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Flamme der Freiheit

Flamme der Freiheit

Titel: Flamme der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgid Hanke
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Fingernägeln würde sie heute Abend nicht entfernen. Auch wenn es ihr schwerfiel.
    Der pummelige Arnold zog nochmals die Hose hoch und schnallte den Gürtel fest. »Ich habe keine andere mehr bekommen«, sagte er kläglich. »Nicht jeder hat ja so ein Glück wie du. Deine Uniform sitzt wie maßgeschneidert. Weit und breit bist du hier der feschste Soldat. Hast du nicht bemerkt, wie sich die Mädchen gestern in Dahlenburg auf dem Markt nach dir umgedreht haben?«
    »Nun ja, ich habe mir meine Uniform eben gut umschneidern können und angepasst. Gelernt ist gelernt«, wiederholte Eleonora und lachte ein bisschen gezwungen. Insgeheim beschloss sie, ihrer am Vortag gerade so sorgfältig ausgebürsteten Uniform ein zünftiges Schlammbad zu verpassen.
    »›So ein schöner Trommler‹«, hat die eine gesagt«, fuhr Arnold fort. »›In den könnte ich mich glatt verlieben.‹« Hast du eigentlich ein Liebchen, August? Musstest du zu Hause ein weinendes Mädchen zurücklassen?«
    »Hm.« Eleonora wurde rot. Verlegen räusperte sie sich. »Und du?«, lenkte sie rasch ab. »Von wem musstest du dich denn verabschieden?«
    »Ich bin heimlich abgehauen«, gestand Arnold. »Meine Mutter hätte mich doch niemals in den Krieg ziehen lassen.«
    »Wäre ich deine Mutter, hätte ich dir wahrscheinlich sogar den Hintern versohlt, wenn du mir mit so einer Idee gekommen wärst«, entfuhr es Eleonora unwillkürlich.
    Erstaunt sah Arnold sie an. »Aber du bist doch gar keine Frau«, sagte er verdutzt. »Woher willst du dann wissen, wie eine Frau denkt?«
    »Zu einem guten Soldaten gehört es eben, sich in die Rolle und Denkweise anderer Menschen zu versetzen, auch wenn es Angehörige des anderen Geschlechts sind«, entgegnete Eleonora hastig. »Was meinst du, wie oft unsere Generäle und die anderen Offiziere versuchen sich in die Lage unserer Gegner zu versetzen. So können sie am besten deren Absichten voraussehen und entsprechend planen und reagieren.«
    »Dann hat von Wallmoden aber heute nicht richtig vorhergesehen«, erwiderte Arnold vorwitzig. »Weit und breit waren heute keine Franzmänner zu entdecken.«
    »Warte es ab«, empfahl Eleonora. Sie erhob sich und schlüpfte in ihre Uniformjacke. Dann setzte sie sich in Richtung des improvisierten Exerzierplatzes in Bewegung.
    »Wohin gehst du?«, rief Arnold ihr hinterher und heftete sich ihr an die Fersen. »Warte doch, du hast deine Trommel vergessen.«
    Ertappt blieb Eleonora stehen.
    »Wirst du mit der auch ins Feld ziehen? Die Kosaken erzählen, dass fünf- bis sechstausend Franzosen im Anmarsch auf Dahlenburg sind.« Arnolds kindliches Pausbackgesicht glühte vor Aufregung.
    »Ins Feld ziehe ich natürlich mit Gewehr und Hirschfänger«, erwiderte Eleonora.
    »Ach, August, ich wünschte, es ginge jetzt endlich mal so richtig los«, sagte Arnold und versuchte sich dessen ausgreifendem Schritt anzupassen. »Ich kann es kaum erwarten, aber trotzdem …« Er unterbrach sich und blieb stehen.
    »Was und trotzdem?«, erkundigte sich Eleonora.
    »Ich habe Angst. Ganz fürchterliche Angst«, gestand er. »Du nicht?«
    Eleonora antwortete nicht. Natürlich hatte sie auch Angst, aber das konnte sie doch nicht gegenüber dem fünfzehnjährigen Arnold zugeben.

35
    E leonora schlief unruhig in dieser Nacht vom 15 . auf den 16 . September. Wie üblich hatte sie sich mit Arnold ein bisschen abseits der übrigen Kameraden niedergelegt. Leutnant Förster duldete dies. Er war jedem, der darob eine spöttische Bemerkung machte, grob über den Mund gefahren. Inzwischen verlor keiner der anderen Jäger noch eine Silbe über die Absonderung der beiden. Genauso wenig wie über die Tatsache, dass man August Renz niemals beim Waschen oder Verrichtung der Toilette sah, gar, dass er sich einmal rasierte. Dennoch machte dieser junge Bursche stets einen gepflegten Eindruck.
    »Wie aus dem Ei gepellt«, lobte Leutnant Förster ihn häufig. »Ihr anderen solltet euch ein Beispiel an unserem Schneider Renz nehmen.«
    August Renz schien so etwas nicht gerne zu hören. Er wollte nicht aus der Masse der anderen hervorstechen. Nur wenn Eleonora sich unauffällig verhielt, konnte August Renz auf Dauer seine Maske bewahren.
    Am Morgen des 16 . September spielte sich nach dem Wecken die übliche Routine ab. Pécheux hatte sich immer noch nicht gezeigt. Von Wallmoden vermutete inzwischen, dass er ihn ans andere Elbufer hatte locken wollen. Für den Oberkommandierenden der Nordarmee gab es daher nur ein Ziel: Auf

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