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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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kniete neben ihm nieder und schaute ihm aus nächster Nähe ins Gesicht.
    »FitzChivalric«, sagte ich mit besonderer Betonung und hielt seinen Blick so lange fest, bis ich sichergehen konnte, dass er mich verstanden hatte. - »FitzChivalric.« Und zum zweiten Mal in dieser Nacht durchschnitt ich eine Kehle, wobei es hier kaum noch nötig war. Als ich aufstand und die Klinge an meinem Ärmel abwischte, fühlte ich nur zweierlei. Enttäuschung, dass er so schnell gestorben war, und ein Vibrieren wie von einer schwingenden Harfensaite, deren Ton ich eher spürte als hörte.
    Im nächsten Augenblick überwältigte mich eine heftige Woge der Gabenkunst und erfüllte mein Bewusstsein mit Todesangst. Diesmal wusste ich jedoch, was es war und woher es kam, und ich hielt meine Schutzwehren aufrecht. Es war beinahe spürbar, wie die Flut sich teilte und mich umströmte. Doch etwas sagte mir auch, dass selbst dies von irgendjemandem, irgendwo bemerkt und gedeutet wurde. Keine Frage, wer es war. Will prüfte die Form und Stärke meiner Mauern und Wälle. Ganz schwach spürte ich seinen aufwallenden Triumph und war sekundenlang starr vor Entsetzen. Dann schüttelte ich die Lähmung ab, steckte das Messer ein, stand auf und trat, während ich alle Sinne angespannt hielt, auf den noch leeren Flur hinaus. Mir blieb nur wenig Zeit, um ein neues Versteck zu finden. Will war Gast im Bewusstsein des Soldaten gewesen, er hatte das Gemach und mich so deutlich gesehen wie der Sterbende. Ich konnte seinen Gabenruf so laut verspüren, als gäbe er mit Jagdhörnern das Signal zum Beginn der Jagd.
    Während ich lief, wusste ich mit absoluter Sicherheit, dass ich so gut wie tot war. Eine Zeitlang mochte es mir noch gelingen, mich zu verstecken, aber Will hatte nun herausgefunden, dass ich mich innerhalb der Mauern des Schlosses befand. Er brauchte nichts weiter tun, als an jedem Ausgang Wachen zu postieren und mich immer weiter in die Enge zu treiben. Ich hastete den Flur entlang, bog um eine Ecke und stürmte eine Treppe hinauf. Dabei hielt ich meine Schutzwehren eisern aufrecht und bewahrte meinen kümmerlichen Mordplan so sehr im Bewußtsein, als wäre es ein kostbarer Juwel. Im Grunde hatte ich noch das gleiche Ziel: Ich wollte Edels Zimmer finden und es in eine Todesfalle verwandeln. Dann galt es, Edel selbst aufzuspüren. Entdeckten die Wachen mich vorher, nun, dann sollten sie sich auf eine lustige Hatz gefasst machen. Sie konnten mich nicht aus eigener Hand töten. Nicht bei all dem Gift, das ich bei mir hatte. Lieber setzte ich vorher selbst meinem Leben ein Ende. Das war kein großartiger Plan, aber die einzige Alternative dazu wäre gewesen, mich ihnen zu ergeben.
    Also lief ich weiter und wurde in endloser Wiederholung von Türen, Statuen, Blumen und Wandteppichen begleitet. Jede Tür, an der ich rüttelte, war nun verschlossen. Ich bog um die nächste Ecke und fand mich oben an der Treppe wieder, die ich eben heraufgekommen war. Das konnte nicht mit rechten Dingen zugehen. Ich eilte vorbei und vorbei an den immer selben Türen und hörte ein Stockwerk tiefer die wild durcheinander gehenden Rufe der Soldaten, während die Kraft der Gabe in mir züngelte wie eine Schlange.
    Will hatte mein Bewusstsein in der Zwinge und drehte sie immer enger.
    Ich fühlte plötzlich Schwindel und einen Druck hinter den Augen, worauf ich meine geistigen Mauern grimmig verstärkte. Bei einer raschen Kopfdrehung sah ich plötzlich alles doppelt. War das die Wirkung des Rauchkrauts? Ich vertrug die Dämpfe nicht, mit denen Edel sich zu benebeln pflegte. Aber was mich hier im Griff hatte, erschien mir anders als die Überreiztheit von Rauchkraut oder die Gelöstheit, die das Heitergras hervorrief.
    Die Gabe ist in der Hand eines Meisters ein machtvolles Werkzeug. Wie lange hatte Will schon seinen Einfluss auf mich ausgeübt? Hatte er mich hinterrücks in mein Verderben gelockt, indem er mir den Gedanken eingab, mit welcher Taktik ich ihn vorgeblich überrumpeln könne?
    Obwohl meine Angst mich weiter zur Flucht drängte, blieb ich schon an der nächsten Tür stehen und drückte die Klinke nieder. Hier war nicht abgeschlossen. Ich schlüpfte ins Zimmer. Vor mir lagen auf einem Tisch die zugeschnittenen Teile für ein Gewand aus blauem Stoff. Ich kannte dieses Zimmer. Im ersten Augenblick fühlte ich mich erleichtert, dann kamen mir Zweifel. Nein. Das war im Erdgeschoss gewesen, jetzt befand ich mich aber im zweiten Stock. Oder? Ich ging zum Fenster,

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