Flamme der Leidenschaft - Roman
Türklinke etwas fester. Pro Woche ein Pfund - damit konnte sie ihre Miete bezahlen und sogar eine kleine Summe sparen. Wenn sie doppelt so viel verlangte, wäre sie noch besser dran. Würde er zustimmen? »Zwei Pfund pro Woche. Kein Penny weniger.« Beinahe zitterte ihre Stimme.
Seine Miene verdüsterte sich, und sie glaubte, er würde das Ansinnen ablehnen. Aber dann nickte er. »Normalerweise verhandle ich nicht mit Leuten, die ich in meine Dienste nehme. Aber um des lieben Friedens willen bin ich zu einem Kompromiss bereit. Zwei Pfund pro Woche, wenn Sie mich sofort begleiten.«
»Zuerst muss ich in meine Wohnung gehen, Mylord«, protestierte Maggie, »und meinen Freunden Bescheid geben.«
»Draußen wartet meine Kutsche, ich fahre Sie hin.« Als er in dem schmalen Korridor an ihr vorbeiging, stieg ihr der Geruch von Eau de Cologne und teurem Zigarrenrauch in die Nase. Sofort beschleunigte sich ihr Puls. Solche edlen Düfte erinnerten sie an einstige Gefahren - ihre flinke Hand, die in unbewachte Taschen griff. Adrenalin und Angst bildeten eine vertraute, schwindelerregende Mischung.
Plötzlich juckte es in ihren Fingern, die sie hastig ineinanderschlang. Diesen Kitzel brauche ich nicht mehr, sagte sie sich. In ihrer Fantasie tauchten Bilder von Newgate auf, von Johnnys Leiche, die über das Brückengeländer fiel. Damit habe ich nichts mehr zu tun.
»Nach Ihnen.« Seine Lordschaft hielt ihr die Bühnentür auf, ohne ihre Nervosität zu bemerken.
Mit gestrafften Schultern trat sie ins Freie - in ein neues Kapitel ihres Lebens, was immer es bringen mochte.
Eine Zukunft, entschied sie, während ihre Stiefel auf den schmutzigen Pflastersteinen knirschten. Sicherheit. Und das Einzige, was zählte: Geld. So viel Geld, wie ich noch nie im Leben besaß.
3
C harles beobachtete die junge Frau, die ihm in der Kutsche gegenübersaß. Ihren Schal hatte sie auf der Bühne liegen lassen, und sie trug keinen Hut. Aber der Schatten im Wagen verbarg sie. Deshalb entstand der Eindruck, sie wäre völlig vermummt, und er sah nur ein schemenhaftes helles Gesicht, von dunklen Augen beherrscht, die unverhohlenen Argwohn ausdrückten. Ihre spürbare innere Anspannung erinnerte ihn nicht an einen verängstigten Hasen, eher an ein flinkes, kleines Raubtier, vielleicht ein Wildkätzchen oder einen geschmeidigen Nerz.
Beging er einen Fehler? Konnte Miss King ihr rastloses, ungezügeltes Temperament ablegen und eine Lady mimen? Als sie auf der Bühne gestanden hatte, war sie scheinbar zu allem fähig gewesen. Aber jetzt fragte er sich, ob es ihr gelingen würde, ihre Nervosität wenigstens für zwei Minuten zu bezähmen, geschweige denn jene vornehme Klasse zu bekunden, die jungen Damen wie seiner Schwester angeboren war. Warum fand er das Mädchen trotz dieser eklatanten Mängel so interessant? Normalerweise genoss er die Gesellschaft kultivierter Frauen und gab sich nicht mit ungebildeten Gassenmädchen ab.
Unverwandt starrte sie ihn an. Das irritierte ihn, und so wandte er sich zum Fenster, um die heruntergekommenen Häuser zu betrachten, an denen sie vorbeifuhren. Allmählich rückte die Teestunde näher. Über dem verschmutzten Stadtteil sank die Sonne herab. Bald würden die Laternenanzünder ans Werk gehen, Putzfrauen und Arbeiter heimkehren. Straßenhändler würden sie bedrängen und ihnen alles Mögliche verkaufen wollen, von einem warmen Abendessen bis zu kleinen Kohlensäcken. Hier waren die Gassen kaum breit genug, um der herrschaftlichen Kutsche Platz zu bieten. Mehrmals gerieten die Räder in Rinnsteine mit überquellenden Abwässern. Charles roch den unangenehmen Gestank, trotz der fest geschlossenen Fenster.
Schließlich hielt der Wagen vor einem Laden, der genauso schäbig aussah wie die benachbarten Geschäfte. Auf einem schmutzigen Pappschild in der Auslage stand »Merrick, Altkleider«, es war die Adresse, die Miss King genannt hatte. Charles wandte sich zu ihr. Aber sie starrte ihn immer noch wortlos an.
»Ich komme mit Ihnen«, entschied er, weil er ihr misstraute. Womöglich würde sie in einem Laden oder im Gewirr der Hintergärten verschwinden, bevor die Partnerschaft richtig begonnen hatte. Aus unerklärlichen Gründen fand er es wichtig, dass sie den Auftrag erfüllte. Nur sie, keine andere.
Obwohl er sie kaum kannte, glaubte er, besondere Qualitäten in ihr zu entdecken - etwas, das ihm besonders kostbar erschien, weil er es für eine Rarität hielt. Mit jeder Sekunde wuchs sein Interesse an
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