Flaming Bess 01 - Das Erbe der Erde
in die Hände arbeitet, dann sind Sie es.«
Gondelor hielt ihrem Blick stand. »Ich gehe. Aber nicht, weil Sie es wollen. Sondern weil ich den Anblick dieser Narren nicht mehr ertragen kann.«
Sie sah zu Frust, zu Cluster. »Sie machen einen Fehler, wenn Sie dieser Person vertrauen. Sie werden noch an meine Worte denken. Ich hoffe, dass es dann nicht zu spät ist.«
Gondelor wandte sich ab und ging davon, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Supervisor Frust seufzte. »Lady Gondelor ist überreizt«, sagte er entschuldigend. »Wir alle sind überreizt. Sie wird wieder zur Vernunft kommen.«
Bess erwiderte nichts darauf. Sie hatte den Haß in Gondelors Augen gesehen. Zuerst Muller McLasky, dachte sie, und jetzt Lady Gondelor. Zwei Feinde habe ich schon. Wer wird der nächste sein? Frust? Sie sah den Supervisor verstohlen an; sein Gesicht war grau und undurchdringlich wie eine Betonwand, und die großen dunklen Gläser der Brille maskierten seine Augen.
Was verbarg sich hinter seiner glatten, überkorrekten Art, seiner unverbindlichen Wortwahl? Ka hatte ihn als Intriganten bezeichnet, und wahrscheinlich stimmte diese Einschätzung. Wenn Frust sich von ihr in seiner Machtposition bedroht fühlte, dann würde er nicht offen gegen sie opponieren wie Gondelor oder McLasky.
Sie beschloß, vor dem Supervisor auf der Hut zu sein.
Von Cluster hatte sie nichts zu befürchten; im Gegenteil. Der alte Raumadmiral schien froh zu sein, daß sie ihm gegenüber den anderen Mitgliedern des Flüchtlingsrates den Rücken stärkte. Und Ka? Sie dachte an das, was Gondelor über den Clansmann gesagt hatte. Katzenstein hatte aus seinem Mißtrauen gegenüber Ka ebenfalls kein Hehl gemacht, aber sie war überzeugt, daß Katzenstein sich irrte. Katzenstein … Einer von den Männern des Magisters.
Sie hatte noch immer zuwenig Informationen.
»Die Herculeaner«, sagte Cluster plötzlich und wies auf den elektronischen Kartentisch. »Sie haben den Raketenbeschuß eingestellt. Sie ziehen sich zurück!«
Bess betrachtete die Computergrafik. Die herculeanischen Klon-Soldaten zogen ab, aber nur, um in der Höhe der Raketenbatterien neue Stellungen zu errichten. Mehrere Kilometer jenseits der Kraftfeldkuppel entstand ein neuer, noch undurchdringlicherer Belagerungsring.
Wahrscheinlich haben sie erfahren, was sie erfahren wollten, dachte Bess. Sie kennen jetzt die Stärke des Energieschilds. Sie wissen, daß sie ihn selbst unter Einsatz aller Raketenbatterien nicht zerstören können. Und nun? Was werden sie unternehmen? Uns belagern, bis unsere Vorräte aufgebraucht sind? Abwarten, bis sie genug Waffen zusammengezogen haben, um den Schild zum Zusammenbruch zu bringen?
Sie richtete sich auf. »Es ist nur eine Atempause, Admiral«, sagte sie zu Cluster. »Mehr nicht. Aber zumindest gewinnen wir dadurch etwas Zeit. Wir sollten diese Zeit nutzen. Vielleicht ist unsere Lage doch nicht so ausweglos, wie es scheint. Vielleicht gibt es eine Möglichkeit, aus dieser Falle zu entkommen.«
Cluster strich sich fahrig über das graue Haar. »Es gibt keinen Ausweg«, murmelte er. »Die Übermacht der Herculeaner ist zu groß. Es ist hoffnungslos. Wir sind verloren.« Er wirkte übermüdet; er war ein alter, desillusionierter Mann, der sich innerlich bereits mit dem Ende abgefunden hatte.
Düster starrte er vor sich hin. »Wir sind verloren«, wiederholte er.
»Wir leben«, sagte Ka. »Wir können kämpfen.«
Frust hüstelte. »Vielleicht sollten wir Verhandlungen mit den Herculeanern aufnehmen. Ich meine, wenn …« Er verstummte unter Kas eisigem Blick.
Er senkte den Kopf. »Es war nur ein Vorschlag.«
»Krom verhandelt nicht«, erinnerte der Clansmann.
Die Männer schwiegen bedrückt.
»Ich brauche Informationen«, sagte Flaming Bess schließlich. »Über den Krieg, die Herculeaner, über diesen Krom. Ich bin fremd in dieser Welt, eine Außenseiterin. Alles, was für Sie selbstverständlich ist, ist mir unbekannt, ist neu für mich. Vielleicht ist das ein Vorteil. Vielleicht sehe ich Dinge die Sie übersehen haben. Sie sagen, die Lage ist hoffnungslos. Sie sagen, es gibt keinen Ausweg. Ich bin Spezialistin für ausweglose Lagen. Ich bin ausgebildet worden, Menschenleben zu retten. Ich bin die Kommandantin. Verstehen Sie?« Ihre Stimme wurde eindringlich. »Allein die Tatsache, dass ich zu diesem Zeitpunkt aus dem Kälteschlaf erwacht bin, verändert die Situation. Ich bin für die Herculeaner ein neuer Faktor, eine unbekannte Größe; sie haben
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