Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote
entschiedenen Tons war es Wallace, der unwillkürlich zurückwich. Ich spürte, wie er zu de nen gehörte, die dem Blick der blassblauen Augen des Narren nicht stand halten konnten und die vor der Berührung seiner weißen Hand zurückschreckten.
»Zweimal und einmal ist dreimal, Breitarsch. Aber mein Guter: Einmal ist keinmal, also wären dreimal erst zweimal und zweimal ist der Herren Weise. Für deine Gegenwart biete ich den Ge genwert meiner Gaben. Wenn Wände Ohren hätten, dann du schon erst recht, Breitarsch. Nun hebe dich hin fort, Meister Edel schnell von all deinen schwatzhaften Flatulenzen zu künden. Mögest du ihn hei len mit deiner Re dekunst, unseren guten Prinzen, während du ihn erleuchtest, denn mir scheint ganz so, und sein düster verschleierter Blick beweist es, dass sein Herz ge nauso hart ist wie sein Darm verstopft.«
»Du wagst es, dich über unseren Prinzen lustig zu machen?«, stotterte Wallace. Der Narr hatte bereits die Türschwelle erobert, und ich folgte ihm dichtauf. »Er wird es erfahren.«
»Lustig machen? Er könnt’ es gut vertragen, dass man ihn lustig macht, fließt ihm doch der Hu mor als grüner Gallensaft durch die Adern. Geh nun und walte deines Amtes, Ohrenbläser. Dein Prinz sitzt zur Stunde über sei nen Flatulenzen, glaube ich, und du magst ihn mit deinen eigenen Winden umfächeln, und in seinem Rausch wird er glauben, deine Worte sind weise und deine Lüftchen lind.«
Während er schwatzte, rückte der Narr Schritt um Schritt weiter vor. Das be ladene Tablett hielt er wie ei nen Rammbock vor sich her, und so schob er Wallace zu rück durch den Vorraum und in das Schlafgemach des Königs. Dort stellte er das Tablett ab, während Wallace an der zweiten Tür des Zimmers Posten bezog. Die Augen des Narren funkelten.
»Aha, er liegt nicht im Bett, un ser allergnädigster König, außer, du hast ihn unter den De cken versteckt, Freund Breitarsch, bester aller Kammerdiener. - Kommt hervor, kommt hervor, mein König, reich an Listen. König Listenreich seid Ihr, der Fuchs, und doch nicht etwa die Maus, die sich verbirgt im Gebälk, unter den Dielen und zwischen den Kissen?« Damit begann er, emsig in dem offenkundig leeren Bett zu wüh len und zu sto chern und ließ sein Rattenzepter zwischen die Falten der Vorhänge spähen, bis ich das Lachen nicht mehr länger unterdrücken konnte.
Wallace stand mit dem Rücken an die zweite Tür gelehnt, als ob er uns auch hier den Zutritt verwehren wollte, doch unversehens schwang sie nach innen auf, und beinahe wäre er in die Arme des Königs gesunken. Stattdessen fand er sich verdutzt auf auf seinem Hosenboden wieder. »Sieh nur!«, be merkte der Narr zu mir. »Sieh nur, wie er sich bemüht, meinen Platz zu Füßen des Königs einzunehmen und mit seinem plumpen Reinfall den Narren zu spielen. Ein solcher Mann verdient den Titel Narr, aber ganz und gar nicht Hofnarr zu sein!«
Listenreich stand mit verärgerter Miene in der Tür, so als habe er
sich schon zur Nachtruhe begeben. Sein fragender Blick wanderte von dem gedemütigten Wallace, darauf zum Narren und dann zu mir. Dann beschloss er, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Er wandte sich seinem Kammerdiener zu, während dieser sich steifbeinig aufrappelte. »Diese Kräuterdämpfe helfen mir nicht im Geringsten, Wallace. Sie verursachen mir Kopfschmerzen und hinterlassen einen üblen Geschmack im Mund. Nimm die Schüssel weg, und Edel kannst du sagen, sein neues Kraut taugt vielleicht dazu, Ungeziefer auszuräuchern, doch nicht, Krankheiten zu lindern. Nimm die Schüssel weg, sage ich, bevor der Gestank auch noch diesen Raum verpestet. Aha, mein närrischer Freund, du bist hier. Und Fitz, endlich kommst du, um mir Bericht zu erstatten. Wallace, hast du nicht gehört? Schaff diese vermaledeite Schüssel hinaus! Durch den hinteren Ausgang, damit unsere Nasen nicht weiter beleidigt werden!« Mit einer Handbewegung scheuchte Listenreich den Mann hinaus, als wäre er eine lästige Fliege, und schloss hinter ihm die Tür zur Badestube, um sicherzugehen, dass der Kräuterdampf sich nicht doch in seinem Schlafgemach einnistete. Kaum hatte er sich darauf in einem Lehnstuhl am Feuer niedergelassen, als der Narr flugs einen Tisch heranzog und das Tuch, mit dem die Speisen abgedeckt waren, darüber ausbreitete, und so war im Handumdrehen aufgedeckt. Silberbesteck und eine Serviette erschienen aus dem Nichts, ein Taschenspielertrick, der selbst Listenreich ein Lächeln abnötigte. Nachdem
Weitere Kostenlose Bücher