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Flagge im Sturm

Titel: Flagge im Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirinda Jarrett
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einmal den Tee mit ihr nähmst.“
    Er blickte an ihr vorbei und betrachtete abschätzig das Haus, den Stall und die Nebengebäude. „Große Güte, dieses Anwesen ist tatsächlich so öde, wie ich es in Erinnerung hatte. Wie hältst du es nur hier draußen aus mit dem schwarzen Affenpack als einzige Gesellschaft?“
    „Falls du damit die Turners meinst, dann beleidigst du sowohl meine Pächter als auch meine Freunde“, stellte sie sehr frostig fest.
    „Sie sollten dein Eigentum sein, wenn du nicht so dumm gewesen wärst, gegen den Wunsch meines Bruders zu handeln“, gab er zurück. „Ebenso gut hättest du ja auch gleich Gold in den Ozean werfen können.“
    Demaris bemühte sich sehr, nicht die Fassung zu verlieren. Sie hob den vollen Wassereimer vom Brunnenrand und stellte ihn dem Pferd zum Saufen hin. Typisch Roger, nicht an seinen durstigen Hengst zu denken! „Roger, hast du einen bestimmten Grund für dein Herkommen?“
    Er blickte wieder zum Stall hinüber, und sie musste aufs Neue an die versteckte Höhle denken. „Willst du mich nicht in dein Haus bitten?“, fragte er.
    Demaris sah plötzlich das entsetzliche Bild vor sich, wie Roger in ihre Küche spazierte und dort Jonathan vorfand.
    Gleichgültig was sie auch sagte, ihr Schwager würde ihr die Erläuterungen nicht abnehmen, sondern nur einen halbnackten Mann in ihrem Haus sehen, und noch bevor es Abend wurde, würde die Geschichte in Newport die Runde machen.
    „Ich fragte dich, ob du mich in dein Haus bittest, Demaris“, wiederholte er gereizt.
    „Und ich habe dich gefragt, weshalb du gekommen bist“, erwiderte sie starrsinnig.
    Rogers Gesicht erstarrte. Er schwang sich wieder auf sein Pferd und ruckte heftig an den Zügeln. „Möglicherweise wollte ich nur nachsehen, wie es dir ergeht“, erklärte er schroff. „Dein Name ist nun einmal derselbe wie meiner, und es könnte ja sein, dass ich mich ein wenig sorge, weil du hier draußen so allein auf dieser elenden Farm bist.“
    „Ich danke dir für deine Sorge, Roger.“ Hoffentlich hörte er nicht, dass ihre Stimme ein wenig bebte!
    „Ein leerer Dank statt Gastlichkeit, ja? Als meine liebe Mutter noch lebte, wurde auf Nantasket kein Fremder abgewiesen, geschweige denn ein Verwandter.“ Er drückte dem Hengst seine Absätze in die Weichen und hetzte ihn über die Steinmauer, statt durchs Tor zu reiten.
    Demaris blieb im Hof zurück. Sie wusste nicht recht, ob sie lachen oder weinen sollte. Zweifellos hatte sie Roger verärgert. Weil sie den einen Mann in ihrem Haus aufgenommen hatte, war sie gezwungen gewesen, einen anderen abzuweisen. Sie bezweifelte indessen, dass Rogers lieber Mutter etwas Besseres eingefallen wäre.
    Immerhin hatte er ihr, Demaris, jetzt einen weiteren Anlass geliefert, nach Newport zu fahren. Daniel und Caleb würden heute Nacht in der Kaverne das Fuhrwerk beladen und am Morgen die Ware ausliefern. Sie selbst musste noch einmal beim Zollkontor nachprüfen, ob irgendein Schiff verlustig gemeldet worden war, das Jonathan gehört haben könnte, und sie musste sich erkundigen, ob schon Antwortbriefe aus Boston auf ihre gleichlautende Anfrage Vorlagen.
    Und wenn sie dann die schweren Beutel voller Schmuggelgeld in der Tasche hatte, wollte sie ihre Schwägerin Evelyn besuchen und sich bemühen, so freundlich und nett wie möglich zu sein. Vielleicht würde es ihr damit gelingen, den Spalt zwischen sich und Roger zu kitten.
    Jonathan wartete, bis das Fuhrwerk nicht mehr zu hören war und er sicher sein konnte, dass sich Demaris auf dem Weg nach Newport befand. Dann schlug er die Bettdecke zurück, setzte sich auf und begann vorsichtig, die Binde von seinem Bein zu lösen. Demaris hatte ein solches Geheimnis um seine Verletzung gemacht, und er hatte langsam genug von Geheimnissen. Schließlich war es ja sein eigenes Bein, und er hatte das Recht zu erfahren, was damit geschehen war.
    Seine Finger zitterten, als er die letzte Verbandslage entfernte und die tiefe, böse Wunde in seinem Oberschenkel sah.
    Der bärtige Mann mit dem blutigen Messer sprang über das Deck auf ihn zu. Instinktiv fuhr Jonathan zu ihm herum. Der Mann duckte sich, als Jonathans Entermesser über seinem Kopf durch die Luft flog, und als er dann mit seinem Dolch wieder vorwärtssprang, traf ihn Jonathans Stiefeltritt genau in den Bauch, mit hochgeworfenen Armen taumelte er rückwärts.
    Sofort hob Jonathan sein Entermesser. Er hatte gewonnen, und sein Angreifer würde sterben.
    Das Deck war bereits

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