Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote
geschehen.
Burrich half Kettricken, die von ihren aufgeregten Hofdamen empfangen wurde, vom Pferd zu steigen. Mit einem Auge registrierte ich den eifersüchtigen Ausdruck auf Fuchsrots Gesicht, als die Hofdamen Kettricken in ihre Obhut nahmen, ihr gegenüber sorgenvoll ihr Bedauern und Mitgefühl äußerten und die Königin dann in den Palas führten. Fuchsrot war nur eine Soldatin, die einen Eid abgelegt hatte, ihrer Königin mit der Waffe und unter Einsatz ihres Lebens zu dienen und sie zu beschützen. Ihr Platz war woanders. Kettricken gehörte also vorläufig wieder ihren Hofdamen, doch ich wusste, Burrich würde heute nicht allein vor Kettrickens Tür Wache halten.
Die besorgten Kommentare darüber, wie blass und erschöpft sie aussah, ›das arme Kind‹, genügten mir zur Bestätigung, dass das Gerücht über ihre Schwangerschaft sich inzwischen ausgebreitet hatte. Ich fragte mich natürlich, ob es Edel schon zu Ohren gekommen war. Aus Erfahrung wusste ich, dass mancher Klatsch erst ausschließlich unter den Frauen kursierte, bis er dann zum Allgemeingut wurde. Plötzlich lag mir sehr da ran, zu erfahren, ob Edel wusste, dass Kettricken den Erben des Throns unter dem Herzen trug. Ich überließ Flink Rußflockes Zügel, dankte ihm und versprach, ihm später genau Bericht zu erstatten, doch als ich gerade weggehen wollte, fiel Burrichs Hand auf meine Schulter.
»Auf ein Wort. Jetzt gleich.«
Manchmal behandelte er mich fast, als wäre ich ein Prinz, ein anderes Mal wie den niedrigsten seiner Stallburschen. Was er da gesagt hatte, klang dabei nicht gerade nach einer Bitte. Mit einem schiefen Grinsen gab Flink mir die Zügel wieder und verschwand, um anderweitig nach dem Rechten zu sehen. Ich folgte Burrich, als er Rötel in den Stall führte. Er brauchte nicht erst sein Glück zu bemühen, um eine leere Box in der Nähe von Rußflockes Stand zu finden, es gab reichlich davon. Wir machten uns daran, unseren Tieren die Pflege angedeihen zu lassen, die sie sich verdient hatten. Das Altvertraute dieser Tätigkeit, ein Pferd zu versorgen, während Burrich nebenan das Gleiche tat, hatte für mich etwas Tröstliches. In unserem Teil der Stallungen ging es ruhig zu, doch Burrich wartete so lange, bis weit und breit niemand mehr zu sehen war, bevor er fragte: »Ist es wahr?«
»Mit Bestimmtheit weiß ich es nicht. Meine Verbindung zu ihm ist unterbrochen. Sie war schon ziemlich schwach, bevor wir nach Guthaven geritten sind, und während eines Kampfes fällt es mir immer schwer, sie aufrecht zu erhalten. Er sagt, ich errichte so starke Mauern, um mich abzuschirmen, dass ich ihn ausschließe.«
»Davon verstehe ich nichts, aber ich wusste von diesem Problem. Bist du sicher, dass du ihn da verloren hast?«
Ich erzählte ihm von dem vagen Kontakt zu Veritas während der Schlacht und der Möglichkeit, dass er zum selben Zeitpunkt angegriffen wurde. Burrich nickte ungeduldig.
»Aber kannst du nicht jetzt deine Sinne zu ihm hin lenken, in aller Ruhe, und die Verbindung wieder herstellen?«
Ich antwortete nicht gleich, erst musste ich die bittere Erkenntnis und das zwangsläufige Eingeständnis meiner Unzulänglichkeit hinunterschlucken. »Nein. Kann ich nicht. Meine Gabe ist da für nicht zu gebrauchen.«
Burrich zog seine Augenbrauen zusammen. »Sieh mal, wir alle wissen, wie viel Schindluder in letzter Zeit mit Nachrichten getrieben wurde. Wie können wir sicher sein, dass diese nicht fingiert ist?«
»Überhaupt nicht. Obwohl es mir schwerfällt zu glauben, dass jemand so tollkühn sein könnte zu sagen, Veritas sei tot, obwohl es nicht stimmt. Selbst Edel traue ich das nicht zu.«
»Es gibt nichts, was ich Edel nicht zutraue«, sagte Burrich nüchtern. Ich ließ Rußflockes Huf fallen, den ich unterdessen ausgekratzt hatte, und richtete mich auf. Burrich hatte die Arme auf der Tür von Rötels Verschlag gekreuzt und starrte ins Leere. Die weiße Strähne in seinem Haar erinnerte dabei unübersehbar an die Tatsache, wie skrupellos Edel sein konnte. Er hatte damals den Befehl gegeben, Burrich zu töten, und das so bei läufig, als ginge es darum, eine lästige Fliege zu erschlagen. Dabei schien es ihn inzwischen nicht mehr im Geringsten zu interessieren, dass sein Opfer noch lebte. Er fürchtete keine Vergeltung von einem Stallmeister. Geschweige denn von einem Bastard.
»Aber was würde er sagen, wenn Veritas zurückkehrte?«, fragte ich.
»Wenn er erst König ist, kann er da für sorgen, dass dieser Fall
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