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Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Korsaren. Die Reaktion auf seine Rede war mäßig und entsprach in keiner Weise dem, was er sich erhofft hatte. Ich glaube, die Menschen wollten einfach nicht an die Gefahr erinnert werden, sondern sich in der trügerischen Sicherheit des Winters verkriechen und so tun, als brächte allein schon ein neuer Frühling keinen einzigen Roten Korsaren mehr zurück. Doch Veritas ließ nicht zu, dass sie die Augen vor der Wirklichkeit verschlossen. Die Schiffe wurden an jenem Tag feierlich zu Wasser gelassen, und die Ausbildung der Besatzungen begann.
     
    Nachtauge und ich gingen am frühen Nachmittag auf die Jagd. Er murrte und sagte, es wäre eine alberne Tageszeit, um zu jagen, und weshalb ich die Stunden der Morgendämmerung damit vergeudet hätte, mich mit meiner Gefährtin zu balgen. Ich erklärte ihm, das wäre nun einmal so und würde auch so bleiben, die nächsten Tage und möglicherweise noch viel länger. Er war nicht erfreut darüber. Ich für meinen Teil ebenfalls nicht. Es störte mich, dass er so genau wusste, wie ich meine Stunden verbrachte, selbst wenn ich von seiner Anwesenheit in meinem Kopf nichts ahnte. Hatte Veritas ihn schon bemerkt?
    Er lachte mich aus. Es ist manchmal schwer genug, dich auf mich aufmerksam zu machen. Soll ich deine Sperren überwinden und dann auch noch nach ihm rufen?
    Unsere Jagdausbeute war gering. Zwei Kaninchen, die beide nicht besonders fett waren. Ich versprach, ihm am nächsten Morgen dazu noch etwas Küchenabfälle zu bringen. Noch weniger Erfolg als bei der Jagd hatte ich allerdings mit meinen Versuchen, ihm begreiflich zu machen, dass ich zu gewissen Zeiten ungestört bleiben wollte. Er konnte nicht begreifen, weshalb ich die Paarung in eine andere Kategorie einordnete als die übrigen Rudelaktivitäten wie die Jagd oder das Rudelgeheul. Paarung versprach Nachwuchs, und Nachwuchs war die Angelegenheit des ganzen Rudels. Worte vermögen die Schwierigkeiten dieses stummen Widerstreits nicht darzustellen. Wir kommunizierten durch Bilder, Gedanken, und dabei lässt sich kaum Diskretion wahren. Seine Offenheit war entsetzlich. Er versicherte mir, dass er mein Vergnügen an meiner Gefährtin und der Paarung teilte. Ich bat ihn, sich fernzuhalten, was bei ihm wiederum auf Unverständnis stieß. Schließlich überließ ich ihn seinen Kaninchen. Er schien es mir übelzunehmen, dass ich von dem Fleisch nichts abhaben wollte. Der Kompromiss, auf den wir uns hatten einigen können, sah so aus, dass ich mir bei meinen Treffen mit Molly seiner Anwesenheit nicht bewusst sein wollte. Nicht unbedingt das, was ich mir erhofft hätte, doch weiter reichte sein Verständnis nicht. Dass ich hin und wieder das Bedürfnis haben könnte, meine Bindung zu ihm vollständig zu unterbrechen, überstieg sein Vorstellungsvermögen. Es ergab keinen Sinn, argumentierte er. Es widersprach dem Prinzip der Rudelgemeinschaft. Als ich ihn verließ, fragte ich mich, ob ich je wieder einen Augenblick ganz und gar für mich allein haben würde. Ich kehrte zur Burg zurück und ging sogleich auf mein Zimmer. wenigstens für eine kurze Atempause sehnte ich mich nach einem Ort, wo ich die Tür hinter mir zumachen und ungestört sein konnte. Rein äußerlich zumindest. Wie um meinen Wunsch nach Ruhe und Frieden zu verstärken, wimmelte es in den Fluren und auf den Treppen von geschäftigen Menschen. Diener fegten alte Binsen zusammen und streuten frische aus, neue Kerzen wurden aufgesteckt und überall Girlanden und Sträuße aus immergrünen Zweigen aufgehängt. Das Winterfest nahte. Doch meine Stimmung war nicht danach.
    Endlich hatte ich mein Zimmer erreicht, schlüpfte hinein und drückte die Tür hinter mir zu.
    »Schon wieder zurück?« Der Narr blickte zu mir auf. Er saß vor dem Kamin in einem Halbkreis von Schrift rollen, die er nach bestimmten Gesichtspunkten zu sortieren schien.
    Erst starrte ich ihn wortlos an, dann musste ich meinem Ärger Luft machen. »Warum hast du mir nie gesagt, wie schlecht es um die Gesundheit des Königs bestellt ist?«
    Er betrachtete nachdenklich eine weitere Schriftrolle und legte sie schließlich auf einen Stapel zu seiner Rechten. »Aber das habe ich. Gegenfrage: Warum hast du nicht längst davon gewusst?«
    Das versetzte mir einen Stich. »Ich gebe zu, ich habe ihn in letzter Zeit nicht mehr regelmäßig besucht, aber …«
    »Kein Wort von mir hätte den gleichen Eindruck gemacht wie der eigene Augenschein. Und ist dir einmal der Gedanke gekommen, wie es dort ausgesehen

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