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Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Verfolger ausreichend bemessen zu haben. Jeden Morgen studierte ich Veritas’ Karte, sattelte Rußflocke und ritt mit meinen todbringenden Giftbündeln dorthin, wo die größte Wahrscheinlichkeit bestand, auf Entfremdete zu treffen. Ein gebranntes Kind scheut Feuer - des halb trug ich auf meinen Expeditionen ein kurzes Schwert, wo rüber sich Flink und Burrich herzhaft lustig machten. Ich behauptete, dass ich versuchte, Wild aufzuspüren, für den Fall, dass Veritas eine Winterjagd veranstalten wollte. Flink sah keinen Grund, an der Geschichte zu Zweifeln. Aber Burrichs zusammengepresste Lippen verrieten mir, dass er meine Lüge durchschaute. Er Begriff jedoch, dass ich ihm nicht die Wahrheit sagen konnte. Er verzichtete darauf, weiter bei mir nachzufragen, doch die Sache gefiel ihm nicht.
    Zweimal in zehn Tagen wurde ich von Entfremdeten angegriffen, beide Male konnte ich ihnen mühelos entfliehen und ›verlor‹ dabei den vergifteten Proviant aus meinen Satteltaschen. Sie nahmen sich kaum die Zeit, den In halt auszuwickeln, bevor sie sich Wurst und Fisch in den Mund stopften. Jedes Mal kehrte ich am nächsten Tag an den Tatort zurück, um für Veritas zu dokumentieren, wie viele Tote es waren und wie sie aussahen. Die getöteten Entfremdeten meiner zweiten Aktion passten nicht zu unseren bisherigen Beschreibungen, woraus wir folgerten, dass es mehr Entfremdete gab als uns bekannt war.
    Ich tat meine Arbeit, aber stolz war ich nicht da rauf. Tot wirkten die Opfer der Roten Korsaren noch erbarmungswürdiger als lebendig - zerlumpte, ausgemergelte Kreaturen, halb erfroren und gezeichnet von den Kämpfen untereinander. Ihr Anblick wirkte nach ihrem Todeskampf infolge der schnell wirkenden, radikalen Gifte, die ich benutzte, grotesk: Ihre verkrümmten Körper wurden zu Zerrbildern menschlicher Gestalten. Reif glitzerte in ihren Bärten und Augenbrauen, und das Blut aus ihren Mündern war im weißen Schnee wie zu gefrorenen Rubinen erstarrt. Auf diese Weise tötete ich sieben Entfremdete. Dann häufte ich Kiefernholz auf ihre Leichen, goss Öl da rüber und setzte den Scheiterhaufen in Brand. Ich kann nicht sagen, was mich mehr anwiderte, die Tat selbst oder die Beseitigung der Spuren. Cub hatte anfänglich darum gebettelt, mitkommen zu dürfen, als er merkte, dass ich jeden Morgen nach der Fütterung fortritt. Doch bei einer Gelegenheit, als ich mich über die steif gefrorenen Leiber meiner Opfer beugte, vernahm ich deutlich: Das ist kein Jagen. Das ist nicht das Werk eines Rudels, das ist Menschenwerk. Doch er hatte sich aus meinem Kopf zurückgezogen, bevor ich ihm Vorwürfe machen konnte, dass er wieder ungebeten in mein Bewusstsein eingedrungen war.
    An den Abenden kehrte ich jeweils in die Burg zurück, um mich bei einer warmen Mahlzeit und knisterndem Feuer, trockenen Kleidern und einem weichen Bett zu stärken, aber die Geister der Entfremdeten standen zwischen mir und diesen Annehmlichkeiten. Ich kam mir vor wie eine kalte erbarmungslose Bestie, weil ich dazu fähig war, nach meinem grausigen Tagewerk all diese Dinge zu genießen. Mein einziger Trost war, dass ich nachts im Schlaf von Molly träumte, wie ich mit ihr spazieren ging und plauderte, ohne an die Entfremdeten oder deren reifbedeckten Leichen erinnert zu werden. Doch auch dies war nicht ganz frei von Gewissensbissen.
    Eines Tages brach ich später auf als geplant, weil Veritas in seinem Kartenraum gewesen war und mich im Gespräch länger aufgehalten hatte. Ein Wetter zog auf, aber es sah nicht aus, als würde es allzu schlimm. Ich hatte an diesem Tag nicht vor, weit hinauszureiten, doch statt des Wildes, das ich jagen wollte, fand ich frische Spuren von Entfremdeten in einer unerwartet großen Bande. Also machte ich mich an die Verfolgung. Die Wolken türmten sich aber viel schneller auf, als ich erwartet hatte. Es herrschte ein trübes Zwielicht, und die Spur führte an Wildwechseln entlang, auf denen Rußflocke und ich nur langsam vorankamen. Als ich schließlich den Blick von der Fährte hob und einsehen musste, dass ich an diesem Tag kein Glück haben würde, stellte ich fest, dass ich mich tief in einem pfadlosen Niemandsland befand, weitab jeder befestigten Straße.
    Der Wind wehte nun stärker, und es war ein beißender, kalter Wind, der nach Schnee roch. Ich wickelte mich fester in meinen Umhang, wandte Rußflockes Kopf in Richtung Heimat und überließ es ihr, den Weg zum Stall zu finden. Die Dämmerung setzte ein, und dann fing es

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