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Flamingos im Schnee

Flamingos im Schnee

Titel: Flamingos im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wendy Wunder
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denn diese Position kann mit großen Brüsten nicht bequem sein.
    Als Alicia mit Cam schwanger war, fiel es ihr trotzdem schwer, auf der Seite zu schlafen, also fuhr Cams Dad sie den ganzen Weg bis nach Clearwater, wo er ein großes Loch für ihren Bauch in den Sand graben konnte. Alicia ließ sich dort hineinplumpsen wie ein gestrandeter Wal und fand endlich etwas Schlaf. Cams Leben begann wie das einer Babyschildkröte, vergraben im Sand. Ihr Dad hatte sie manchmal auch Schildkrötchen gerufen, aber der Spitzname war nicht an ihr hängen geblieben.
    Er war sehr fürsorglich gewesen, ihr Dad, und trotzdem, trotz allem, was er für ihre Mom getan hatte – sie zum Strand gefahren, das Loch gegraben, den Pool gekauft, das Kind gezeugt –, hatte sie bei seiner Beerdigung noch nicht einmal geweint. Das war der ultimative Beweis für Cam, falls sie noch einen gebraucht hätte, dass es die große Liebe nicht gab. Die Bindungen zwischen den Menschen waren flüchtig. Eigennützig. Opportunistisch. Dazu gedacht, die Art zu erhalten. »Liebe«, die romantische Liebe zumindest, war eine Phantasie, in der die Leute gern schwelgten, weil das Leben sonst unerträglich langweilig war.
    »Wirst du bei meiner Beerdigung weinen?«, fragte Cam, während sie ihr Omelett mit der Gabel zerteilte. Das perfekt geformte Eierkissen entließ seinen Saft in den Ketchup und schuf eine rosa Pfütze auf ihrem Teller. Das war’s dann mit ihrem Appetit.
    »Wie bitte? Campbell, bei deiner Beerdigung werde ich tot sein. Diese Sache wird dich nur über meine Leiche umbringen, das habe ich dir doch gesagt. Weshalb ich im Übrigen möchte, dass du dich bei diesen Colleges bewirbst. Du musst Pläne für den September machen.« Alicia hatte Broschüren von zweijährigen Community Colleges voll bunter Fotos von glücklichen, multikulturellen Studierenden gesammelt, die seit Monaten auf dem Küchentresen kreuz und quer übereinanderrutschten. Bauchschläfer neigen auch zu passiv-aggressiven Taktiken wie ungebetene Collegebroschüren horten oder um den heißen Brei herumreden, wenn sie eigentlich fragen wollen, wie der Arzttermin ihrer Tochter verlaufen ist.
    »Ich gehe auf kein College, Mom.«
    »O doch, das tust du. Und wenn du nicht das ganze Geld für dieses Auto ausgegeben hättest, hättest du jetzt mehr für Bücher. Ich bringe diesen Gus noch um, weil er dir dein Geld abgeknöpft hat, ich schwör’s.«
    »Warum beauftragst du nicht jemanden aus Jersey damit?«
    »Das könnte ich schon, weißt du.« Ihre Mom trank einen Schluck Kaffee und bekam diesen schelmisch-nostalgischen Blick. Alte Leute übertreiben immer damit, wie wild und gefährlich ihre Jugend war , dachte Cam, weil ihr Erwachsenenleben so langweilig geworden ist .
    »Du kennst doch nicht im Ernst irgendwelche Mafiatypen, oder?«
    »Nur einen Freund von dem Freund eines Cousins.«
    Ihre Mutter glorifizierte gern ihre Herkunft aus New Jersey. Leute aus Jersey waren hartgesotten, sie waren cool; in Jersey gab’s die besten Bagels und die beste Pizza und den besten Mais und die besten Tomaten und so weiter und so fort. Cam fand, dass man in Disney World ein Jersey-Land aufmachen sollte für all die hoffnungslosen Jersey-Nostalgiker, die sich nach einem einfacheren Leben sehnten. Denn so funktionierte Disney. Es simulierte ein Leben, das viel schöner erschien als die trübsinnige Wirklichkeit, und redete einem ein, dass alles bestens war. Baudrillard hatte dieses Konzept genau beschrieben, und sie hatte sich in ihrem Aufsatz für Harvard damit auseinandergesetzt. Und war angenommen worden. Was sie keiner Menschenseele erzählen würde. Es war ihr letzter, heimlicher Triumph, aber sie war nicht so dumm, sich deswegen Hoffnungen zu machen.
    Außerdem hatte man sie nur wegen ihrer außergewöhnlichen Lebensumstände angenommen. So gut wie tot zu sein machte sie zu etwas Besonderem, stellte sie in eine Reihe mit den Olympiaathleten, Filmstars, achtzehnjährigen Risikokapitalgebern, veröffentlichten Autorinnen und Leuten, die auf einem Segelboot aufgezogen worden waren, die den Rest der Erstsemesterliste bildeten.
    »Also?«, fragte ihre Mom schließlich.
    »Also was?«
    »Die PET -Untersuchung, Cam. Was hat der Arzt dazu gesagt?«
    »Du sollst doch dort anrufen, Mom. Sie dürfen mir nichts sagen, weil ich minderjährig bin.« Das stimmte, aber Cam wollte sich trotzdem nicht mehr von ihrer Mutter ins Kinderkrankenhaus begleiten lassen. Es war schon qualvoll genug, mit einem Haufen kahler,

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