Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote
schüttelte den Kopf. »Merk würdig, Fitz, wie du dich zu zeiten vollständig gegen meinen Ruf mit der Gabe abschirmen kannst, wie du dann aber deine innersten Wünsche unüberhörbar verkündest wie ein Wolf, der nachts den Mond anheult. Ich nehme an, der Grund dafür ist die Demütigung durch Galen. Ich wünschte, wir könnten es rückgängig machen, doch weil das unmöglich ist, werde ich dich unterrichten, so gut ich kann und wann immer ich kann.«
Ich hatte mich nicht vom Fleck gerührt. Keiner von uns konnte dem anderen in die Augen sehen. »Komm her«, sagte er ein wenig ungehalten. »Setz dich hierher zu mir. Sieh in die Flammen.«
Während der nächsten Stunde lernte ich verschiedene Übungen, die mir helfen sollten, meine Träume für mich zu Behalten oder vielmehr zu bewirken, dass ich erst gar nicht träumte. Schweren Herzens erkannte ich, dass ich auch nun die Molly meiner Phantasie verlieren würde, nachdem ich ihr schon im wirklichen Leben nicht nahe sein durfte. Er spürte meine Niedergeschlagenheit.
»Kopf hoch, Fitz, es geht vorbei. Nimm dich an der Kandare und halte aus. Es kommt vielleicht der Tag, an dem du dir wünschst, es gäbe keine Frauen in deinem Leben. So wie ich es mir wünsche.«
»Sie ist nicht vorsätzlich vom Weg abgekommen, Hoheit.«
Veritas warf mir einen schiefen Blick zu. »Nicht auf die Absicht kommt es an, sondern auf das Ergebnis. Sie ist Kronprinzessin, Junge. Sie muss nicht nur einmal, sondern zwei- oder dreimal überlegen, bevor sie etwas tut.«
»Wie sie mir erzählt hat, ist Federleicht einfach Edels Pferd gefolgt und wollte dem Zügel nicht gehorchen. Ihr könnt Burrich oder mir die Schuld geben, uns oblag es nämlich, das Tier richtig auszubilden.«
Er seufzte auf. »Vermutlich hast du Recht. Betrachte das als Zurechtweisung und sage Burrich, er soll für meine Gemahlin ein weniger lebhaftes Pferd finden, bis sie eine bessere Reiterin geworden ist.« Wieder seufzte er resigniert auf. »Wahrscheinlich wird sie glauben, ich will sie bestrafen. Sie wird mich mit diesen großen blauen Augen traurig ansehen, aber kein Wort zu ihrer Rechtfertigung äußern. Nun ja. Es lässt sich nicht ändern. Aber musste sie töten und dann so freimütig darüber reden? Was wird mein Volk von ihr denken?«
»Ihr blieb kaum eine andere Wahl, Hoheit. Hätte sie sich umbringen lassen sollen? Und was das Volk von ihr denken wird - nun, die Soldaten, die uns fanden, bewunderten sie für ihren Mut. Einen handfesten Mut. Keine üblen Eigenschaften für eine Königin, Hoheit. Besonders die Frauen der Truppe sprachen auf dem Rückweg mit warmen und anerkennenden Worten von ihr. Es ist, als hätte sie eine Art Feuerprobe bestanden. Man akzeptiert sie als würdige Herrscherin und wird ihr bereitwillig folgen. In Zeiten wie diesen ist eine Königin, die das Schwert zu führen versteht, vielleicht besser für uns als eine zu höfischer Sittsamkeit erzogene Dame, die sich mit Juwelen schmückt und hinter Mauern verbirgt.«
»Vielleicht.« Ich bemerkte, dass Veritas meine Meinung nicht teilte. »Aber jetzt hat jeder auf äußerst spektakuläre Weise von den Entfremdeten erfahren, die sich um Bocksburg sammeln.«
»Aber man hat auch erfahren, dass eine mutige und entschlossene Person sich ihrer erwehren kann. Und nach den Meinungen Eurer Soldaten heute zu urteilen, glaube ich, dass es in einer Woche erheblich weniger Entfremdete geben wird.«
»Ich weiß. Doch einige von ihnen werden in den Getöteten vielleicht ihre eigenen Angehörigen oder Nachbarn erkennen. Entfremdete oder nicht, es ist das Blut der Sechs Provinzen, das wir damit vergießen. Mir kam es darauf an zu verhindern, dass meine Leibgarde meine eigenen Untertanen tötet.«
Ein kurzes, unbehagliches Schweigen entstand, als wir offenbar beide daran dachten, dass er in Bezug auf mich keine derartigen Skrupel gehabt hatte. Meuchelmörder war der Begriff für solche wie mich. Ich hatte anscheinend keine Ehre, auf die man Rücksicht nehmen musste.
»Du irrst dich, Fitz«, beantwortete er meine Gedanken. »Du gereichst mir zur Ehre. Und ich respektiere dich da für, dass du tust, was getan werden muss. Die schmutzige Arbeit, die Arbeit im Verborgenen. Schäme dich nicht für deinen Anteil an der Sorge um die Sechs Provinzen. Glaube nicht, ich wüsste diese Arbeit nicht zu schätzen, nur weil sie geheim bleiben muss. Heute hast du meine Königin gerettet. Auch das werde ich dir nicht vergessen.«
»Ich bin nicht sicher, dass sie
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