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Flamme der Leidenschaft - Roman

Flamme der Leidenschaft - Roman

Titel: Flamme der Leidenschaft - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Joyce Eva Malsch
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diesem eigenartigen Mädchen,
er redete sich vergeblich ein, seine Faszination sei rein wissenschaftlicher Natur.
    »Ich brauche Sie nicht«, erwiderte sie unhöflich und berührte den Türgriff.
    Blitzschnell umfasste Charles ihre kleine, schmale Hand, und sie zuckte zusammen. Aber sie riss sich nicht los. Er öffnete den Wagenschlag und klappte das schmiedeeiserne Trittbrett nach unten, stieg aus und zog Miss King mit sich. Nun blieb ihr nichts anderes übrig, als ihm zu folgen oder Widerstand zu leisten. Resignierend kletterte sie hinter ihm aus der Kutsche, und er spürte, wie ihre dünnen Finger bebten.
    »Ich möchte Sie begleiten«, erklärte er schlicht, um einen etwaigen Streit zu beenden, bevor er anfing.
    Forschend schaute sie ihn an. Versuchte sie, seine Gedanken zu lesen? Dann zuckte sie mit den Schultern und entzog ihm ihre Hand. »Also gut. Was kann’s schon schaden?« Jetzt kam ihr Cockney-Akzent zum Vorschein. Den musste man ihr austreiben.
    Charles folgte ihr zu einem Eingang neben dem Laden. Inzwischen hatten sich mehrere Leute um die Kutsche versammelt, die wie ein großer, schwarzer Fremdkörper mitten auf der Straße stand. Einige schoben sich daran vorbei, andere blieben stehen, um den eleganten Gentleman und das Mädchen zu beobachten, als würden die beiden in einem Kasperletheater auftreten.
    »Ah, Maggie hat sich einen feinen Pinkel angelacht!«, hörte Charles eine Frau rufen.
    »Klar, der ist was Besseres«, meinte ein Mann.

    Während immer mehr Zuschauer herbeieilten, erklangen solche und ähnliche Kommentare. In den Fenstern an beiden Straßenseiten erschienen gaffende Gesichter. Charles fühlte sich einer Welt ausgeliefert, in die er nicht gehörte. Für ihn war das eine völlig neue Erfahrung, die ihm missfiel.
    »Vielleicht sollte Ihr Kutscher weiterfahren, Sir«, schlug die junge Frau - Maggie - leise vor. Dann wandte sie sich zu der sensationslüsternen Schar und verlangte in breitem Dialekt: »Lasst uns bloß in Ruhe, ja? Mit diesem Gent habe ich rein geschäftlich zu tun.«
    Zu Charles’ Verblüffung schlurften die Leute gehorsam davon, ein paar murmelten sogar Entschuldigungen.
    Wer war diese Frau?
    Solche Fragen mussten warten, denn sie sperrte die Tür auf, öffnete sie, und der kleine Silberschlüssel verschwand wieder in der Tasche ihres Rocks. In knappen Worten befahl Charles seinem Bediensteten umherzufahren, bis er wieder herauskäme. Dann betrat er hinter Maggie einen winzigen Hausflur, nicht breiter als die Treppe, die sich in düsteren Schatten verlor. An einer Seite führte eine Tür in den Altkleiderladen. Ein Oberlicht erhellte die Stufen nur schwach.
    Knirschend drehte sich der Schüssel im Schloss, als Maggie die Tür wieder versperrte. Dann ging sie schweigend an Charles vorbei. Im schmalen Korridor streifte ihr Rock seine Beine, und der Geruch einer billigen Seife, den ihr Haar verströmte, wehte in seine Nase. Plötzlich verspürte er den Impuls, ihren Arm zu ergreifen und sie an sich zu
ziehen. Dieses Bedürfnis erhitzte sein Blut. Wie würde sie reagieren? Und warum empfand er einen so absurden Wunsch? In ihrem Wesen erinnerte ihn nichts an die weltgewandten Damen, die ihn zu reizen pflegten, und noch weniger an die unschuldigen Debütantinnen, die immer wieder in kaum verhohlener Berechnung seinen Weg kreuzten.
    Verwirrt folgte er ihr die abgetretenen Stufen hinauf. Im ersten Stockwerk hingen dünne Spitzenvorhänge vor Fenstern an beiden Enden des Flurs. Maggie führte ihn über einen fadenscheinigen Teppich, auf dem jeder Schritt Staub aufwirbelte, zu einer weiteren Treppenflucht. In dieser Etage waren die Wände in ausnehmend hässlichem Grün tapeziert. Links und rechts von der einzigen Tür hingen gerahmte Drucke, die Nymphen oder Musen zeigten - in jenem Stil, den Schreibwarenhändler auf der Straße feilboten. Zu Charles’ Verblüffung stand sogar ein zerkratzter Garderobentisch aus imitiertem Mahagoni unter der Treppe, mit einer staubigen Kristallschüssel für Visitenkarten. Unter einer Stufe klemmte ein Spiegel, so platziert, dass er nicht einmal einen Zwerg reflektieren würde.
    »Wer wohnt hier?«, fragte er verwundert, als Maggie die zweite Treppenflucht hinaufzusteigen begann.
    »Die alte Witwe Merrick«, erwiderte sie, ohne zurückzublicken. »Für die arbeitet unsere Moll. Mrs Merrick hält sich für eine Lady, die vom Pech verfolgt wurde, weil es ihr nicht gelungen ist, eine gute Partie zu machen und in höhere Gesellschaftskreise zu

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