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Flagge im Sturm

Titel: Flagge im Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirinda Jarrett
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Jonathan bei den Schützen an Bord der Schaluppe zurückgelassen worden, während sich die anderen mit Gejohle und Schlachtgeschrei im Beiboot zusammendrängten, um die Ketsch zu entern.
    Jonathan war es auch lieber so, obwohl er klug genug gewesen war, sich seinen Abscheu nicht anmerken zu lassen, als Graham ohne Vorwarnung auf das andere Schiff feuern ließ. Freibeuter sollten zur Hölle fahren! Sie waren nichts anderes als Piraten, und je länger sich Jonathan bei ihnen aufhielt, desto weniger bezweifelte er, dass er unter dieselben Verbrecher geraten war, die ihm damals die Schaluppe geraubt hatten.
    „Nun seht euch doch diese feigen Jammerlappen an!“, rief Graham verächtlich vom Achterdeck her. „Die besitzen nicht den geringsten Kampfgeist, mit Ausnahme ihres Kapitäns vielleicht. Ich glaube allerdings, ich würde mich auch nicht für einen so kleinen Fisch schlagen. Die Ketsch ist es ja überhaupt nicht wert, nach Newport geschleppt zu werden. Ich ... Verdammt, sie haben eine Frau an Bord! “
    Die zurückgebliebenen Männer drängten sich an der Reling zusammen, um dem Beiboot entgegenzusehen, und Graham setzte sein Fernglas ans Auge.
    „Sie hat goldblondes Haar wie ein Engel!“, rief er triumphierend. „Leute, geht pfleglich mit ihr um! Ja, so ist’s recht! Bringt sie mir gesund und sicher her! Sie trägt eine grüne Schürze - ist das nicht das Erkennungszeichen dieser grauenhaften Quäker? Hah! Ich werde dir sehr bald zeigen, was ein richtiger Mann ist, mein hübsches Quäkerhühnchen, und danach wirst du überhaupt nicht mehr genug kriegen von dem lieben Kapitän Graham! “
    Jonathan erschrak. Um Himmels willen, das durfte nicht Demaris sein! Sofort stieg er in die Wanten, um sich zu vergewissern, dass es sich nicht um sie handelte.
    Die Frau war halb verdeckt von den Männern, die sie zur Schaluppe zurückruderten, doch Jonathan sah nur ihr honiggoldenes Haar in der Sonne glänzen und wusste, es war Demaris. Er riss den Blick von ihr, schaute genauer zu der Ketsch hinüber und erkannte sie jetzt als das Schiff des Holländers. Er verfluchte van Vere aus tiefster Seele dafür, dass er Demaris von Nantasket fortgebracht hatte.
    Gerade als etwas später ihr Gesicht, dem man die Furcht nur allzu deutlich ansah, über der Bordwand erschien, ließ sich Jonathan wieder auf das Deck hinunter. Er stellte sich unauffällig zwischen die anderen und beobachtete, wie sie sich zu fassen versuchte. Sie faltete die Hände fest vor ihrer grünen Schürze.
    Zum ersten Mal wünschte er, sie würde ihr ordentliches Häubchen und das Haar darunter fest zusammengesteckt tragen. Jetzt sah sie nämlich aus, als wäre sie gerade erst aus dem Bett gefallen. Der halb aufgelöste Zopf fiel ihr über den Rücken, und lose Strähnen wehten ihr um die Wangen und den Hals. Alle Männer verschlangen sie hungrig mit den Blicken, und Jonathan wusste, dass sie sich nur deswegen zurückhielten, weil sie Graham fürchteten. Dieser stand jetzt vor ihr, hakte die Daumen in seinen Gürtel und ließ keinerlei Zweifel daran, dass er diese Frau für sich beanspruchte. Jetzt zupfte er Demaris unter dem Kinn, wobei sich sein schmutzgeränderter Daumennagel in ihre weiche Haut drückte. Jonathan vermochte seinen Zorn kaum noch zu beherrschen.
    „Es wäre klug von Euch, dieser Frau nichts anzutun, Kapitän“ , sagte er laut und drängte sich an den anderen Männern vorbei. Diesmal vergaß er, das „Sir“ hinzuzufügen.
    Demaris wandte sich sofort der vertrauten Stimme zu. Bisher hatte sie die Blicke der Seeleute an Deck gemieden, weil sie nicht im Traum daran gedacht hatte, Jonathan auf diesem Schiff vorzufinden. Allerdings war dies nicht das freudige Wiedersehen, das sie sich vorgestellt hatte. Jonathan wich ihrem Blick absichtlich aus und verschränkte abweisend die Arme vor der Brust.
    Mit einem Mal ging Demaris auf, dass er zu diesen Männern gehörte, ein Pirat, aufgenommen in einer Mannschaft von Piraten, so wie er es immer behauptet hatte. Sie hatte das früher nicht geglaubt, und sie vermochte es auch jetzt noch nicht zu glauben. Unsicher strich sie sich das Haar zurück, betrachtete ihn und wünschte nur, er würde irgendetwas äußern, das sein Verhalten erklärte.
    Unterdessen fuhr Graham zu Jonathan herum und starrte ihn teils zornig, teils ungläubig an. „Du wagst es, dich gegen einen Herrn aufzulehnen, Russell?“
    Unbeeindruckt starrte Jonathan zurück. „Entschuldigung, Sir, es ist nur so, dass ich diese Jungfer kenne,

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