Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote
den Kopf hindurchsteckte und im Flur erneut laut nach den Wachen rief. Gleich darauf zog er den Kopf wieder zurück und setzte eine tief betrübte Miene auf. »Keine Wachen, kein Holz. Armer Wallace.« Mitleidig betrachtete er den Mann, der auf Händen und Knien zornig in der Glut stocherte. »Vielleicht wäre es besser, wenn du dich umdrehtest und aus den Hinterbacken den Wind entweichen ließest, dann würden die Flammen sicher munterer für dich tanzen. Vom Heck statt vom Bug, das gibt guten Zug, Freund Wallace.«
Eine der Kerzen im Zimmer sprühte plötzlich blaue Funken. Alle, sogar der Narr, fuhren bei dem giftigen Zischen zusammen. Wallace erhob sich schwerfällig. Ich hätte ihn nicht für einen so abergläubischen Menschen gehalten, aber ein kurzes Flackern in seinen Augen verriet, wie wenig ihm dieses Omen behagte. »Das Feuer will einfach nicht brennen«, verkündete er und dann, als wäre ihm die Bedeutung seiner Worte zu Bewusstsein gekommen, schwieg er still und vergaß den Mund zu schließen.
»Wir sind verhext«, meinte der Narr wohlwollend. Rosemarie zog die Knie unters Kinn und schaute sich mit großen Augen um.
»Weshalb sind keine Wachen da?« Wallace ereiferte sich, schritt energisch zur Tür und sah in den Flur hinaus, zuckte jedoch rasch wieder zurück. »Die Fackeln brennen mit blauer Flamme, jede Einzelne!«, ächzte er, wich zur Seite und blickte verstört von einem zum anderen. »Rosemarie, lauf und hol die Wachen. Sie haben gesagt, sie würden gleich nachkommen.«
Rosemarie schüttelte den Kopf und machte keine Anstalten, sich von der Stelle zu rühren. Sie hielt ihre Knie fest um klammert.
»Wachen würden? Würden wachen? Würden Wachen wachen? Heißa, das ist ein Stückchen für aufgeweckte Köpfe! Würden wache Wachen wachen wollen?«
»Hör auf mit deinem blöden Geschwätz!«, schrie Wallace. »Geh und hol sie!«
»Geh, hol? Erst bin ich sein Holzholer, jetzt hält er mich für sein Schoßhündchen? Ah, ich verstehe! Geh, hol’s Holz, das Stöckchen, meinst du. Wo ist das Stöckchen?« Und der Narr fing an schrill zu kläffen und durchs Zimmer zu schnüffeln, als suchte er das Stück Holz, das er apportieren sollte.
»Geh und hol die Wachen!« Wallace brüllte nun fast so laut er konnte.
Die Königin erhob befehlend die Stimme. »Narr! Wallace! Genug! Du, Narr, ermüdest uns mit deinen Possen und Wallace, du erschrickst Rosemarie. Geh und hol selbst die Wachen, wenn du so erpicht darauf bist, sie hier zu haben. Wie auch immer, gebt endlich Ruhe, ich bin müde. Ich werde mich bald zurückziehen.«
»Hoheit, heute Nacht geht es nicht mit rechten Dingen zu«, verteidigte sich Wallace. Er schaute sich argwöhnisch um. »Ich bin nicht jemand, der sich von kindischem Spuk ins Bockshorn jagen lässt, aber in letzter Zeit hat es der Omen zu viele gegeben, als dass man darüber hinwegsehen könnte. Ich werde gehen und die Wachen holen, weil der Narr nicht den Mut hat …«
»Er jammert und weint, dass die Wachen kommen sollen, um ihn vor Holz zu beschützen, das nicht brennen will, aber ich bin es, der keinen Mut hat? Ach, ich Armer, ich werde verleumdet!«
»Narr, gib Ruhe, ich bitte dich!« Die Königin schien es ernst zu meinen. »Wallace, lass die Wachen, hol einfach nur frisches Holz. Unser König braucht Ruhe, nicht diese Aufregung. Geh.«
Wallace zögerte, offenbar war ihm nicht geheuer bei dem Gedanken, sich ganz allein in das blaue Hexenlicht des Flurs zu wagen.
»Soll ich mitkommen, um dir die Hand zu halten, tapferer Wallace?«, flötete der Narr einfältig vor sich hinlächelnd.
Das genügte. Wallace gab sich einen Ruck und verließ das Zimmer. Als seine Schritte verklungen waren, richtete der Narr wieder den Blick auf mein Versteck, doch dieses Mal mit einer unmissverständlichen Aufforderung. »Hoheit«, sagte ich leise, und ein tiefes Luftholen war das einzige Zeichen ihrer Überraschung, als ich aus dem Schlafgemach des Königs hervorkam. »Falls Ihr Euch zurückzuziehen wünscht, werden der Narr und ich den König zu Bett bringen. Ich weiß, Ihr seid müde und wolltet Euch heute Abend früh zur Ruhe begeben.« Rosemarie betrachtete mich von ihrem Platz her mit runden Augen.
»Vielleicht sollte ich das tun«, antwortete Kettricken und erhob sich mit überraschender Lebhaftigkeit. »Komm, Rosemarie. Gute Nacht, Majestät.« Rosemarie musste fast laufen, um mit ihrer Herrin Schritt zu halten und schaute auf ihrem Weg zur Tür immer wieder zu uns zurück.
Sobald
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