Flamme von Jamaika
Herrenhaus und der prachtvollen Gartenanlage als den ärmlichen Hütten der Sklaven, die ihre letzte Habe verloren, wenn alles ein Opfer der Flammen wurde.
Das riesige Haus mit den grauen Rauchschwaden bot ein schauriges Bild, und Lena erinnerte sich, wie hoffnungsvoll sie einst nach Redfield Hall gekommen war. Sie war so naiv gewesen. In Gedanken war sie plötzlich bei ihrem Vater und wurde von heftigem Heimweh erfasst. Dies warf in ihr die drängende Frage auf, wie es nun weitergehen sollte.
«Wir haben keine Zeit zu verlieren», bemerkte Jess. «Lass uns so rasch wie möglich von hier verschwinden, bevor Edward bemerkt, dass du nicht mehr da bist.»
«Und wo willst du mit mir hin?», rief sie ihm zu, während er sein Muli antrieb. Sie sperrte sich heftig gegen den Gedanken, Jess zu verlassen.
«Nach Port Maria», gab er zurück. «Zum Hafen.»
«Ich will zu keinem Hafen!», erklärte sie trotzig. «Ich dachte, wir reiten ins Lager?»
«Sag nicht, du hast Sehnsucht nach meiner Mutter? Oder nach meinem Anführer», spöttelte er. «Nein, im Ernst, das wäre unter den momentanen Umständen eine verdammt schlechte Idee», erwiderte er und schüttelte entschlossen den Kopf. «Um deine Sicherheit zu garantieren, musst du weiter fort. Viel weiter.»
«Und wie soll das vonstattengehen?», fragte sie und schaute ihn unsicher an.
«Wir werden ein Schiff für dich suchen, das nach Hamburg oder London fährt.» Sein Blick war undurchsichtig. «Um diese Jahreszeit werden wir keine Probleme haben, eine Passage zu buchen.»
«Daraus wird nichts werden», erwiderte sie bockig. «Erstens habe ich kein Geld, und zweitens werde ich nicht ohne dich gehen!»
Er grinste verhalten und zog das Ledersäckchen mit ihrem Schmuck aus der Innentasche seiner Jacke.
«Erstens hast du Geld, und zwar mehr, als du für eine Passage nach Europa benötigst. Und zweitens werde ich dich begleiten.»
Lena war ehrlich verblüfft. Gleichzeitig wurde ihr klar, dass er den wertvollen Schmuck monatelang für sie gehütet hatte. Obwohl er das Geld, das der Verkauf gebracht hätte, sicher gut für seine Zwecke gebrauchen konnte. Ein Zeichen, dass er ihr immer ergeben gewesen war, ganz gleich, was inzwischen geschehen war. Misstrauisch erforschte sie seine Mimik.
«Aber du hast immer gesagt, dass du nicht fortgehen kannst», sagte sie. «Wegen deiner Mutter und der anderen. Ich konnte mich selbst davon überzeugen, dass du hier gebraucht wirst. Das war einer der Gründe, warum ich bei dir bleiben möchte. Der andere ist, dass ich helfen will, die Dinge auf dieser Insel zum Besseren zu wenden!»
«Ich hab viel nachgedacht, seit ich dich in Stony Hill den Soldaten überlassen habe. So etwas möchte ich nie wieder tun müssen.»
«Dann lass mich bei dir bleiben, hier und für alle Zeiten.»
«Das wäre Wahnsinn, Lena. Dieses Eiland ist zu klein, als dass wir dich irgendwo verstecken könnten. Dein Mann wird nach dir suchen lassen, sobald er bemerkt, dass du fort bist, und meine Leute würden dich diesmal ganz sicher nicht verschonen. Wenn es zum Äußersten kommt und eine blutige Revolution ausbricht, bist und bleibst du in ihren Augen der Feind.»
«Aber –»
«Nichts aber!», sagte er fest. «Ich habe beschlossen, mit dir zu reisen.» Er klopfte sich auf die Tasche seiner Jacke, in der er nun auch wieder den Schmuck verschwinden ließ. «Und wenn du einen Beweis willst: Ich habe sogar die dafür notwendigen Papiere bei mir. Die Urkunde zu meiner Freilassung. Auch wenn die Schrift ein wenig gelitten hat, man kann es noch deutlich lesen. Unterschrift und Siegel sind noch vorhanden.»
«Und deine Mutter?» Sie sah ihn fassungslos an.
«Meine Mutter kann sehr gut auf sich selbst aufpassen.»
«Aber es wird ihr das Herz brechen!»
«Sie hat genug Unheil angerichtet. Sie war es, die Desdemona dazu angestachelt hat, dir das Gift zu verabreichen. Und ich Narr hätte wissen müssen, dass ich ihr in Bezug auf dich nicht trauen kann.» Er senkte den Kopf und trieb sein Maultier zu einer schnelleren Gangart an. «Ich habe mit ihr gebrochen», erklärte er dumpf. «Endgültig.»
«Ich weiß nicht …», wandte Lena ein. «Du kannst sie nicht einfach so zurücklassen. Es wird dir unendlich leidtun, sie nie wiederzusehen. Und hast du nicht gesagt, dass euer Oberhaupt sich an ihr rächen könnte?»
«Erstens lasse ich sie nicht einfach so zurück. Es hat einen wichtigen Grund, nämlich dich. Und zweitens habe ich alles erledigt, was Cato mir
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