Flames 'n' Roses
bei uns, den kann man nicht ins Spanische übersetzen. Außerdem hast du die Verbtabelle nicht zu Ende ausgefüllt und die Kurzgeschichte, die ich dir aufgegeben hatte, hast du anscheinend auch nicht gelesen.« Sie sah mich aus diesen unglaublich traurigen Augen an. Es brachte mich fast um.
»Tut mir leid.« Ich ließ den Kopf hängen. »Gestern war einfach ein total verrückter Tag. Zuerst musste ich einen Vampir einsacken, dann war da dieser Einbruch, danach hat Reth mir mitten in der Nacht einen Besuch abgestattet und dann konnte ich nicht schlafen.«
»Das hört sich ja wirklich nach einem harten Tag an. Aber für die Hausaufgaben hast du die ganze Woche Zeit gehabt. Wie wär’s, wenn du beim nächsten Mal nicht alles bis zum letzten Abend aufschiebst?«
»Ach, komm schon, Charly, jetzt lass aber mal die Kirche im Dorf!« Wenigstens das brachte mir ein nicht ganz so trauriges Lächeln ein.
Den Rest des Morgens beschäftigten wir uns mit den Besonderheiten von Gliedsätzen (hört sich vielleicht versaut an, ist aber total langweilig) und unterhielten uns auf Español. Charlotte blieb noch zum Mittagessen und dann war es schon wieder Zeit für mein nachmittägliches Training.
Bud, mein Trainer für Selbstverteidigung und Kampftechniken, versuchte immer noch hartnäckig, mich von den Vorzügen des Messerkampfs zu überzeugen. »Silberne Messer! Extrem schmerzhaft und manchmal sogar tödlich für fast alle Paranormalen!«
»Tasey!«, konterte ich. »Extrem rosa und sogar mit Glitzer!«
»Auf moderne Technik kann man sich nicht immer verlassen.« Bud war ein ganz normaler Mensch, aber manchmal konnte man echt den Eindruck bekommen, er sei im tiefsten Mittelalter aufgewachsen. Und falls ihr euch jetzt fragt, ob er wohl gut aussieht: Na ja, vielleicht vor dreißig Jahren mal.
»Und da wir diese Diskussion ja nicht zum ersten Mal führen, hab ich dir was mitgebracht.«
Ich horchte auf. »Ein Geschenk?«
Er verdrehte genervt die Augen und zog ein Stoffbündel aus seiner Tasche. Darin lag ein schmaler Dolch mit einem leuchtend rosafarbenen, perlmuttartigen Griff.
»Das gibt’s doch nicht!«, rief ich und riss ihm den Dolch aus der Hand.
»Ich fass es nicht, dass ich ein rosa Messer gemacht habe.«
»Oh, ist das süß! Ich find’s toll. Endlich eine würdige Gefährtin für Tasey.« Ich umarmte ihn schnell. Umarmungen machten den armen Bud immer ganz nervös, aber dafür war er erleichtert, dass ich endlich einwilligte, ein Messer zu benutzen. »Oh Mann, wie soll ich es denn bloß nennen?«
»Wie auch immer du dich entscheidest, bitte sag es mir nicht. Steck es einfach da rein und häng es dir an den Gürtel.« Er reichte mir eine Messerscheide – in Schwarz.
»Könntest du mir vielleicht auch noch eine braune machen? Und eine in Rosa?« Man hätte Bud fast für einen Werwolf halten können, so laut knurrte er, als er mich aus dem Trainingsraum scheuchte.
Den Rest des Nachmittags hatte ich frei und baute optimistisch darauf, dass Raquel in irgendwelchen Besprechungen steckte. Sie war ein ziemlich hohes Tier in der IBKP. Früher hatte ich immer gedacht, sie würde sich nur um mich kümmern, aber wie sich herausstellte, leitete sie die gesamte Zentrale und war verantwortlich für alle Aufspür- und Markiermissionen. Vielleicht war ich einfach nur ihr Liebling. Oder am nützlichsten von allen.
Den ganzen Tag über waren meine Gedanken immer mal wieder zu Lend abgeschweift. Er war der Mensch beziehungsweise das Wesen, das mich hier im Moment am meisten interessierte, also ging ich rüber in den Verwahrungstrakt. Vor Lends Zelle blieb ich stehen und musste zweimal hingucken. Er war nicht da. Und zwar nicht auf seine eigene, fast unsichtbare Art, sondern auf die ganz normale, sprich wirklich nicht mehr in der Zelle. Mist.
Ganz am anderen Ende des langen Flurs entdeckte ich Jacques. »Jacques!«
Er kam auf mich zu. »Du dürftest gar nicht hier sein, Evie.«
»Ja, ja. Wo ist Lend?« Hatten sie ihn freigelassen? Ja klar, sehr wahrscheinlich, Evie. Immerhin war er in die Zentrale eingebrochen – was meines Wissens noch nie zuvor passiert war. Aber was, wenn er schlimmeren Ärger am Hals hatte, als ich dachte, und sie ihm wehtaten? Der Gedanke gefiel mir gar nicht. Gleich darauf fragte sich die vernünftige Evie in mir, ob er vielleicht gefährlich und deshalb in einen strenger bewachten Trakt verlegt worden war.
Jacques zuckte mit den Schultern. »Raquel wollte, dass er woanders hingebracht
Weitere Kostenlose Bücher