Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote
sagte er, sanft wie zu einem Kind. »FitzChivalric ist gekommen, mit einer wichtigen Nachricht für Euch. Wollt Ihr erwachen und ihn anhören?«
Erst schien es, als hätten den König die Worte nicht erreicht. »Euer Majestät?«, wiederholte der Narr. Er Befeuchtete ein Tuch mit kaltem Wasser und betupfte damit das Gesicht des Kranken. »König Listenreich?«
»Mein König, Euer Volk ist in Not!« Die Worte stürzten mir nur so von den Lippen. »Guthaven wird von den Korsaren belagert. Sie sind mit fünf Roten Schiffe gekommen. Wir müssen auf der Stelle Truppen dorthin entsenden oder alles ist verloren. Denn wenn sie dort erst einen Stützpunkt haben …«
»… können sie unseren Hafen sperren.« Während er sprach, hob der König matt die Lider. Er bewegte sich nicht und sein Gesicht war eine starre Maske des Schmerzes. »Narr, einen Schluck von dem roten Wein.« Seine Stimme war leise, kaum mehr als ein Hauch, aber es war die Stimme meines Königs. Mir war zumute wie einem alten treuen Hund, der nach langer Abwesenheit seines Herrn wieder dessen Stimme sprechen hörte.
»Was sollen wir tun?«, fragte ich erwartungsvoll.
»Alles, was wir an Schiffen haben, soll auslaufen, auch von den Fischerbooten so viele wie möglich. Wir kämpfen um unser Leben! Wie können sie es wagen, uns so nahe zu kommen, woher nehmen sie diese Kühnheit!? Und dann sendet unsere Berittenen aus! Macht die Pferde noch heute Nacht bereit! In einer Stunde sollten sie aufbruchbereit sein. Auch wenn sie über Land zwei Tage brauchen, können sie doch noch von Nutzen sein. Keen soll den Befehl übernehmen.«
Mein Herz zog sich zusammen. »Euer Majestät«, warf ich respektvoll ein, »Keen ist tot. Er war mit Burrich auf dem Rückweg aus den Bergen und wurde während eines Angriffs aus dem Hinterhalt getötet.«
Der Narr warf mir einen tadelnden Blick zu, und so fort bereute ich meine Unbedachtheit. Die Stimme des Königs verlor ihren Befehlston. Unsicher fragte er nach: »Keen ist tot?«
Ich holte tief Luft. »Ja, Euer Majestät. Aber wir haben Krapp. Und auch Kerf ist ein guter Mann.«
Der König nahm einen Schluck von dem Wein, den der Narr ihm brachte, und schien neue Kraft zu schöpfen. »Kerf. Dann soll Kerf das Kommando haben.« Das vorherige Selbstvertrauen kehrte wieder ansatzweise zurück. Ich biss mir auf die Zunge, um nicht zu sagen, dass unsere Reiterei kaum noch diese Bezeichnung verdiente. Doch in Guthaven würde man wahrscheinlich auch für symbolische Unterstützung dankbar sein.
König Listenreich dachte nach. »Was meldet Südbay? Haben sie Truppen und Schiffe ausgesandt?«
»Von dort haben wir noch nichts gehört, Majestät.« Und das war keine Lüge.
»Was hat das zu bedeuten?« Seine Stimme kündigte ihn früh an - Edel betrat offenbar genauso angetrunken wie entrüstet das Schlafgemach,. »Wallace!« Mit dem Ruf nach seinem Handlanger deutete er mit einem anklagenden Zeigefinger auf mich. »Schafft ihn hinaus! Nimm dir falls nötig Helfer. Du brauchst keinerlei Rücksicht walten zu lassen.«
Wallace brauchte nicht lange zu suchen. Zwei von Edels muskelbepackten Leibwächtern hatten ihn begleitet, griffen mich links und rechts an den Armen und hoben mich hoch. Ich schaute mich nach einem Verbündeten um, nach dem Narren, doch er schien sich in Luft aufgelöst zu haben. Aus den Augenwinkeln sah ich eine weiße Hand unter des Königs Bett verschwinden und wandte entschlossen den Blick ab. Er konnte nichts für mich tun, höchstens sich mit mir zusammen hinauswerfen zu lassen.
»Herr Vater, hat er Euch mit seinen Lügengeschichten aus dem Schlaf gerissen? Wo Ihr doch so krank seid.« Edel beugte sich fürsorglich über das Bett.
Seine Handlanger hatten mich fast bis zur Tür getragen, als die schwache, aber befehlsgewohnte Stimme des Königs sie einholte. »Bleibt stehen«, befahl er. Nur seine Augen bewegten sich, als er den Blick auf Edel richtete. »Guthaven wird belagert. Wir müssen Hilfe senden.«
Edel schüttelte bekümmert den Kopf. »Das ist nur wieder eine von den Machenschaften des Bastards, um Euch zu erschrecken und Euch die Ruhe zu rauben, deren Ihr so dringend bedürft. Es hat weder einen Hilferuf gegeben noch eine Nachricht von feindlichen Übergriffen.«
Einer der Leibwächter begnügte sich damit, seine Arbeit mit leidenschaftsloser Gründlichkeit zu tun, sein Kamerad hingegen schien es da rauf abgesehen zu haben, mir die Schulter auszukugeln, obwohl ich mich keinesfalls gegen seinen Griff
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