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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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meisten zu sehen wünschtest.« Er schaute erst Carrod an, dann Burl. »Er besitzt Mauern von einer Höhe und Stärke, wie ihr sie noch nicht kennengelernt habt. Doch selbst eine Mauer, die einem Rammbock standhält, kann durch die sanfte Umgarnung von Efeu überwunden werden.« Er richtete den Blick wieder auf mich. »Du wärst mir ein ebenbürtiger Gegner gewesen, nur hast du mich in deinem Hochmut von Anfang an unterschätzt.«
    Ich hatte noch immer kein Wort gesagt. Schweigend starrte ich sie alle an und schöpfte Kraft aus meinem grenzenlosen Hass, um meine Schutzwehren zu stärken. Alle drei hatten sich seit unserer letzten Begegnung verändert. Burl, früher ein muskulöser Zimmermann, waren die Auswirkungen seines guten Appetits und der fehlenden Bewegung anzusehen. Carrod verblasste hinter der Pracht seiner Gewänder; er war mit Bändern und Schleifen übersät wie ein Apfelbaum im Frühling mit Blüten. Doch Will, der zwischen ihnen in seinem Sessel saß, hatte die größte Veränderung erfahren. Er trug mitternachtsblaue Kleider, die allein schon durch ihre betont schlichte Machart kostbarer wirkten als Carrods üppiger Putz. Sein ganzer Schmuck bestand aus einer Kette, einem Ring und Ohrgeschmeide, die allesamt aus Silber gefertigt waren. Nur eines seiner ehemals so beunruhigend durchdringenden Augen schaute mich an, das andere lag verdorrt und eingesunken in der Tiefe seiner Augenhöhle und glänzte stumpf wie ein toter Fisch in einem schmutzigen Tümpel. Er lächelte, als er meinen Blick bemerkte und wies mit der Hand auf seine blinde Seite.
    »Eine Erinnerung an unsere letzte Begegnung. Was immer es auch gewesen sein mag, das du mir ins Gesicht geworfen hast.«
    »Bedauerlich«, sagte ich und meinte es ernst. »Das Gift hätte Edel töten sollen, nicht dein Auge zerstören.«
    Will stieß einen matten Seufzer aus. »Noch ein Eingeständnis des Hochverrats, als ob wir das noch bräuchten. Nun gut. Diesmal werden wir gründlicher sein. Zuerst nehmen wir uns etwas Zeit, um herauszufinden, auf welche Weise du dem Tod entgangen bist, und dann kommt es darauf an, wie lange König Edel seinen Spaß an dir findet. Anders als in Bocksburg gibt es in unserem Fierant keinen Grund zur Eile, und keine prinzipientreuen Hinterwäldler zwingen uns zu falscher Rücksichtnahme.« Er gab den Männern hinter mir ein Zeichen.
    Ich lächelte ihn an, als ich das Messer hob und mir die vergiftete Klinge über den linken Arm zog. Es war keine tiefe Wunde, aber tief genug, damit das Gift von dem Stahl in mein Blut gelangte. Will schnellte in die Höhe, und Carrod und Burl schnitten entsetzte und angewiderte Grimassen. Ich wechselte das Messer in die linke Hand und zog mit der rechten mein Schwert.
    »Ich sterbe hier und jetzt«, erklärte ich ihnen. »Wahrscheinlich sogar sehr schnell. Ich habe also keine Zeit zu vergeuden und nichts mehr zu verlieren.«
    Doch Will hatte Recht gehabt: Ich hatte ihn schon immer unterschätzt, was ein schwerer Fehler war. Wie von Zauberhand sah ich mich auf einmal statt des Zirkels den sechs Männern mit blanken Schwertern gegenüber. Von eigener Hand sterben, wenn es keinen Ausweg mehr gab, das war Teil meines Plans gewesen, aber ich dachte nicht daran, mich vor den Augen derer, an denen ich hatte Rache nehmen wollen, in Stücke hauen zu lassen. Ich wirbelte herum, doch plötzlich war mir, als würde sich statt meiner der Raum drehen. Benommen hob ich den Blick und stand wieder vor den sechs Bewaffneten. Ein zweites Mal drehte ich mich herum und durchlebte erneut diesen Augenblick haltlosen Taumelns. Der dünne rote Strich an meinem Arm begann zu brennen. Die Gelegenheit zur Rache war vertan. Sie zerrann, während das Gift sich mit dem Blut in meinen Adern mischte.
    Die Soldaten kamen näher. In einem Halbkreis trieben sie mich ohne Eile wie ein verirrtes Schaf in die Enge. Ich wich zurück. Bei einem kurzen Blick über die Schulter sah ich die drei Überlebenden von Galens Zirkel hinter mir stehen. Wills Gesicht zeigte sich verärgert. Ich war nicht nur mit dem hochfliegenden und aussichtslosen Plan hierhergekommen, Edel zu töten, sondern mir war es gerade eben auch noch gelungen, seine Handlanger mit meinem Selbstmord zu übertölpeln.
    Selbstmord? Irgendwo tief in mir zeigte Veritas sich erschüttert.
    Besser als die Folter . Zwischen uns strömte bei diesem kurzen Gedankenaustausch weniger als ein Hauch der Gabe, doch ich schwöre, ich fühlte Will bereits die Witterung aufnehmen.
    Junge,

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