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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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war leider nur alles hohles Geschwätz, ohne einmal konkret zu sagen, was Edel sich entschlossen hatte zu tun. Hätte er noch etwas länger weitergemacht, wäre seine Ansprache die reinste Lobeshymne geworden.
    Zu Anfang der Rede hatte Kettricken sich aufrecht hingesetzt und Edel ungläubig angesehen, als könnte sie nicht fassen, dass er so ruhig dasaß, lächelte und nickte und ein Verdienst für sich in Anspruch nahm, das ihm nicht zustand. Falls noch jemand außer mir den Gesichtsausdruck der Königin bemerkte, ging man
schweigend darüber hinweg. Wie vorherzusehen, war der zweite Laudator Herzog Ram von Tilth. Er hob den Pokal zum Gedenken an Kronprinz Veritas. Diesmal hörten wir eine echte Lobrede, die angemessene Würdigung all dessen, was Veritas versucht und gewollt, sich erträumt und gewünscht hatte. Nachdem seine Erfolge bereits zu Edels Füßen aufgehäuft worden waren, blieb nicht mehr viel zu sagen übrig. Falls überhaupt möglich, wurde Kettricken noch blasser und presste die Lippen noch fester zusammen.
    Ich glaube, als Herzog Ram endete, war sie im Begriff, sich zu erheben und selbst etwas zu sa gen, doch - wie um ihr zu vorzukommen - sprang Edel förmlich auf und hob sein frisch gefülltes Glas. Er gebot den Anwesenden Schweigen, dann wandte er sich an die Königin.
    »Zu viel ist heute Abend gesprochen worden, aber zu wenig von unserer höchstwürdigen Königin Kettricken. Sie musste bei ihrer Heimkehr die schmerzliche Nachricht vom Tod ihres Gemahls entgegennehmen. Doch mein verstorbener Bruder Veritas würde nicht wollen, dass Trauer um ihn den Ruhm überschattet, den seine Gemahlin sich durch eigene Taten erworben hat. Ungeachtet ihres Zustandes (das wissende Lächeln auf Edels Gesicht zeigte einen An flug von Häme), glaubte sie es ih rer neuen Hei mat schuldig zu sein, selbst an der Spitze un serer Reiterei auszuziehen, um die Roten Korsaren das Fürchten zu leh ren. Gewiss haben viele Piraten durch ihr scharfes Schwert das Leben verloren. Und zweifellos muss ihr Anblick unsere Soldaten begeistert haben - ihre Königin, die Seite an Seite mit ihnen focht, in kühner Geringschätzung all dessen, was sie aufs Spiel setzte.«
    Zwei hochrote Flecken zeigten sich auf Kett rickens Wangen. Edel fuhr fort und verstand es geschickt, durch einen wohlwollend herablassenden Tonfall und dick aufgetragene Schmeicheleien, Kettrickens Handeln weiter in einem schiefen Licht erscheinen
zu lassen. Mit sei nen verlogenen Phrasen würdigte er ihre Verteidigung Guthavens gegen die Korsaren auf das Niveau billiger Effekthascherei herab.
    Vergebens hielt ich am Hohen Tisch nach ei nem Ritter Ausschau, der für sie Partei ergriff. Wäre ich von mei nem Platz zwischen den Stallknechten aufgestanden, um mich zu ihrem Fürsprecher zu machen, hätte es ausgesehen wie eine zusätzliche Verhöhnung. Kettricken, die offensichtlich immer noch eine Fremde am Hof ih res Gemahls und nach sei nem Tod nun allein auf sich gestellt war, schien in sich zusammenzusinken. In Edels Version erschienen ihre Taten fragwürdig und tollkühn - statt wagemutig und entschlossen. Ich sah, wie sehr sie an sich zu zweifeln begann, und wusste, sie würde nicht aufstehen und Edel in die Schranken weisen. Das Festmahl nahm seinen Fortgang mit einer beinahe abwesenden Königin, die sich ausschließlich ihrem greisen Schwiegervater widmete und kaum auf sei ne fahrigen Versuche einging, ein Gespräch anzuknüpfen.
    Doch es kam noch schlimmer. Nach dem letzten Gang gebot Edel erneut Schweigen. Er versprach den versammelten Gästen, bald würden Musikanten und Puppenspieler auftreten, doch sie möchten sich noch etwas in Geduld fassen, er habe eine weitere Ankündigung zu machen. Nach langer Bedenkzeit, vielen Beratungen und nur mit größtem Widerstreben habe er erkannt, wofür der Angriff auf Guthaven nun der letzte Beweis gewesen sei: Bocksburg war nicht mehr der sichere Zufluchtsort wie früher. Keinesfalls war es ein Ort für jemanden mit angegriffener Gesundheit. Deshalb verkündete er seinen Beschluss, dass sein erlauchter Herr Vater, König Listenreich (bei der Erwähnung seines Namens hob der König den Kopf und blinzelte), landeinwärts reisen werde, um in Fierant am Vinfluss zu leben, bis sein Zustand sich gebessert hätte. An dieser Stelle unterbrach er sich, um wortreich seinen Dank an Herzog
Holder von Farrow zu richten, für seine großzügige Geste, der königlichen Familie Burg Fierant als Wohnsitz zur Verfügung zu stellen. Er

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