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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Barrieren. Die letzte Nacht war aber die schlimmste seit langem gewesen, vermutlich, weil ich die Rolle des Beobachters aufgegeben und durch Zelerita in das Geschehen eingegriffen hatte. Die Träume zehrten heftig an meinen Kräften - und an meinem Vorrat an Elfenrinde. Ungeduldig schaute ich zu, wie das heiße Wasser die Rinde auslaugte und sich langsam dunkel färbte. Sobald ich den Boden des Bechers nicht mehr sehen konnte, griff ich nach ihm und leerte ihn mit wenigen Schlucken. Das bittere Gebräu wollte mir kaum durch die Kehle rinnen, was mich jedoch nicht daran hinderte, die aufgeweichte Rinde noch einmal mit heißem Wasser zu übergießen.
    Diesen zweiten, schwächeren Aufguss trank ich langsamer, während ich auf der Bettkante saß und aus dem Fenster schaute. Man hatte einen guten Ausblick über die weite Flusslandschaft mit ihren satten Äckern, Feldern und Wiesen. Außerhalb von Poma standen Milchkühe auf umzäunten Weiden. Dahinter sah ich entlang der Straße Rauch aus den Kaminen kleiner Gehöfte aufsteigen. Ich hatte keine Sümpfe mehr zu durchqueren, es war kein offenes, unbesiedeltes Land mehr zwischen Edel und mir. Von nun an musste ich mich wieder daran gewöhnen, ein Mensch unter Menschen zu sein.
    Die Kopfschmerzen waren abgeklungen. Ich zwang mich, den kalten Haferbrei zu essen und die grollenden Proteste meines Magens zu überhören. Das Frühstück war bezahlt, und ich würde jegliche Stärkung brauchen können, bevor dieser Tag zu Ende war. Anschließend schlüpfte ich in meine abgewetzten, nun sauberen Kleider, die der Junge gebracht hatte. Als ich die Füße in meine selbstgefertigten Schuhe steckte, wurde mir aufs Neue bewusst, wie erbärmlich mein Äußeres war. Weil ich so lange keinen Grund gehabt hatte, mir Gedanken darüber zu machen, fiel mir erst jetzt auf, dass ich schäbiger gekleidet war als jeder Bettler am Straßenrand. Kein Wunder, dass meine Erscheinung am gestrigen Abend sowohl Mitleid als auch Abscheu hervorgerufen hatte. Ich hätte das Gleiche für jemanden empfunden, der so heruntergekommen aussah wie ich.
    Bei dem Gedanken, in diesem Aufzug nach unten gehen zu müssen, war mir ziemlich unwohl, doch mir blieb nichts anderes übrig, wenn ich nicht meine warmen Wintersachen anziehen wollte und mir die Seele aus dem Leib schwitzen. Vernünftiger war es, diese Kleider anzubehalten, aber ich schämte mich so, dass ich mich am liebsten ungesehen davongemacht hätte.
    Beim Schnüren meines Bündels sah ich mit Schrecken, wie viel Elfenrinde ich für einen Trunk verbraucht hatte. Ich fühlte mich davon zwar belebt, aber mehr doch nicht. Noch vor einem Jahr wäre ich nach einer solchen Dosis die Wände hinaufgegangen. Aber hatte ich eine andere Wahl? Die Eingebungen ließen mich nicht zur Ruhe kommen, und ich hatte nicht die Zeit hier auszuruhen, bis mein Körper sich erholte, ganz zu schweigen von dem Geld, das es kostete, so lange für Kost und Logis zu bezahlen. Doch als ich mit dem Bündel über der Schulter die Treppe hinunterging, überkam mich eine böse Vorahnung. Brawndy war tot und Bearns in der Hand der Korsaren, mein erbärmlicher Zustand - das war genug an Unglück und Widrigkeiten, und ich nahe daran zu resignieren.
    Welche Möglichkeit hatte ich denn, nüchtern betrachtet, an Edels Mauern und Wachen vorbeizukommen und meinen Plan in die Tat umzusetzen?
    Düstere Gemütszustände, hatte Burrich mir einmal erklärt, gehörten zu den Nachwirkungen von Elfenrinde. Deshalb fühlte ich mich so miserabel. Nur deshalb.
    Ich sagte dem Wirt Lebewohl, und er wünschte mir viel Glück. Draußen stand die Sonne bereits hoch am Himmel, und es schien wieder ein schöner Tag zu werden. Etwas leichteren Herzens machte ich mich endlich auf, Poma zu verlassen und auf der großen Straße nach Fierant zu wandern.
    Am Stadtrand bot sich mir ein bedrückender Anblick - zwei Galgen, und an jedem hing ein Toter. Damit nicht genug, gleich daneben standen ein Schandpfahl und zwei Blöcke. Die Sonne hatte noch keine Zeit gehabt, ihr Holz auszubleichen, dennoch zeigten sie Spuren häufigen Gebrauchs. Ich beeilte mich, die unerfreuliche Stätte hinter mir zu lassen. Dabei musste ich daran denken, wie auch ich fast die Bekanntschaft des Henkers gemacht hätte. Nur das königliche Blut in meinen Adern und das alte Gesetz hatten mich davor bewahrt, dass kein Spross des Königshauses, und sei es auch ein Bastard, durch den Galgen zu Tode gebracht werden dürfe. Ich erinnerte mich auch an Edels

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