Flamme der Leidenschaft - Roman
gemeinsamen Haushalt vorstand. »Damit hast du eigenmächtig alle ihre Chancen auf eine erfolgreiche Saison verdorben.«
»Ach, das meinst du …« Millie entspannte sich und fuhr mit einer anmutigen Hand durch die Luft. »Bedenk doch bitte - Miss Barrett, oder wie immer ihr richtiger Name lauten mag, wuchs unter fragwürdigen Umständen auf, es mangelt ihr an nennenswerten gesellschaftlichen Kontakten. Also passt sie nicht in unsere Kreise. Wenn Colonel Vane auch behauptet, sie sei seine mittellose Verwandte, sind wir doch alle über ihre illegitime Herkunft informiert. Ich tat nichts weiter, als darauf hinzuweisen. Nun müssen wir ihr nicht mehr unter Vorspiegelung falscher Tatsachen begegnen. Du solltest mir dankbar sein. Zweifellos war es unklug, diese Person auf dem fashionabelsten Londoner Ball zu präsentieren. Dadurch wurden wir alle entwürdigt.«
»Miss Barrett geht dich nichts an«, erwiderte Charles sanft, obwohl es ihm schwerfiel, seinen Zorn zu zügeln.
Irritiert kräuselte sie die Lippen. »So ein langweiliges, nervöses kleines Ding. Bisher lebte sie auf dem Land. Und dort gehört sie auch hin. Warum interessiert sie dich? Beinahe gewinne ich den Eindruck, sie wäre dein Fauxpas, lieber Bruder. Aber dafür bist du wohl zu jung.« Amüsiert lächelte sie über ihren eigenen Witz.
Sein Fauxpas! Charles unterdrückte einen Fluch. Wie nahe sie der Wahrheit gekommen war, ahnte sie nicht, er fühlte sich fast versucht, sie einzuweihen.
Nein, besser nicht … Das würde sie erzürnen, und so gern er sie auch ärgerte, wollte er doch kein Risiko eingehen. »Du wirst deinen Fehler korrigieren«, entschied er.
Zwischen ihren Brauen erschien eine steile Falte. »Oder?« Als sie den Kopf schüttelte, wippten ihre braunen Locken.
Wollte sie einen Streit vom Zaun brechen? Charles holte tief Luft. Nach ihrer letzten Dummheit hatte er ihr sogar die Nahrung verweigert, bis sie bereit war, ihr Taschengeld aus dem Nachlass ihrer Großmutter zu nutzen und die Folgen ihres Leichtsinns aus der Welt zu schaffen. Vier Tage lang hatte sie durchgehalten, ehe sie zusammengebrochen war. Dann hatte der Doktor ihr klargemacht, sie würde ihre Gesundheit ernsthaft gefährden, wenn sie sich den Wünschen ihres Bruders weiterhin widersetzte. Nach zusätzlichen, weniger extremen Entbehrungen hatte Millie endlich klein beigegeben.
Solche unerfreulichen Kämpfe wollte Charles nicht wiederholen. »Soll ich mir etwas ausdenken?«, fragte er.
»Lieber nicht.« Ihr Lächeln wirkte etwas gekünstelt.
»Warum stellst du dich immer wieder gegen mich? Das verstehe ich nicht. Solche Konflikte sind mir wirklich unangenehm.«
»Versuch mich nicht zu manipulieren, Millie«, mahnte er ungeduldig, weil er ihre Taktik erkannte. »So tolerant wie unser lieber verstorbener Papa bin ich nicht.«
»Daran musst du mich nicht erinnern«, fauchte sie. Nach einer kurzen Pause änderte sie ihre Strategie erneut. »Warum soll ich mich für Miss Barrett einsetzen? So ein Mädchen wird niemals zu unsereins gehören. Das weißt du.«
Charles runzelte die Stirn. »Offenbar bist du dir völlig sicher.«
»Ja, natürlich, teurer Bruder.« Seufzend verdrehte sie die Augen. »Eine solche Person passt nun einmal nicht zu uns, weil sie …« Sekundenlang suchte sie nach Worten. »Weil sie aus anderem Holz geschnitzt ist, aus schlechterem Holz.«
»Aus minderwertigem, vulgärem Holz?«, ergänzte er. Trotz seines Unmuts amüsierte ihn der Gedanke, wie viel seine Schwester und Lily Barrett gemeinsam hatten.
»Genau. Glaubst du das etwa nicht?«
»Tut mir leid, ich kann deine Meinung nicht teilen.«
Nachdenklich verengte sie ihre grünen Augen, und er fragte sich, ob sie auch nur ahnte, wie leicht sie zu durchschauen war, wenn sie raffinierte Winkelzüge plante. Eine Wette. Darauf würde es hinauslaufen. So wie immer.
»Lieber Charles, ich will nicht mir dir streiten«, sagte sie schließlich. »Ich hasse es, wenn wir miteinander auf Kriegsfuß stehen. Am besten lösen wir das Problem sofort. Du behauptest, jemand wie Lily Barrett könnte unserer Gesellschaftsschicht
angehören. Und ich finde, das kann sie nicht. Deshalb wäre es ein Akt der Barmherzigkeit, das arme Ding konsequent zu schneiden. Wenn du mir beweist, dass ich Unrecht habe, werde ich mich höflich bei deiner Miss Barrett entschuldigen und Mama bitten, sie bei einem formellen Debüt zu betreuen - am Hof, auf einem Ball oder sonst wo.« In der Gewissheit, sie hätte ihm einen
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