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Flamme der Freiheit

Flamme der Freiheit

Titel: Flamme der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgid Hanke
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und Hannover den Nachschub aus Frankreich sichern. Aber ein auf der anderen Seite der Elbe mit seinen Truppen lagernder Generalfeldmarschallleutnant der russischen Armee durchkreuzte seine Pläne, indem er französische Kuriere abfing und so von dem Vorhaben Davouts erfuhr.
    »Heute Morgen haben wir erfahren, dass General von Wallmoden bei Nacht und Nebel mit dreizehntausendfünfhundert Soldaten die Elbe überschritten hat«, setzte Eleonora ihren Brief fort. »Stell Dir vor, es ist nur ein einziger Mann dabei zu Schaden gekommen. Pioniere haben eine Schiffsbrücke über den breiten Fluss gebaut. Sie hat Infanterie, Kavallerie und Artillerie mit ihren Tausenden von Pferden und schwerem Gerät standgehalten. Es kann nicht mehr lange dauern, bis sie hier eintreffen. In mir ist ein Ahnen. Es wird eine große Schlacht.
    Lebe recht wohl, mein Bruder! Ehrenvoll oder nie siehst Du mich wieder.
    Deine Eleonora, genannt August Renz, freiwilliger Jäger bei dem Lützowschen Freikorps.«
    Eleonora setzte einen besonders dicken Punkt unter ihren Abschiedsgruß. Sie las ihren Brief noch einmal durch. An wen sollte sie ihn adressieren?
    Einen Umschlag hatte sie auch nicht, geschweige denn ein Siegel. Der Kurier der Feldpost wurde erst in ein paar Tagen wieder erwartet. Kurz entschlossen faltete sie das Blatt zusammen und kritzelte hastig den Namen ihres Vaters auf das zusammengekniffene Papier. Im Augenblick wusste sie nicht, ob und wie sie diesen Brief jemals versenden würde. Sie steckte ihn in den Ausschnitt ihres weißen Hemds. Sekundenlang berührten ihre Finger das breite Band, mit dem sie ihre Brust hochgeschnürt hatte. Hastig zog sie ihre Hand wieder zurück.
    Plötzlich stand Arnold vor ihr. Direkt neben ihr ließ er sich ins Gras plumpsen. Ein lauter Ratsch reißenden Stoffs war zu hören.
    »Jetzt warten, warten und warten sie, aber dieser Pécheux lässt sich mit seinen Truppen einfach nicht blicken«, beklagte er sich.
    »Dann heißt es eben weiter warten«, entgegnete Eleonora gelassen.
    Arnold wälzte sich auf den Bauch und wollte sich auf die Ellbogen stützen. Ein neuer langer Ratsch. »Oh«, machte er erstaunt. Er drehte sich wieder um und richtete sich auf. Betroffen starrte er auf die Hosennaht zwischen seinen Beinen. Ein langer Riss zog sich von hinten bis nach vorne hoch zum Hosenlatz. »Ojemine, meine einzige Hose«, sagte er betroffen. »Was mache ich nun?«
    »Wie wäre es mit nähen?«, schlug Eleonora freundlich vor. Sie griff nach ihrer Uniformjacke, in der sie stets Nadel und Faden bereithielt, und begann in einer der vielen Taschen zu kramen. Sie kannte die Fadenscheinigkeit der Kleidung all ihrer Kameraden. Bis zu ihrem Abzug vom Breslauer Sammelplatz hatte sie wochenlang in einem zur Kleiderkammer umfunktionierten Zelt gehockt. So manchen Knopf hatte sie in den vergangenen Wochen angenäht, manchen Stoffflicken aufgesetzt oder andere Schäden mit flinker Hand behoben.
    »Hier!«, sagte sie und streckte Anton eine schwarze Garnrolle und eine Nadel entgegen.
    »Aber ich kann doch gar nicht nähen!«, wehrte dieser entsetzt ab.
    Eleonora lachte. »Hose runter!«, befahl sie.
    Mit offenem Mund starrte Arnold sie an.
    »Sonst kann ich sie dir nicht nähen. Oder soll ich dir mit der Nadel in deinen dicken Hintern stechen?« Eleonora hatte schon einen langen Faden von der Garnrolle abgewickelt, dessen Ende angeleckt und suchte damit das Nadelöhr. Mit ihren scharfen Augen fand sie es auf Anhieb.
    »Aber, aber, ich kann doch hier nicht …«, stammelte Arnold.
    »Du kannst sehr wohl, oder willst du dich lieber mit deiner gerissenen Hose zum Gespött der anderen machen«, versetzte sie. Sie griff nach ihrer hinter sich liegenden Uniformjacke und warf sie dem Jungen zu. »Da, häng sie dir um, bis ich deine Hose genäht habe. Dauert ja nicht lange.«
    Fast andächtig schaute Anton Eleonora bei ihrer Arbeit zu. »Wie gut du das kannst«, schmeichelte er ihr.
    »Gelernt ist gelernt.«
    »Was für schöne Hände du hast, so lange Finger, und so gepflegt wie eine Frau«, fuhr Arnold fort.
    »Hm«, machte Eleonora und begann etwas hastiger zu sticheln. Nach einer Viertelstunde war die Naht genäht. Dankbar schlüpfte Arnold wieder in seine Hose zurück.
    Seitlich auf den Ellbogen gestützt, beobachtete Eleonora ihn.
    »Sie sitzt wirklich ein bisschen sehr knapp«, sagte sie und grub dabei unauffällig ihre Finger in den sandigen Boden. So wurden ihre Hände richtig schmutzig, und die Trauerränder unter den

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