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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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er das vollbracht hatte, kauerte der Narr sich am Kamin zusammen, den Kopf zwischen den spitzen Knien, das Kinn in die hohle Hand gestützt. Die tanzenden Flammen verliehen seiner bleichen Haut und dem hellen Haar einen rötlichen Schimmer. Jede einzelne seiner Bewegungen war fließend wie die eines Tänzers, und diese Pose wirkte sowohl anmutig als auch komisch. Der König streckte die Hand, um dem Narren über das struppige Haar zu streichen, als wäre er ein Kätzchen.

    »Ich habe dir gesagt, ich bin nicht hungrig, Narr.«
    »Das habt Ihr. Doch Ihr habt mir nicht gesagt, ich dürfte Euch nichts zu essen bringen.«
    »Und wenn ich es gesagt hätte?«
    »Dann würde ich Euch sagen, dies ist keine Suppe, sondern eine Kur von Breit arsches Kräuterdampftöpfen, um Eure Nase nach soviel Missvergnügen mit ei nem angenehmeren Aroma zu ver söhnen. Und dann wäre dies hier kein Brot, sondern ein Pflaster für Eure Zunge, das Ihr sogleich auflegen solltet.«
    »Ah.« König Listenreich zog den Tisch nä her heran und tauchte den Löffel in die Suppe. Aus dicker Grütze lugten gewürfelte Karotten und Fleischstücke hervor. Er kostete und begann zu essen.
    »Bin ich nicht we nigstens ein ebenso guter Medikus wie Freund Breitarsch?«, gluckste der Narr, sichtlich mit sich zufrieden.
    »Wie du sehr wohl weißt, ist Wallace kein Arzt, sondern lediglich mein Diener.«
    »Wohl weiß ich es, und wohl wisst Ihr’s, doch Breitarsch weiß es nicht, und deshalb kränkelt Ihr so.«
    »Genug von deinem Geplapper. Komm näher, Fitz, steh nicht herum wie ein grinsender Einfaltspinsel. Was hast du mir zu sagen?«
    Ich beschloss, weder den König noch den Narren dadurch zu beleidigen, dass ich fragte, ob ich in Gegenwart des Letzteren offen sprechen dürfte. Mein Bericht fiel kurz und nüchtern aus und von meiner geheimen Mission erwähnte ich nur das Ergebnis. Listenreich lauschte aufmerksam. Als ich zu Ende war, äußerte er nichts weiter als einen milden Tadel wegen meines ungebührlichen Benehmens an der Ta fel des Herzogs. Anschließend erkundigte er sich, ob Herzog Brawndy von Bearns gesund sei und zufrieden mit der Lage in seiner Provinz. Ich erwiderte, meines
Erachtens habe es ganz den Anschein gehabt. Listenreich nickte und erkundigte sich nach der Kopie der Schriftrolle, derenthalben ich die Reise unternommen hatte. Ich nahm sie heraus und zeigte sie ihm und wurde mit ei nem Lob für die Sorgfalt meiner Arbeit belohnt. Er trug mir auf, sie ins Kartenzimmer zu bringen und Veritas vorzulegen.
    Als Nächstes fragte er nach dem Re likt der Uralten. Ich gab ihm davon eine genaue Schilderung. Die ganze Zeit über hockte der Narr am Ka min und beobachtete uns reg los wie eine Eule. Unter seinen wachsamen Blicken verzehrte König Listenreich die Suppe und das Brot, während ich ihm das Dokument vorlas. Als ich damit fertig war, lehnte er sich seufzend zurück. »Nun lass mich einmal deine Schreibarbeit sehen«, forderte er mich auf, wo rauf ich ihm verwundert die Schrift rolle reichte. Zum zwei ten Mal studierte er sie eingehend, rollte sie dann wieder zusammen und gab sie mir zurück. »Du verstehst mit der Feder umzugehen, Junge. Das ist gut geschrieben und gut gemacht. Geh damit in Veritas’ Kartenzimmer und sieh zu, dass er sie liest.«
    »Wie Ihr be fehlt, Majestät.« Ratlos hielt ich inne. Wes halb wiederholte er sich? Erwartete er irgendeine besondere Reaktion von mir? Der Narr erhob sich. Es war nur die Andeutung eines Blicks, der Reflex einer hochgezogenen Braue, ei nes zuckenden Mundwinkels, doch es war ge nug, um mir anzuraten, nun den Mund zu halten. Unter Scherzen und munterem Geplauder räumte er das Geschirr zusammen, dann waren wir beide entlassen. Als wir hinausgingen, blickte der König gedankenvoll in die Flammen.
    Draußen im Gang wollte ich die Frage stellen, die mir auf der Zunge brannte, aber der Narr begann zu pfeifen und hörte nicht damit auf, bis wir auf halber Treppe waren. Auf dem Absatz zwischen den Stockwerken hielt er mich am Ärmel fest, und wir blieben stehen. Ich ahnte, dass er diese Stelle mit Überlegung gewählt
hatte, niemand konnte sich hier unbemerkt heranschleichen und uns belauschen. Wer dann aber zu mir sprach, war nicht etwa der Narr selbst, sondern die Ratte an der Spitze seines Zepters. Er hielt sie mir vor die Nase und piepste mit Fistelstimme. »Du und ich, Fitz, wir müs sen uns merken, was er ver gisst, und es für ihn bewahren. Es kostete ihn viel Kraft, so bestimmt aufzutreten wie

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