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Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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gewesen. Und Euch ein unwürdiger Gemahl. Als Ihr herkamt, brachte ich keine Geduld auf für Eure Philosophie, die den Herrscher als einen Diener des Volkes sieht. Ich hielt es für die idealistischen Vorstellungen eines jungen Mädchens. Doch Ihr hattet Recht. Wir haben hier kein Wort dafür, aber der Gedanke ist derselbe. Ich habe es von meinen Eltern gelernt, das Wohl der Sechs Provinzen stets über mein eigenes zu stellen. Lange war ich überzeugt, ganz danach zu handeln, aber nun sehe ich, dass es immer andere waren, die statt meiner hinausgehen mussten. Ich habe von der Gabe Gebrauch gemacht, das ist richtig, und Ihr wisst, was es mich gekostet hat, aber es waren letztlich Seeleute und Soldaten, die hinausgeschickt wurden, um ihr Leben für die Sechs Provinzen zu geben. Mein eigener Neffe tut die schmutzige und blutige Arbeit für mich. Und trotz all der Mühen und Opfer ist unsere Küste immer noch nicht sicher. Nun stehe ich vor dieser letzten Chance, dieser schweren Aufgabe. Soll ich nun wiederum zurückstehen und stattdessen meine Königin aussenden, um voranzubringen, was eigentlich meines Amtes wäre?«
    »Vielleicht.« Kettrickens Stimme schwankte. Sie hielt den Blick in die Flammen gerichtet, als sie leise bemerkte: »Und wenn wir zusammen gingen?«
    Veritas überlegte. Er zog es wirklich in Erwägung, und Kettricken merkte, dass er ihren Vorschlag ernst nahm. Ein Lächeln breitete sich auf ihrem ganzen Gesicht aus, das je doch gleich erlosch, als er Bedächtig den Kopf schüttelte. »Ich wage es nicht«, sagte er traurig. »Jemand muss hierbleiben. Jemand, dem ich vertraue. König Listenreich ist … um die Gesundheit meines Vaters steht es nicht zum Besten. Ich habe Angst um ihn. In Bocksburg muss jemand sein, der die Regierungsgeschäfte übernimmt, sollte es zum Äußersten kommen.«
    Sie schaute zur Seite. »Ich würde lieber mit Euch gehen.«
    Ich wandte den Blick ab, als er ihr Kinn umfasste und sie mit sanfter Gewalt zwang ihn anzusehen. »Ich weiß. Das ist das Opfer, welches dir abverlangt wird. Zu bleiben, wenn du lieber gehen würdest. Allein zu sein, wie bisher schon und viel zu lange. Zum Wohl der Sechs Provinzen.«
    Etwas in ihrem Innern schien zu zerbrechen. Ihre Schultern sanken herab und sie neigte den Kopf. Als Veritas sie in seine Arme zog, stand ich leise auf und ging mit Rosemarie hinaus.
    Später saß ich in meinem Zimmer über den Schriftrollen und -tafeln, deren Studium ich viel zu lange hinausgezögert hatte, als der Page wieder an meine Tür klopfte. »Ihr seid in des Königs Gemächer befohlen, in der Stunde nach der Abendmahlzeit«, lautete seine Botschaft. Mir wurde elend. Zwei Wochen waren seit meinem letzten Besuch vergangen, und ich hatte nicht schon wieder den Wunsch, dem König gegenüberzutreten. Wenn er mich zu sich rufen ließ, um mir zu Befehlen, ich solle um Zeleritas Hand anhalten, so wusste ich nicht, was ich tun oder sagen sollte. Ich hatte Angst, die Beherrschung zu verlieren. Entschlossen breitete ich eine der Schriftrollen auf dem Tisch aus und versuchte, mich darin zu vertiefen, doch es zwar zwecklos. Ich sah in Gedanken nur Molly.
    In den kurzen Nachtstunden, die uns seit dem Tag am Strand vergönnt gewesen waren, hatte Molly kein weiteres Mal die Rede auf Zelerita gebracht. Im Grunde genommen war mir das eine Erleichterung, hätte sie nicht gleichzeitig aufgehört, mich mit all den Dingen zu necken, die sie von mir verlangen würde, wenn ich nach Recht und Brauch ihr Gemahl war, und damit, wie viel Kinder sie sich von mir wünschte. Ohne viel Aufhebens hatte sie die Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft begraben. Wenn ich darüber nachdachte, brachte es mich schier um den Verstand. Sie machte mir keine Vorwürfe, da sie wusste, dass ich nicht Herr meines eigenen Schicksals war. Sie fragte nicht einmal nach, was denn nun aus uns werden solle. Wie Nachtauge schien sie ausschließlich in der Gegenwart zu leben. Jeden Momente der Nähe, den wir teilten, nahm sie als einzigartig hin und fragte nicht, ob es weitere Augenblicke geben würde. Was ich von ihr spürte, war nicht Verzweiflung, sondern Selbstbeschränkung: eine feste Entschlossenheit, uns von dem missgünstigen Morgen nicht nehmen zu lassen, was uns das Heute bot. Ich hatte die Hingabe eines solch treuen Herzens nicht verdient.
    Wenn ich schlummernd neben ihr im Bett lag, warm und geborgen im Duft ihres Körpers und ihrer Kräuter, war es ganz allein ihre Kraft, die unsere Liebe beschützte. Sie

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