße entgegenkommen sahen. Eigenartig mutete jedoch an, dass sie, nachdem sie uns gesichtet hatten, ihre
Pferde weiter Schritt gehen ließen. Keine Jubelrufe, keine zu einem Gruß erhobene Hand. Stumm und feierlich wie in einer gespenstischen Prozession kamen sie auf uns zu. Ich glaube, Burrich und ich entdeckten gleichzeitig den kleinen polierten Stab, den der Mann an der Spitze trug, und der den Träger als den Überbringer einer wichtigen Nachricht ausweist.
    Burrich wandte sich zu mir, sein Gesicht war ernst. »König Listenreich ist tot?«, sprach er die naheliegende Vermutung aus.
    Ich empfand keine Überraschung, nur das Ge fühl einer dumpfen Leere. Der klei ne verängstigte Junge von frü her duckte sich in mir, weil nun nichts und niemand mehr zwischen mir und Edel stand; ein anderer Teil von mir fragte sich seltsamerweise, wie es wohl gewesen wäre, ihn ›Groß vater‹ zu nen nen, statt ›Majestät‹. Aber das waren nur Bagatellen, verglichen mit dem, was dieser Tod für mich als den Vasallen des Königs bedeutete. Er hatte

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