Flamme der Freiheit
Maestro verströmte so viel Überzeugung und Zuversicht bei seiner Prophezeiung, dass Eleonora gar nicht anders konnte, als ihm Glauben zu schenken.
Die Tage und Wochen gingen ins Land. Nach einer besinnlichen Adventszeit, einem harmonischen Weihnachtsfest mit einer riesigen Tanne in der Eingangshalle und einigen stillen Tagen zwischen den Jahren begnügte sich das Haus von Prewitzens zu Kirchhagen in diesem Jahr mit einer kleinen intimen Silvesterfeier en famille, da für die Monate Januar und Februar eine turbulente Saison bevorstand. Der ersehnte Termin des Debütantinnenballs rückte immer näher. Die beiden jungen Komtessen wurden von Tag zu Tag aufgeregter.
Mitte Januar hielt Babette Einkehr im Stadtpalais, um wieder das Zepter in der Küche zu übernehmen. Mit frisch gestärkten Schürzen und adretten Zofenhäubchen standen Emma und Paula am großen Küchentisch zu ihrem Empfang bereit. Beim Anblick der alten Köchin versanken sie mit einem spitzbübischen Grinsen in einen tiefen Knicks. Die strenge Schule von Madame Hortense stellte sich unter Beweis, denn Babette erkannte ihre beiden ehemaligen Schützlinge aus der Küche von Sophienhof erst auf den zweiten Blick. Sie schlug die Hand vor den Mund und sah die beiden hübschen jungen Zofen staunend an.
»Eure Eltern und Geschwister würden euch kaum wiedererkennen«, sagte sie und wanderte bewundernd um sie herum. »Was für eine Überraschung. Wie ich mich freue, euch wiederzusehen. Nein, Kinder, ist das eine Freude. Erst die Überraschung, dass mich Christian persönlich aus Cottbus mit der Berline abholte und tatsächlich schon dem Anton die Zügel für eine Weile übergab, und jetzt zwei so hübsche junge Kammerzofen.«
Babette kam aus dem Staunen kaum heraus, denn nun stürmten auch noch die Komtessen in die Küche. Sie konnten sich doch die Begrüßung der geschätzten alten Köchin nicht entgehen lassen.
Mitten in den temperamentvollen Empfang ertönte die Klingel, die mit einem langen Zug bis hoch in den Salon von Gräfin Dorothea verbunden war.
»Zeit für den Nachmittagstee«, sagte Babette geschäftig, entledigte sich ihres Hutes und des dicken Wintermantels und band sich hastig eine von Paula schon bereitgehaltene Schürze um.
Es dauerte nur Minuten, da ertönte das vertraute Geklapper vom Metall des Wasserkessels durch die Küche. Das Wasser zischte, als es in die Kanne gefüllt wurde, das Porzellan der fast durchsichtigen Teetassen klirrte sachte, als sie auf das Teetablett gestellt wurden.
»Wer von euch wird das Tablett nach oben tragen?«
»Wir haben doch jetzt einen Speiseaufzug. Er führt sowohl in den Speisesaal als auch in das Frühstückszimmer und den Salon der Gräfin«, erklärte die etwas vorwitzigere Paula.
»Ein Speiseaufzug, was ist das denn?«, fragte Babette verdutzt.
Da trat Jean, der sich bislang dezent, aber dennoch unübersehbar im Hintergrund gehalten hatte, an die Stirnwand der Küche, öffnete eine unauffällige Klappe und trat zurück. »Voilà, Madame Babette, hier ist der neue Speiseaufzug, der uns fortan die schweren Lasten in die oberen Stockwerke abnehmen wird«, sagte er und verneigte sich vor seiner alten Kollegin.
Misstrauisch trat Babette näher und unterzog den Aufzugsschacht einer kritischen Musterung.
Paula eilte mit dem Tablett herbei, stellte es in den Aufzug, Jean schloss die beiden Klappen und zog an einem seitlich befindlichen Seil. Mit viel Gequietsche, rumpelnd und klappernd setzte sich der Aufzug in Bewegung.
»Und oben muss dann nur noch die Tür geöffnet werden, und alles ist servierbereit«, erzählte er eifrig.
»Und wer öffnet die Klappe und serviert?«, erkundigte sich Babette.
»Wir sind schon unterwegs«, riefen Paula und Emma, knicksten noch einmal kichernd vor Babette und eilten davon.
»Wir kommen mit, wir kommen mit«, schlossen sich die beiden Komtessen an. An der Tür drehte sich Sophie noch einmal um.
»Schön, dass du wieder da bist, Babette«, sagte sie. »Du machst nämlich die beste Schokolade auf der ganzen Welt.«
»Habe schon verstanden.« Babette lachte. »Ich werde dir gleich ein Kännchen nach oben bringen lassen«, versprach sie.
»Nein, du musst es nur in den Aufzug stellen, ich nehme es oben schon in Empfang«, sagte Sophie und zog die Tür hinter sich ins Schloss.
Kopfschüttelnd schaute Babette ihr nach. »Hoffentlich hat Gräfin Elisabeth das alles nicht mitbekommen. So ein herzlicher Empfang seitens der Komtessen für eine olle Mamsell ist doch
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