Flames 'n' Roses
sondern stand nur da mit wie üblich gelangweilt-genervtem Gesicht. Ich hatte vorher nie bemerkt, dass ihre Augen dieselbe rubinrote Farbe hatten wie ihr Haar. Es wirkte unheimlich und wunderschön zugleich, genau wie ihre Stimme.
»Sei vorsichtig, ja?«, ermahnte mich Raquel.
»Na klar doch.« Ich war total erledigt und wollte das Ganze nur so schnell wie möglich hinter mich bringen.
Jacques und ich stellten uns links und rechts von Fehl und nahmen ihre Hände, als vor uns eine Pforte erschien.
Ohne nachzudenken, hatte ich ihr die Hand mit der Verbrennung gegeben. Sie warf einen Blick darauf und für einen Sekundenbruchteil flackerte ein Lächeln über ihr Gesicht.
»Er ist nicht fertig geworden«, murmelte sie mit ihrer Glasscherbenstimme. Raquel hatte es mit Sicherheit nicht gehört. Ich biss die Zähne zusammen und schloss die Augen, um mich über die Feenpfade zu meinem Rendezvous mit der Moorhexe aufzumachen.
Verlorene Seelen
Wir stolperten aus der Feenpforte hinaus ins schwache Sonnenlicht, auf eine kalte, nebelverhangene Wiese. Rundherum nichts als hohes braunes Gras. Fehl verschwand sofort wieder durch ihre Pforte, die sie in einem abgestorbenen Baum geöffnet hatte. Na, von mir aus, ich trauerte ihr bestimmt nicht nach. Fröstelnd schlang ich die Arme um meinen Oberkörper. »Ich hätte einen Mantel anziehen sollen.«
Jacques zuckte mit den Schultern. »So schlimm ist es doch gar nicht.«
Ich konnte den Teich schon sehen, ein trüber, brackiger Tümpel in der Ferne, umringt von ein paar dürren Bäumen. Warum hingen diese blöden Hexen eigentlich nicht zur Abwechslung mal auf einer tropischen Insel rum? Gegen einen Kurztrip nach Hawaii hätte ich nichts einzuwenden gehabt.
Ich überlegte. »Am besten, du versteckst dich, wenn wir näher dran sind. Ich stell mich mal lieber alleine da hin, dann zeigt sie sich vielleicht. Wenn sie überhaupt da ist.«
»Bist du sicher, dass dir auch nichts passiert?«
»Wenn, dann merkst du es schon, glaub mir.«
Er lächelte und wir überquerten schweigend die Wiese. Ein paar Meter vor dem Teichufer bog Jacques ab und versteckte sich im spärlichen Gehölz. Mit einer Hand an Tasey ging ich vor bis ans Wasser, hob einen Stein auf und warf ihn hinein. Keine Reaktion. Ich warf noch einen Stein. Nichts.
Na ja, so was hatte ich mir ja eigentlich auch erhofft. Moorhexen leben bevorzugt im Moor – daher der Name –, in brackigen Teichen, Tümpeln oder Bächen. Sie sehen aus wie alte Hutzelweiber – an sich schon nicht besonders attraktiv –, aber was unter diesem Cover liegt, ist erst richtig abartig. Sie sind kotzgrün mit großen, runden Fischaugen, die vollkommen weiß sind. Ihre Haare sehen aus wie Büschel von halb verrottetem Gras und das Sahnehäubchen sind die drei Reihen nadelspitzer schwarzer Zähne in ihren Mündern. Ach ja, und habe ich erwähnt, dass sie Kinder fressen? Richtig, Kinder. Ihre Masche ist es, sie um Hilfe zu bitten und dann unter Wasser zu zerren, bis sie aufhören, sich zu wehren. Und dann verschlucken sie sie mit einem Haps.
Das Protokoll für solche Hexenaktionen war ziemlich simpel. Im Wasser hatte man keine Chance gegen sie, da waren sie einfach zu stark. Aber wenn man es schaffte, sie an Land zu locken, konnte man ihnen relativ problemlos einen Stromstoß verpassen und sie einsacken. Anders als Vampire konnte man Moorhexen allerdings nicht kastrieren. Sie wurden in einer Spezialeinrichtung in Sibirien untergebracht. »Unter menschlichen Haftbedingungen«, wie die IBKP stets betonte – schon ein bisschen ulkig, wenn man bedachte, dass Moorhexen so rein gar nichts Menschliches an sich hatten.
Nachdem ich zehn Minuten lang um den Teich geschiendert war und Steine hineingeschmissen hatte, wurde es mir zu langweilig. Vielleicht war ich ja mittlerweile zu alt, um Moorhexen anzulocken. Also sah ich mich ein bisschen um, vielleicht entdeckte ich ja wenigstens ein paar Hinweise, damit die Aktion keine komplette Zeitverschwendung gewesen war. Insgesamt wirkte die Pflanzenwelt noch ziemlich tot, offenbar hatte der Frühling in diesen Teil Irlands noch keinen Einzug gehalten. Die Bäume standen jedoch dichter, als ich es vorhin wahrgenommen hatte. Dann sah ich etwas zu meiner Rechten. Ungefähr sieben, acht Meter entfernt war ein komischer kleiner Hügel zu erkennen, graugrün gefleckt, der irgendwie dort nicht hinzugehören schien.
Ich zückte Tasey und schlich mich vorsichtig an. Je näher ich kam, desto überwältigender wurde der
Weitere Kostenlose Bücher