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Flagge im Sturm

Titel: Flagge im Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirinda Jarrett
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zusammen. Der verächtliche Blick des Hausmädchens sowie die herablassende Haltung der Damen waren ihr nicht entgangen. Sie fühlte sich hier so fehl am Platz, wie ihr eigenes irdenes Geschirr neben Evelyns Porzellan gewirkt hätte.
    „Roger wird sich sehr freuen, dass du gekommen bist!“, rief Evelyn überschwenglich aus, nachdem sie von der Haustür zurückgekehrt war. Sie zog sich ihren Stuhl näher zu Demaris heran und lächelte voller Vorfreude. „Er meinte nämlich, du würdest uns nicht besuchen, doch ich habe behauptet, du würdest es tun, falls er dich nett darum bäte, was er, wie ich ihn kenne, wahrscheinlich nicht getan hat.“
    Sie seufzte dramatisch. „Er kann sich in vornehmen Kreisen einfach nicht bewegen. Er verbringt viel zu viel Zeit in seinem geliebten Kontor und denkt nur an Gold und Silber. Als ob es uns an irgendetwas mangelte! “
    Sie wedelte wegwerfend mit ihrer kleinen Hand und lachte. „Und gerade weil er ein solcher Lump ist und weil du so freundlich warst, mich heute zu besuchen, werde ich dir ein ungeheuerliches Geheimnis verraten. Zumindest sagt Roger, dass es ein Geheimnis ist und auch bleiben muss. Ich finde jedoch, du solltest es wissen, so allein, wie du dich auf deiner schrecklichen Farm abplagen musst.“
    „Sie ist nicht schrecklich. Ich liebe sie. Ich würde mit dir hier nicht tauschen wollen. “
    „Schon gut, liebste Schwägerin, schon gut. Ich weiß ja, du bist eine Quäkerin und musst solche Sachen sagen. Leider. “ Evelyn winkte nachsichtig ab.
    „Doch lass mich dir Rogers Geheimnis verraten“, fuhr sie fort. „Er hat entdeckt, dass ein ganzes Schiff voller wilder Halunken darauf aus ist, unsere Insel hier zu überfallen. Piraten, Geächtete, Schmuggler und Gott weiß was sonst noch für übles Pack. Roger erklärt, er habe schon jetzt genug von den Schuften, die die Krone betrügen und ehrliche Leute ausrauben. Er will jetzt eine Sonderpatrouille ausschicken, um sie alle zu fangen.“
    Demaris erstarrte innerlich. So bald wie möglich musste sie Kapitän van Vere informieren, und außerdem musste sie die Felshöhle leerräumen. Der kleine Schatzkasten mit den Gold- und Silbermünzen konnte im Küchengarten vergraben werden. Und dann musste sie Daniel Reed anflehen oder ihm notfalls befehlen, sich von Newports Rumschenken fernzuhalten oder seinen Mund wenigstens nur zum Trinken zu benutzen. Auf keinen Fall durften seine Prahlereien an Rogers Ohren dringen.
    Vielleicht jedoch wusste Roger auch schon alles. Möglicherweise war er deshalb gestern nach Nantasket gekommen und hatte den Stall betrachtet, als könnte er durch dessen Wände hindurchsehen. Vielleicht kannte er sogar schon die Wahrheit über Jonathan.
    „Bitte, Evelyn, weshalb erzählst du mir das alles?“, fragte sie leise. „Und warum will Roger nicht, dass ich es erfahre?“ „Roger will dich nicht verängstigen. Er meint, wenn du unbedingt allein auf Nantasket leben willst, sollte man dir keine Geschichten über Verbrecher erzählen, die deine Farm wahrscheinlich ohnehin nicht heimsuchen werden.“
    Sie zuckte die Schultern. „Nun, ich an deiner Stelle würde es jedenfalls gern wissen wollen, ob es Piraten gibt, die darauf warten, mich in meinem Bett zu ermorden.“
    Evelyn legte ihre Hand auf Demaris’ Arm, und ihre Augen waren vor Erregung ganz groß. „Wenn diese Schurken erst einmal gefasst sind - oh, was für ein Fest werden wir dann daraus machen! Seeleute und Soldaten, alle in hübschen Uniformen, werden dafür sorgen, dass dem Recht Genüge getan wird, und dann schauen wir zu, wie die Kerle am Galgen baumeln! “
    „Ja, am Galgen Demaris starrte auf die dunklen Schokoladenringe in den leeren Tassen auf dem Tisch. Sie befürchtete, dass sie nie mehr Schokolade würde trinken können, ohne dass ihr übel wurde.
    Aus dem Fenster im oberen Stock sah Roger zu, wie Demaris auf den Kutschsitz kletterte und sich neben den strohblonden Pächter setzte - das war einer von den Brüdern Reed, wusste er -, während der Schwarze auf der Ladefläche zwischen den Fässern und Säcken voller Saatgetreide hockte. Langsam bog das Fuhrwerk in die Broad Street ein und machte sich auf die lange Heimfahrt nach Nantasket.
    Nachdenklich legte Roger die Fingerspitzen zusammen. Demaris Allyn war eine hübsche Frau, viel hübscher als in seiner Erinnerung. Die Witwenschaft schien ihr gut zu bekommen, was ja weiter nicht verwunderlich schien, nachdem sie mit dem alten Eben verheiratet gewesen war.
    Roger hatte

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