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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Tür einen Spalt zu öffnen. Der Narr stand davor. Ich weiß nicht, was mich mehr erstaunte, dass er an geklopft hatte, statt sich selbst Einlass zu ver schaffen, oder die Art, wie er ge kleidet war. Ich stand da und schaute ihn mit großen Augen an. Er verbeugte sich zuerst mit vornehmer Geste und schob sich dann, während er die Tür hinter sich zudrückte, an mir vorbei ins Zimmer. Nachdem er die Riegel wieder vorgeschoben hatte, stellte er sich in Positur, breitete die Arme aus und drehte sich langsam um sich selbst, damit ich ihn bewundern konnte. »Nun?«
    »Du siehst gar nicht mehr aus wie du selbst«, entfuhr es mir.
    »Das soll ich auch nicht.« Er zog sein Wams glatt, dann zupfte er an den Ärmeln, um die Stickerei zur Geltung zu bringen
und die Schlitze, durch die sich der Stoff der Hemdsärmel bauschte. Dann schüttelte er seinen Federhut aus und setzte ihn wieder auf sein fah les Haar. Die Farben der Klei dungsstücke reichten von tiefstem Indigo bis zu hellstem Azur, und das Gesicht des Narren lugte weiß und nackt wie ein gepelltes Ei dazwischen hervor. »Narren sind nicht länger in Mode.«
    Ich setzte mich langsam auf mein Bett. »Edel hat dich so ausstaffiert.«
    »Aber nein. Er hat natürlich die Kleidungsstücke zur Verfügung gestellt, doch ausstaffiert habe ich mich selbst. Wenn Narren nicht mehr in Mode sind, bedenke, wie minderwertig wäre der Leibdiener eines Narren.«
    »Und König Listenreich? Ist der auch nicht mehr in Mode ?«, fragte ich sarkastisch.
    »Es ist nicht mehr in Mode, sich übermäßig Sorgen zu machen«, erwiderte er und vollführte einige Pirouetten. Dann blieb er ruckartig stehen, richtete sich erneut würdevoll auf, wie es sich für seine neue Erscheinung geziemte, und schritt gemessen durchs Zimmer. »Ich soll heute Abend an des Prinzen Tafel sitzen und Frohsinn und Witz versprühen. Glaubst du, dass mir das gelingt?«
    »Erheblich besser als mir«, antwortete ich säuerlich und fügte hinzu: »Schmerzt es dich nicht, dass Veritas tot ist?«
    »Schmerzt es dich nicht, dass Blu men in der Som mersonne verblühen?«
    »Narr, es ist Winter draußen.«
    »Das eine ist so wahr wie das andere. Glaub mir.« Der Narr blieb abrupt stehen. »Ich bin hergekommen, um von dir ei nen Gefallen zu erbitten, ob du es glaubst oder nicht.«
    »Das eine ist so leicht wie das andere. Worum geht es?«
    »Töte nicht meinen König zugunsten des deinen.«

    Entsetzt schaute ich ihn an. »Niemals würde ich meinen König töten! Wie kannst du es wagen, mir so etwas zu unterstellen!«
    »Oh, ich wage viel dieser Tage.« Er verschränkte die Hände hinter dem Rücken und ging vor dem Kamin auf und ab. In seinem neuen Putz und mit sei nen ernsthaften Manieren machte er mir Angst. Es war, als hätte ein anderes Wesen von sei nem Körper Besitz ergriffen, eins, das mir fremd war. »Niemals also … Nicht einmal dann, wenn der König deine Mutter ermordet hätte?«
    Mir war, als schwankte der Boden unter meinen Füßen. »Was versuchst du mir zu sagen?«, flüsterte ich.
    Mit dem Schmerz in mei ner Stimme wirbelte der Narr herum. »Nein, nein! Du verstehst mich falsch!« Er meinte es ehrlich. Für einen kurzen Augenblick sah ich hinter der neuen Fassade wieder meinen alten Freund. »Aber«, fuhr er mit tief gesenkter Stimme fort - und sein Ton war bedeutungsvoll und beinahe verschlagen -, »wenn du überzeugt wärst, der König hätte deine Mutter ermordet, deine angebetete, liebende, hingebungsvolle Mutter, hätte sie einfach ermordet und dir für im mer entrissen. Glaubst du, dann könntest du ihn töten?«
    Ich war so lan ge blind gewesen, dass ich ei nen Moment brauchte, bis mir däm merte, was er meinte. Edel glaubte, sei ne Mutter wäre vergiftet worden, das war ei ner der Gründe für seinen unversöhnlichen Hass auf mich und ›Lady Quendel‹. Er glaubte, wir hätten den Mord auf Befehl des Königs begangen. Das war absurd. Königin Desideria war durch eigenes Verschulden gestorben. Edels Mutter hatte eine Vorliebe für alkoholische Getränke und andere berauschende Mittel gehabt. Als es ihr nicht gelang, bei Hofe die Rolle zu spielen, von der sie glaubte, dass sie ihr zustand, hatte sie Zu flucht im Drogenrausch gesucht. Listenreichs verschiedenen Versuche, sie davon abzubringen, waren vergeblich. Er hatte sogar Chade um Kräuter und Tränke gebeten, die sie von
ihrer Sucht befreien sollten. Königin Desideria war tatsächlich an einer Vergiftung gestorben, damit hatte Edel zweifellos Recht,

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