Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote
gewürfelte Karotten und Fleischstücke hervor. Er kostete und begann zu essen.
»Bin ich nicht wenigstens ein ebenso guter Medikus wie Freund Breitarsch?«, gluckste der Narr, sichtlich mit sich zufrieden.
»Wie du sehr wohl weißt, ist Wallace kein Arzt, sondern lediglich mein Diener.«
»Wohl weiß ich es, und wohl wisst Ihr’s, doch Breitarsch weiß es nicht, und deshalb kränkelt Ihr so.«
»Genug von deinem Geplapper. Komm näher, Fitz, steh nicht herum wie ein grinsender Einfaltspinsel. Was hast du mir zu sagen?«
Ich beschloss, weder den König noch den Narren dadurch zu beleidigen, dass ich fragte, ob ich in Gegenwart des Letzteren offen sprechen dürfte. Mein Bericht fiel kurz und nüchtern aus und von meiner geheimen Mission erwähnte ich nur das Ergebnis. Listenreich lauschte aufmerksam. Als ich zu Ende war, äußerte er nichts weiter als einen milden Tadel wegen meines ungebührlichen Benehmens an der Tafel des Herzogs. Anschließend erkundigte er sich, ob Herzog Brawndy von Bearns gesund sei und zufrieden mit der Lage in seiner Provinz. Ich erwiderte, meines Erachtens habe es ganz den Anschein gehabt. Listenreich nickte und erkundigte sich nach der Kopie der Schriftrolle, derenthalben ich die Reise unternommen hatte. Ich nahm sie heraus und zeigte sie ihm und wurde mit einem Lob für die Sorgfalt meiner Arbeit belohnt. Er trug mir auf, sie ins Kartenzimmer zu bringen und Veritas vorzulegen.
Als Nächstes fragte er nach dem Relikt der Uralten. Ich gab ihm davon eine genaue Schilderung. Die ganze Zeit über hockte der Narr am Kamin und beobachtete uns reg los wie eine Eule. Unter seinen wachsamen Blicken verzehrte König Listenreich die Suppe und das Brot, während ich ihm das Dokument vorlas. Als ich damit fertig war, lehnte er sich seufzend zurück. »Nun lass mich einmal deine Schreibarbeit sehen«, forderte er mich auf, wo rauf ich ihm verwundert die Schrift rolle reichte. Zum zweiten Mal studierte er sie eingehend, rollte sie dann wieder zusammen und gab sie mir zurück. »Du verstehst mit der Feder umzugehen, Junge. Das ist gut geschrieben und gut gemacht. Geh damit in Veritas’ Kartenzimmer und sieh zu, dass er sie liest.«
»Wie Ihr Befehlt, Majestät.« Ratlos hielt ich inne. Wes halb wiederholte er sich? Erwartete er irgendeine besondere Reaktion von mir? Der Narr erhob sich. Es war nur die Andeutung eines Blicks, der Reflex einer hochgezogenen Braue, eines zuckenden Mundwinkels, doch es war genug, um mir anzuraten, nun den Mund zu halten. Unter Scherzen und munterem Geplauder räumte er das Geschirr zusammen, dann waren wir beide entlassen. Als wir hinausgingen, blickte der König gedankenvoll in die Flammen.
Draußen im Gang wollte ich die Frage stellen, die mir auf der Zunge brannte, aber der Narr begann zu pfeifen und hörte nicht damit auf, bis wir auf halber Treppe waren. Auf dem Absatz zwischen den Stockwerken hielt er mich am Ärmel fest, und wir blieben stehen. Ich ahnte, dass er diese Stelle mit Überlegung gewählt hatte, niemand konnte sich hier unbemerkt heranschleichen und uns belauschen. Wer dann aber zu mir sprach, war nicht etwa der Narr selbst, sondern die Ratte an der Spitze seines Zepters. Er hielt sie mir vor die Nase und piepste mit Fistelstimme. »Du und ich, Fitz, wir müssen uns merken, was er vergisst, und es für ihn bewahren. Es kostete ihn viel Kraft, so bestimmt aufzutreten wie heute Abend, lass dich nicht täuschen. Was er zweimal zu dir gesagt hat, musst du wertschätzen und pünktlich ausführen, denn es bedeutet, er hat es sich doppelt so fest eingeprägt, um sicher zu sein, dass er es nicht vergisst.«
Ich nickte und nahm mir vor, noch an diesem Abend Veritas die Schriftrolle zu überbringen. »Dieser neue Kammerdiener, Wallace, gefällt mir nicht«, merkte ich dann gegenüber dem Narren an.
»Freund Breitarsch gefällt dir nicht? Aber er ist gefällig, Fitz, überaus gefällig. Hat immer seine Lauscher an der Wand und ist damit Edel ein Wohlgefallen.« Mit kühnem Schwung setzte er das Tablett auf seine flache Hand, hob es hoch über den Kopf und hüpfte die Treppe hinunter. Mich überließ er meinen Gedanken.
Ich überbrachte die Schriftrolle noch am gleichen Abend, und an den darauffolgenden Tagen widmete ich mich der Erfüllung des Auftrags, den Veritas mir gegeben hatte. Fette Wurst und Räucherfisch dienten mir als Köder für das Gift, kleine Bündel, die ich auf der Flucht verlieren konnte, in der Hoffnung, die tödliche Menge für meine
Weitere Kostenlose Bücher