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Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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die Sporen ein und trieb Federleicht geradewegs den Hang hinauf. Rußflocke dachte nicht da ran zurückzubleiben, deshalb erreichten wir beide gleichzeitig den Hügelkamm und sahen flüchtig die Lichter der Burg in der Ferne, bevor unsere Pferde sich durch den frisch gefallenen Schnee hangabwärts pflügten.
    Unten gab es Buschwerk und einen Bach, der unter der weißen Schneedecke nicht zu sehen war, deshalb trieb ich Rußflocke mit Hackenstößen nach vorn, um Federleicht abzudrängen, bevor sie dort hineingeriet und womöglich stürzte. Kettricken nahm dies hin. Sie duldete stillschweigend, dass ich die Führung übernahm, als wir am anderen Ufer in den Wald eindrangen. Im Dunkeln und bei trügerischen Bodenverhältnissen konnten wir die Pferde nicht frei laufen lassen. Zudem rechnete ich jeden Moment damit, erneut feindliche Gestalten auftauchen zu sehen, die sich heulend auf uns stürzten. Dann jedoch erreichten wir endlich die Straße, gerade als die Wolkendecke sich wieder schloss und uns des spärlichen Sternenlichts beraubte. Die Pferde durften nun langsamer gehen und verschnaufen. Einige Zeit ritten wir schweigend nebeneinander und lauschten beide auf Geräusche möglicher Verfolger.
    Nach einer Weile fiel schließlich die Spannung von uns ab, und Kettricken entfuhr ein tiefer Seufzer. »Ich danke dir, Fitz«, sagte sie schlicht. Trotz aller Selbstbeherrschung zitterte ihre Stimme. Ich schwieg und erwartete schon, dass sie jeden Moment in Tränen ausbrach. Wer hätte ihr einen Vorwurf machen wollen? Stattdessen gewann sie nach und nach ihre Fassung wieder, zog ihre Kleider zurecht und wischte das Schwert an ihrer Hose ab. Schließlich beugte sie sich vor, um Federleicht über den Hals zu streichen, sie zu loben und ihr gut zuzureden. Ich konnte fühlen, wie das Tier sich beruhigte, und bewunderte das Geschick, mit dem Kettricken sich in so kurzer Zeit das Vertrauen der Stute erworben hatte.
    »Weshalb bist du hier?«, fragte sie dann. »Hast du mich gesucht?«
    Ich schüttelte den Kopf. Es fing wie der an zu schneien. »Ich war auf der Jagd und habe mich weiter von der Burg entfernt, als ich eigentlich wollte. Dieses Zusammentreffen ist reiner Zufall.« Nach einer kleinen Pause erkundigte ich mich: »Hattet Ihr Euch denn verirrt? Wird man Suchtrupps nach Euch aussenden?«
    Sie holte tief Atem. »Wahrscheinlich nicht«, meinte sie. »Ich bin mit Edel und ein paar anderen ausgeritten. Doch als das Unwetter aufzog, machten wir uns auf den Rückweg. Ohne dass wir es merkten, waren Edel und ich plötzlich Nachzügler; er erzählte mir eine Sage aus seiner Heimatprovinz, und wir ließen die anderen vor uns reiten, um uns ungestört unterhalten zu können.« Mit geschlossenen Augen ritt sie durch den leise herabfallenden Schnee, und ich hörte, wie sie den letzten Schrecken dieser Nacht hinunterschluckte. Als sie fortfuhr, klang ihre Stimme fester.
    »Die anderen waren schon weit voraus, als plötzlich ein Fuchs aus dem Unterholz sprang. ›Mir nach, wenn Ihr eine wirkliche Jagd erleben wollt!‹, forderte Edel mich heraus und spornte sein Pferd an, vom Weg hinunter ins wilde Gelände zu galoppieren. Wohl oder übel musste ich mit, denn Federleicht ließ sich nicht zurückhalten. Edel ritt wie ein Wahnsinniger und hatte sich weit über den Hals seines Pferdes vorgestreckt, und so als ginge es ihm noch nicht schnell genug, trieb er das Tier noch zusätzlich mit der Gerte an.« Sie konnte ihre Bewunderung für seinen Wagemut nicht verhehlen.
    Der halsbrecherische Galopp über unbekanntes Terrain hatte Kettricken Angst gemacht, deshalb hatte sie sich Bemüht, ihr Pferd zu zügeln. Doch als sie bemerkte, dass weder die Straße noch ihr Gefolge mehr zu sehen waren und sie auch immer weiter hinter Edel zurückblieb, ließ sie ihrem Pferd, in der Hoffnung, ihn einzuholen, freien Lauf. Mit dem zwangsläufigen Ergebnis, dass sie, als der Sturm losbrach, gänzlich die Orientierung verloren hatte. Sie machte kehrt, um auf ihrer eigenen Fährte zurückzureiten, aber Schnee und Wind hatten bereits alle Spuren gelöscht. Zu guter Letzt wusste sie sich keinen anderen Rat, als es Federleicht zu überlassen, den Heimweg zu finden, und vermutlich wäre sie wohlbehalten nach Bocksburg zurückgekehrt, hätten sich nicht diese Wegelagerer auf sie gestürzt.
    »Entfremdete«, sagte ich ruhig.
    »Entfremdete«, wiederholte sie nachdenklich. »Sie haben kein Herz mehr. So wurde es mir erklärt.« Ich sah nach vorn auf die Straße, doch

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