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Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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konnte fühlen, wie er schwächlich von der Gabe Gebrauch machte. Sein Bewusstsein tastete nach meinem wie alte Hände auf der Suche nach einem Halt. Ich hatte angenommen, er wäre schon seit Jahren nicht mehr fähig dazu, die Gabe zu nutzen, weil er sie verbraucht hatte. Veritas hatte mir ein mal erwähnt, Listenreich bediente sich nur noch selten seiner Fähigkeit, aber für mich hatte er dies nur aus Loyalität zu seinem greisen Vater gesagt. Jetzt aber zupfte die geisterhafte Gabe an meinen Gedanken wie ungeübte Finger an den Saiten einer Harfe. Ich spürte, wie Nachtauges Nackenhaare sich bei diesem neuen Eindringling sträubten. Still, warnte ich ihn.
    Ich hielt den Atem an, als mir plötzlich eine Idee kam. Ob sie wohl von Veritas inspiriert war? Ich schob alle Bedenken zur Seite und sagte mir, dass es das war, was ich meinem König vor so langer Zeit gelobt hatte. Loyalität in allen Dingen. »Majestät?«, bat ich um seine Erlaubnis, während ich mit meinem Hocker dichter an seinen Lehnstuhl heranrückte. Ich griff nach seiner welken Hand.
    Es war wie ein Sprung in einem reißenden Strom. »Ah, Veritas, mein Junge, da bist du.«
    Für den Bruchteil einer Sekunde erblickte ich Veritas, wie König Listenreich ihn immer noch sah. Ein pummeliger Knabe von acht oder neun Jahren, der mehr freundlich als klug war und nicht das Format seines älteren Bruders Chivalric hatte. Aber dafür ein brauchbarer und liebenswerter Prinz war, ein ausgezeichneter zweiter Sohn, nicht zu ehrgeizig oder kritisch. Dann, als hätte ich einen letzten Halt verloren, trieb ich hilflos in den schwarzen, brausenden Fluten der Gabe. Es war verwirrend, plötzlich durch Listenreichs Augen zu sehen. Die Ränder seines Gesichtsfelds waren getrübt. Ich sah Veritas, der sich mühsam einen Weg durch hohen Schnee bahnte. Was ist das? Fitz? Dann wurde ich fortgeschwemmt in den Feuerofen von Königs Listenreichs Qualen, über die Grenze hinaus, wo die Essenzen und das Rauchkraut ihn Betäubten. Es war ein langsam sich ausdehnender Schmerz, der entlang seiner Wirbelsäule und in seinem Kopf verlief und wie ein grausamer Dämon wütete, der niemals seinen Griff lockerte. Er hatte nur die fragwürdige Wahl, von den höllischen Schmerzen verzehrt zu werden, die ihm nicht erlaubten, klar zu denken, oder seinen Körper und Geist mit Drogen dagegen unempfindlich zu machen und sich dahinter zu verbergen. Doch hinter den Schleiern der geistigen Umnachtung lebte noch ein König und wütete gegen seine Beschränkungen. Der Geist war noch da und rang mit dem Fleisch, das ihm nicht mehr gehorchte, und mit dem Schmerz, der die letzten Jahre seines Daseins vergiftete. Ich schwöre, ich sah ihn als einen jungen Mann, vielleicht ein Jahr älter als ich. Sein Haar war so buschig und störrisch wie das von Veritas, seine Augen blitzten, und einst rührten die einzigen Falten in seinem Gesicht nur von seinem breiten Grinsen her. In seiner Seele war dieser junge Mann noch gegenwärtig, aber gefangen und verzweifelt. Er packte mich und fragte wild: »Gibt es einen Weg hinaus?« Sein Griff zog mich mit in die Tiefe.
    Dann, wie bei zwei zusammenströmenden Flüssen, prallte eine andere Macht gegen mich und zog mich in einen Strudel. Junge! Du darfst dich nicht verlieren. Es war, als ob starke Hände mich stützten und mich als eigenen Strang in das Geflecht unserer Dreieinigkeit einfügte. Vater, ich bin hier. Bist du in Not?
    Nein. Nein. Es hat sich nichts Wesentliches verändert. Aber, Veritas …
    Ja. Ich höre dich.
    Bearns ist nicht länger loyal. Brawndy gewährt Roten Schiffen Unterschlupf im Austausch dafür, dass seine Küste vor Überfällen verschont bleibt. Er hat sich gegen uns gewendet. Wenn du zurückkehrst, musst du …
    Der Gedanke schweifte ab und verlor an Kraft.
    Vater? Woher diese Nachrichten? Ich spürte Veritas’ plötzliche Erregung. Wenn es stimmte, was Listenreich behauptete, konnte Bocksburg nicht hoffen, den Winter zu überstehen.
    Edel hat Spione. Sie bringen ihm Informationen, und er kommt damit zu mir. Dies muss aber vorläufig ein Geheimnis bleiben, bis wir stark genug sind, um gegen Brawndy loszuschlagen. Oder bis wir uns entscheiden, ihn seinen Freunden von den Roten Schiffen ans Messer zu liefern. Ja. Das ist Edels Plan. Die Korsaren von unserer Provinz fernzuhalten, damit sie sich an Brawndy schadlos halten und uns die Mühe abnehmen, ihn abzustrafen. Brawndy hat uns sogar einen falschen Hilferuf ausgesandt, um unser Kriegsschiff ins

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