Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote
Verderben zu locken.
Ist das wirklich wahr?
Alle Spione Edels bestätigen es. Und ich fürchte, wir können deiner fremdländischen Gemahlin nicht mehr vertrauen. Edel hat beobachtet, wie sie Brawndy während seines Aufenthalts große Aufmerksamkeit gewidmet hat und Gelegenheit zu schaffen wusste, um insgeheim mit ihm zu reden. Er fürchtet, dass sie sich mit unseren Feinden gegen uns verschworen hat.
DAS IST NICHT WAHR! Die Gewalt seines Protests durchdrang mich förmlich wie ein Schwertstoß. Für einen Augenblick verlor ich wieder das Bewusstsein meiner selbst, versank, verging im Strom der Gabe. Veritas spürte es und gab mir wieder Halt. Wir müssen auf den Jungen Rücksicht nehmen. Er ist nicht stark genug, um uns beiden als Mittler zu dienen. Vater, ich bitte dich, hab Vertrauen zu meiner Königin. Ich weiß, sie ist nicht falsch. Und sei misstrauisch gegenüber dem, was Edels Spione melden. Lass sie von deinen eigenen Spionen überprüfen, bevor du auf ihre Berichte hin etwas unternimmst. Berate dich mit Chade. Versprich mir das.
Ich bin kein Idiot, Veritas. Ich weiß, was ich tun muss, um meinen Thron zu bewahren.
Gut. Dann ist es gut. Sorge dafür, dass man sich um den Jungen kümmert. Er ist hierfür nicht ausgebildet.
In diesem Moment riss jemand meine Hand zurück wie von einem glühenden Ofen. Ich sank auf Knien nach vorn, bis meine Stirn sie Berührte, während die Welt sich um mich im Kreis drehte. Neben mir konnte ich König Listenreich nach Atem ringen hören, als wäre er zu weit und zu schnell gelaufen. Der Narr drückte mir ein Glas Wein in die Hand, dann bemühte er sich weiter, dem König kleine Schlucke einzuflößen. Zu allem Überfluss ertönte plötzlich eine Stimme: »Was ist mit dem König?«
»Es geht ihnen beiden schlecht!« Angst verlieh der Stimme des Narren einen schneidenden Klang. »Sie haben sich ganz ruhig unterhalten, und dann plötzlich das! Nimm die verdammten Räuchergefäße weg! Ich fürchte, das hat sie beide umgebracht!«
»Schweig, törichter Narr! Verleumde nicht meine ärztliche Kunst!« Aber ich hörte die besorgte Eile in Wallaces Schritten, als er durchs Zimmer ging, die brennenden Dochte in jedem Gefäß ausdrückte oder Messinghauben darüberstülpte. Gleich darauf wurden die Fenster aufgerissen. Die frostklare Nachtluft belebte mich. Ich fand wieder die Kraft, mich aufzurichten und einen Schluck Wein zu trinken. Nach und nach kehrte ich in die Wirklichkeit zurück, aber trotzdem hatte ich mich noch zu keiner Bewegung aufraffen können, als Edel hereingestürmt kam und wissen wollte, was passiert war. Er richtete die Frage an mich, weil der Narr Wallace gerade dabei half, den König zu Bett zu bringen.
Ich schüttelte nur stumm den Kopf, und meine Benommenheit war keineswegs gespielt.
Ungeduldig wandte er sich ab. »Wie geht es dem König? Wird er sich erholen?«, rief er Wallace zu.
Wallace kam sofort herbeigeeilt, um seinem Herrn und Meister Bericht zu erstatten. »Er scheint kräftiger zu werden, mein Prinz. Ich weiß nicht, was über ihn gekommen ist. Er saß ganz ruhig in seinem Sessel, und doch ist er so er schöpft, als hätte er eine große körperliche Anstrengung hinter sich. Derartige Aufregungen sind seiner Gesundheit abträglich, Hoheit.«
Edel musterte mich argwöhnisch. »Was hast du meinem Vater angetan?«, grollte er.
»Ich? Nichts.« Das wenigstens entsprach der Wahrheit. Was immer sich ereignet hatte, es war eindeutig vom König und von Veritas ausgegangen. »Wir haben uns unterhalten. Plötzlich wurde mir schwindelig wie vor einer Ohnmacht.« Ich schaute Wallace an. »Könnte es das Rauchkraut gewesen sein?«
»Vielleicht«, gab er unglücklich zu und duckte sich unter Edels immer finsterer werdendem Blick. »Nun, es kommt mir vor, als müsste ich jeden Tag mehr nehmen, damit es überhaupt noch wirkt, und trotzdem klagt er, dass …«
»SCHWEIG!«, fuhr Edel ihn an. Er zeigte auf mich wie auf ein Stück Unrat. »Schaff ihn hinaus. Dann komm wieder zurück und kümmere dich um den König.«
In diesem Moment stöhnte Listenreich im Schlaf, und ich spürte erneut die federleichte Berührung seiner Gabe.
»Nein. Wallace, du siehst nach dem König. Narr, du sorgst dafür, dass der Bastard verschwindet. Und dass es kein Gerede unter der Dienerschaft gibt. Beeil dich. Meinem Vater geht es nicht gut.«
Ich hatte geglaubt, ich könnte mich aus eigener Kraft erheben und gehen, stellte jedoch fest, dass ich mir von dem Narren helfen
Weitere Kostenlose Bücher