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Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Narr stellte das Tablett, das er trug, auf den Boden und trat näher. »Was hat das zu bedeuten?«
    »Er hat Justin angegriffen«, schluchzte Serene.
    Der Narr machte ein ungläubiges Gesicht. »Er? Er sieht eher so aus, als könnte er es nicht einmal mit einem Kissen aufnehmen. Nur dich habe ich mit eigenen Augen diesen bedauernswerten Jungen misshandeln sehen.«
    Serene ließ Justins Kragen los, und er sank wie ein nasser Sack vor ihren Füßen zu Boden. Der Narr blickte mitleidig auf ihn nieder.
    »Armer Bursche. Hat sie versucht, dir Gewalt anzutun?«
    »Sei nicht albern!« Serene war außer sich. »Er ist es gewesen!« Sie zeigte auf mich.
    Der Narr schaute mich nachdenklich an. »Das ist eine schwere Anschuldigung. Sag die Wahrheit, Bastard. Hat sie wirklich versucht, dich zu bedrängen?«
    »Nein.« Meine Stimme hörte sich so an, wie ich mich fühlte - krank, erschöpft, kraftlos. »Ich habe geschlafen. Sie sind heimlich in mein Zimmer gekommen. Dann …« Ich runzelte die Brauen, als forschte ich nach einer abhanden gekommenen Erinnerung. »Ich glaube, ich habe heute Nacht zu viel Rauchkraut genossen.«
    »Da stimme ich zu!« Im Ton moralischer Entrüstung. »Ein derart ungehöriger Auftritt ist mir noch nie untergekommen!« Der Narr wirbelte zu den beiden Zuschauerinnen auf dem Korridor herum. »Eine Schande für ganz Bocksburg, wenn sich herumsprechen sollte, dass sich unsere Gabenkundigen der Unzucht ergeben. Kein Wort davon, hört ihr? Zu niemandem!« Er wandte sich wieder Serene und Justin zu. Galens beste Schülerin war feuerrot angelaufen, ihr Mund stand weit offen. Justin war zu sich gekommen. Er saß auf dem Boden, sein Oberkörper pendelte hin und her, und er klammerte sich an ihre Röcke wie ein Kleinkind, das zum ersten Mal aufzustehen versucht.
    »Mich gelüstet es nicht nach diesem Mann«, sagte Serene kalt. »Und ich habe ihn auch nicht angegriffen.«
    »Nun, was immer es ist, das Ihr tut, Ihr tut es besser in Euren eigenen Gemächern!« Der Ton des Narren ließ keinen Zweifel daran, dass er mit dieser unerquicklichen Angelegenheit nichts mehr zu schaffen haben wollte. Ohne sie noch eines Blickes zu würdigen, bückte er sich, hob das Tablett auf und setzte seinen Weg den Gang hinunter fort. Als ich so den Elfenrindentee entschwinden sah, musste ich verzweifelt aufstöhnen. Serene fuhr zu mir herum, ihr Gesicht war zu einer hasserfüllten Grimasse verzerrt.
    »Ich werde dieser Sache auf den Grund gehen!«, fauchte sie mich an.
    Ich holte tief Atem. »Aber bitte in Euren eigenen Gemächern.« Es gelang mir, eine Hand zu heben und auf die offene Tür zu deuten. Sie stürmte hinaus, worauf Justin ihr mit weichen Knien folgte. Die Magd und das Kind wichen voller Abscheu zur Seite, um sie vorbeizulassen. Natürlich hatte keiner den Anstand besessen, die Tür hinter sich zu schließen. Es erforderte eine ungeheure Anstrengung, vom Bett aufzustehen und die paar Schritte zu gehen, um sie zuzumachen. Mein Kopf fühlte sich an, als balancierte ich einen Fremdkörper auf meinen Schultern. Nachdem das Werk vollbracht war, machte ich mir gar nicht erst die Mühe, mich wieder in mein Bett zu legen, sondern rutschte einfach mit dem Rücken an der Wand hinunter und blieb auf dem Boden sitzen. Ich fühlte mich am Ende meiner Kräfte.
    Bruder, stirbst du?
    Nein. Aber ich habe Schmerzen.
    Ruh dich aus. Ich werde dich beschützen.
    Was dann geschah, kann ich nicht erklären. Ich ließ etwas los, etwas, woran ich mich mein ganzes Leben lang geklammert hatte, ohne mir dessen bewusst zu sein. Willig sank ich in eine weiche, warme Dunkelheit hinein, während ein Wolf mit meinen Augen wachte.

KAPITEL 22
BURRICH
    P rinzessin Philia, Gemahlin des Kronprinzen Chivalric, stammte ursprünglich aus dem Binnenland. Ihre Eltern, Lord Eichental und Lady Revera, gehörten dem niederen Adel an. Dass ihre Tochter so weit aufsteigen würde, einen Prinzen von königlichem Geblüt zu heiraten, muss für sie unfassbar gewesen sein, besonders in Anbetracht des flatterhaften, um nicht zu sagen wunderlichen Charakters ihrer Tochter. Chivalrics unbeirrbarer Wunsch, Philia zur Gemahlin zu nehmen, führte zu einem ersten Zerwürfnis mit seinem Vater, König Listenreich, denn durch die Heirat mit ihr gewann er weder wertvolle Verbündete noch politische Vorteile, sondern nur eine im höchsten Maße exzentrische Frau, deren große Liebe zu ihrem Gatten sie nicht da ran hinderte, freiheraus unpopuläre Meinungen zu äußern. Es änderte sich

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