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Flamme der Freiheit

Flamme der Freiheit

Titel: Flamme der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgid Hanke
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Thema.
    Eleonora gab sich an diesem Abend besonders viel Mühe mit dem Essen für ihren Dienstherrn. Sie schlug das Omelett besonders schaumig, lief extra nochmals in den Garten, um ein Sträußchen frischen Kerbel zu schneiden, dessen Blättchen sie dekorativ über das goldgelbe Omelett zupfte. Den Spinat verfeinerte sie mit noch einem weiteren Klecks Butter, und das Kalbsschnitzelchen war ein Gedicht.
    »Weißt du, Christine«, sagte Pfarrer Behlow beim Essen und tupfte sich die Mundwinkel mit seiner Serviette ab, »alleine die Küche, mit der du mich nun seit fast einem Jahr verwöhnst, ist schon Beleg für meine These. Diese Kochkunst lernt man nicht in einer einfachen Bauernkate.«
    Eleonora, die bis soeben noch ganz entspannt ihre leichte Konversation genossen hatte, versteinerte.
    »Schon gut, schon gut, ich fange nicht schon wieder an«, beschwichtigte er sie. »Wie wäre es mit einer kleinen Schachpartie? Du spielst doch Schach?«
    Dankbar nahm Eleonora diesen Vorschlag an. Erst beim Spülen und Abtrocknen ging ihr später in der Küche auf, dass sie in eine Falle getappt war. Denn auch das Schachspiel erlernte man nicht in einer Bauern- oder einfachen Fischerkate.
    Als sich Eleonora kurz vor Mitternacht in die kleine Dachkammer begab, stand ihr Entschluss fest. Sie musste dieses Haus und den gütigen Pfarrer Behlow verlassen.
    Noch in derselben Nacht stahl sie sich aus dem alten Pfarrhaus in Frankfurt und nahm ihre Wanderschaft erneut auf.

24
    A uch diesmal musste sich Eleonora zunächst keine finanziellen Sorgen machen, denn Pfarrer Behlow hatte ihre Dienste regelmäßig und pünktlich bezahlt. Kost und Logis waren frei gewesen, so dass sie sich ihren Lohn fast gänzlich beiseitelegen konnte. Wie gut sie daran getan hatte, wurde ihr klar, als sie in der Postkutsche saß.
    Ja, es ging wieder einmal nach Berlin zurück. Von dort aus war es am günstigsten für eine junge Frau, eine neue Stelle zu finden.
    Wieder hatte sie sich in die kleine Pension am Rande des Zentrums einquartiert, wieder mied sie es tunlichst, dem Prewitzschen Stadtpalais zu nahe zu kommen, streifte aber über die verschiedenen Berliner Märkte, um sich verstohlen umzuhören. Einmal wagte sie es sogar bis hinaus nach Potsdam, wo es ebenfalls einige Märkte gab. Auf den Gedanken, diesmal auch ihren Vater aufzusuchen, kam sie gar nicht. Seltsamerweise schienen ihre Dienste kaum mehr gefragt zu sein. Erschöpft und entmutigt saß sie nach diesem Tag vergeblichen Suchens auf einer Bank vor dem Park von Schloss Sanssouci. Im Geiste zählte sie ihre finanziellen Reserven nach und stellte erschrocken fest, dass sie mittlerweile fast zur Gänze zusammengeschmolzen waren. Wenn sich nicht innerhalb der nächsten Woche irgendwie, irgendwo eine neue Stelle auftat, stand sie ohne einen Heller und Pfennig da. Was dann? Beim Vater unterschlüpfen? Der konnte sie nicht durchfüttern. Sich prostituieren?
    Eleonora wusste sehr wohl, was es mit diesen schrill lachenden, stark geschminkten jungen Mädchen und Frauen auf sich hatte, die, kokett ihre Täschchen schwenkend, in den Seitenstraßen des Gendarmenmarkts auf und ab stöckelten. Oft genug hatte sie eine von ihnen, am Arm eines französischen Soldaten oder eines anderen Passanten eingehängt, in einer der vielen kleinen Pensionen oder Absteigen verschwinden sehen. Unbarmherzig hatte das wahre Leben die vergangenen Jahre Eleonora seine Lektionen gelehrt. Sie war längst nicht mehr das naive, großäugige junge Mädchen, das von der großen Opernkarriere träumte, wohlbehütet, gut abgefedert von den harten Stößen des wirklichen Alltags durch die Generosität der wohlgesinnten Gräfin Dorothea. Beim Gedanken an sie wurde ihr wie immer das Herz schwer. Ihr Tod hatte eine Lücke hinterlassen, die niemals wieder zu füllen war.
    Eleonora bemerkte das Herannahen des Spaziergängers zunächst überhaupt nicht. Sie nahm den jungen Mann erst wahr, als er neben ihr Platz nahm und das Buch, das er bei sich getragen hatte, zu Boden fiel. Sie schreckte hoch. Das Buch rutschte ein ganzes Stück über den Kies und lag nicht mehr in seiner Reichweite. Gleichmütig beobachtete Eleonora, wie der junge Mann sich bückte, um es aufzuheben. Sie sah, wie seine Hände mehrfach ins Leere griffen und tastend über den Kies fuhren. Sie konnte es einfach nicht länger ertragen, stand auf, lief die zwei Schritte bis zu dem auf der Erde liegenden Buch und hob es auf.
    »Verzeihen Sie, darf ich Ihnen behilflich sein, hier ist

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