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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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flussabwärts mehrere flache Seilfähren das tiefere Wasser nutzten, um in ständigem Hin und Her Waren von einer Seite zur anderen zu transportieren. Dies war der Ort, an dem Tilth und Farrow sich trafen, um Handel zu treiben, wo die Erträge von Ackerbau und Viehzucht zusammenströmten und wo Güter, die aus Bock oder Bearns den Fluss hinaufkamen, endlich ausgeladen und zu den reichen Herren verfrachtet wurden, die sich dergleichen leisten konnten. In besseren Tagen war Fierant auch der Umschlagplatz für die Handelsware aus dem Bergreich gewesen: Das waren Bernstein, Pelze, Elfenbeinschnitzereien und die seltenen Weihrauchhölzer aus der Regenwildnis. Außerdem wurde hier der Flachs für Farrows begehrten Leinenstoff versteigert sowie der Hanf für Seile und Segeltuch.
    Man bot mir eine stundenweise Arbeit an - ich sollte Getreidesäcke von einem kleinen Lastkahn auf einen Wagen umladen. Ich nahm sie an, mehr um möglichst viel zu erfahren, als wegen dem Lohn von ein paar Kupfergroschen. Doch die Wissensausbeute war ähnlich gering. Niemand sprach von den Roten Schiffen oder dem Krieg an der Küste, außer um sich über die schlechte Qualität der dortigen Waren zu beschweren und darüber, wie teuer alles von dort geworden war. Von König Edel war kaum die Rede und falls doch, dann rühmte man seine Anziehungskraft auf Frauen und seine Trinkfestigkeit. Ich war erstaunt, von ihm als einem Mountwell-König sprechen zu hören; Mountwell hieß das Geschlecht, dem seine Mutter entstammte. Nach anfänglicher Verwunderung fand ich es allerdings recht begrüßenswert, dass er nicht als ein Weitseher regierte. Es war eine Gemeinsamkeit weniger zwischen ihm und mir.
    Des Königs Rund hingegen beschäftigte die Gemüter am meisten, und was mir zu Ohren kam, war alles andere als erfreulich.
    Der Brauch, einen Zweikampf über Recht und Unrecht entscheiden zu lassen, ist in den Sechs Provinzen eine in Ehren gehaltene Tradition. In Bocksburg standen die drei hohen Pfeiler der sogenannten Zeugensteine. Es heißt, wenn zwei Männer sich dort in der Absicht treffen, nach alter Sitte einen Zwist beizulegen, sind El und Eda selbst als Zeugen anwesend, um dafür zu sorgen, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird. Die Steine und der Brauch stammen von den Vorvätern her. Wenn wir in Bocksburg von des Königs Gerechtigkeit sprachen, war sehr oft die diskrete Arbeit gemeint, die Chade und ich in König Listenreichs Auftrag verrichteten. Manche kamen, um vor des Königs Thron Beschwerde zu führen und seinen Richtspruch zu erbitten. Doch es geschah, dass dem König noch anderes Sträfliches zu Ohren kam, und dann sandte er Chade aus oder mich, um den Missetäter so zu strafen, wie er es für richtig hielt. Im Namen des Königs hatte ich mehr als einmal Todesurteile vollstreckt, wobei ich je nach Vergehen gnädig kurzen Prozess machte oder die Strafe auch qualvoll langsam vollzog. Ich hätte also mehr als abgehärtet sein müssen.
    Doch Edels Rund des Königs schien mir eher der Volksbelustigung zu dienen als der Gerechtigkeit. Es war ganz einfach: Wer nach des Königs Spruch eine Strafe oder den Tod verdient hatte, wurde in diese Arena geschickt. Dort bekam er es mit wilden, ausgehungerten Tieren zu tun, die man mit Schlägen zur Raserei getrieben hatte, oder mit einem bewaffneten Gegner, einem favorisierten Wettkämpfer des Königs. Ein gewöhnlicher Verbrecher, der sich tapfer schlug, konnte auf Begnadigung hoffen oder wurde dann vielleicht selbst zu einem Vollstrecker im Rund. Entfremdeten war diese Möglichkeit verwehrt. Entfremdete wurden schlicht den wilden Tieren vorgeworfen oder halbverhungert auf andere Übeltäter losgelassen. Solche Veranstaltungen waren in letzter Zeit äußerst populär geworden, so populär, dass der Marktplatz von Fierant, wo die ›Gerichtstage‹ zur Zeit abgehalten wurden, die Menschenmenge nicht mehr fassen konnte. Deshalb ließ Edel ein eigenes Rund bauen, das in bequemer Nähe seines Landhauses lag. Es war mit Zellen und dicken Mauern versehen, hinter denen Raubtiere und Gefangene sicher untergebracht werden konnten, und mit Sitzplätzen für die Zuschauer, die massenhaft kamen, um das Spektakel zu genießen. Der Bau der Anlage brachte Fierant übrigens neue Einnahmequellen und Arbeitsplätze, was ein willkommener Ausgleich für die Einbußen durch die unterbrochenen Handelsbeziehungen zu den Chyurda im Bergreich war. Das Volk zeigte sich allgemein mit diesem Vorhaben einverstanden. Jedenfalls

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