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Flagge im Sturm

Titel: Flagge im Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirinda Jarrett
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übersät mit den zusammengekrümmten Leichen der Männer und Jungen, die sich nicht so erfolgreich hatten verteidigen können wie Jonathan. Vom Feuer des Kampfes erfasst, starrte er in das Gesicht des Mannes, den er jetzt töten würde.
    Im selben Moment jedoch, als die Klinge niedersauste, hörte Jonathan den Pistolenschuss. Das Entermesser drang in die Brust des Bärtigen, und gleichzeitig fühlte Jonathan die Kugel in seinen Oberschenkel einschlagen. Wie benommen starrte er auf den sich ausbreitenden dunklen Fleck auf seiner Kniehose und auf die schwammige Stelle, die genauso scharlachrot war wie sein Rock.
    Er klammerte sich am Hauptmast fest. Er wollte nicht ohnmächtig werden. Der Schmerz in seinem Bein war unerträglich.
    Das Entermesser entglitt seinen Händen. Er sah, wie es zusammen mit der Leiche des Mannes über das Deck rutschte.
    Dann glitt Jonathan ebenfalls. Das ganze Deck stellte sich beinahe aufrecht unter seinen Füßen. Lebende und Tote rutschten an ihm vorbei. Er hielt sich krampfhaft an einem Lukendeckel fest. Langsam gaben seine Finger nach. Verdammt, er würde zusammen mit den anderen über Bord gehen, und es gab nichts, was er dagegen unternehmen konnte.
    Demaris saß voller Unbehagen in dem eichengetäfelten Salon ihrer Schwägerin auf einem Rohrstuhl und balancierte die heiße Schokoladenmilch in der Tasse aus Delfter Porzellan auf den Knien.
    Drei weitere Damen waren ebenfalls zu Besuch gekommen, sämtliche Freundinnen von Evelyn. Sie begrüßten Demaris höflich und äußerten ihr Beileid, doch dann schienen sie zu vergessen, dass sie sich überhaupt in diesem Raum befand, und begannen eine lebhafte Diskussion über den neuen Seidenrips, der gerade erst aus London eingetroffen war.
    Man konnte Evelyn ansehen, wie peinlich es ihr war, dass ihre Schwägerin nicht in diese Unterhaltung einbezogen wurde, doch Demaris lächelte nur und war ganz zufrieden damit.
    Die so unaufhörlich plaudernden Damen wirkten mit ihrer grellbunten Garderobe wie die karibischen Vögel, die Eben beschrieben hatte. Evelyn war am auffälligsten gekleidet. Sie trug ein vorn geschlitztes und gerafftes smaragdgrünes Obergewand über einem dunkelgrünen Unterkleid. Goldene Bänder waren durch ihr kastanienbraunes Haar geflochten.
    Evelyn war füllig und fröhlich, besaß lachende Augen von fast derselben Farbe wie ihr Haar, und Demaris bezweifelte nicht, dass Roger sie auch ohne das Vermögen geheiratet hätte, das sie mit in die Ehe gebracht hatte. Gerade war sie mit der Porzellankanne beschäftigt. Sie rieb Schokolade in die heiße Milch, und dabei fiel Demaris auf, wie klein und wie weiß doch die Hände ihrer Schwägerin waren.
    Verschämt versteckte sie ihre eigenen, rauen und roten Hände unter ihrer Schürze und blickte dann aus dem Fenster zur Broad Street mit ihrem geräuschvollen Verkehr hinaus. Newport war in den vergangenen sechs Jahren ungeheuer gewachsen, und Demaris, die an die stille Einsamkeit von Nantasket gewöhnt war, fand den unablässigen Lärm der Pferde und Wagen, der Seeleute, Bauern und Fischweiber fast unerträglich.
    Eine Viertelstunde musste sie noch bleiben, dann wollte sie nach Daniel und Caleb suchen und wieder zu ihrer Farm fliehen. Möglicherweise brachten die beiden ja Nachrichten von Jonathans Familie, sie hatte dann etwas, das sie ihm beim Abendessen erzählen konnte.
    Sie dachte daran, wie still er gewesen war, nachdem Roger den Hof wieder verlassen hatte, so still, dass sie zuerst gedacht hatte, sein Fieber sei zurückgekehrt. Zwar war seine Gesichtsfarbe gesund und sein Appetit gut, doch er hatte seine üblichen Neckereien eingestellt und nicht mehr davon gesprochen, dass sie beide Schiffbrüchige waren. Eigentlich verhielt er sich ja genau so, wie sie es wollte, doch merkwürdigerweise fehlte ihr jetzt die Vertraulichkeit, die er zuvor gezeigt hatte.
    Sie schreckte ein wenig zusammen, als sie merkte, dass die anderen Besucherinnen sich verabschiedeten. Die Tasse mit der jetzt kalten Schokolade in den Händen, stand sie ebenfalls auf. Doch während das Hausmädchen die anderen Damen zur Tür brachte, hielt Evelyn Demaris am Ellbogen zurück.
    „Warte noch einen Moment, Schwägerin“, flüsterte sie eifrig. „Wenn du schon einmal hier bist, kann ich dich doch nicht so schnell wieder gehen lassen. Außerdem muss ich dir etwas erzählen, das dich bestimmt interessiert.“
    Widerstrebend kehrte Demaris zu ihrem Stuhl zurück und legte ergeben die Hände in ihrer Schürze

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